CLI. Der listig betrogne Cavallier.

[330] Zu Amsterdam hätte sich etliche Tage lang ein Teutscher Cavallier aufgehalten / und alles beschauet /was für die Frembden zu besehen ist / und wie er also durch die Stadt hin und hergangen war / ist er dadurch etlichen Spitzbuben ziemlich bekant worden / die ihn mit aller erdencklichen List verfolgeten. Wie nun dieser Cavallier nach seinem Sinne Amsterdam gnug besehen hatte / entschloß er sich / von dannen über Harlem weiter nach Leyden / dem Haag / und andere Städten in Holland zu gehen / und selbige ebenmäßig zu besehen. Solcher gestalt komt dieser Herr mit seinem Knecht langs den Harlemmer Dyck nach der Harlemer Schuyte zu gehen / in Meynung zu verreisen /indem kommen ihm einige von diesen Spitzbuben entgegegen / heissen ihn mit grossen Complimenten willkommen seyn / und sagen / daß sie sich erfreueten / den Herrn hier zu sehen. Worauf der Teutsche sagte / Freunde / ich kenne euch nicht. Wie mein Herr / hat er uns so vergessen / ich kenne meinen Herrn wol /meines Behalts habe ich meinen Herrn zu Hamburg gesehen. Das kan wol seyn / meine Herren / sagte der Teutsche / daß ihr mich allda gesehen habt / ich kan mich aber daher nicht besinnen / daß ich euch kenne. Sie hingegen sagten / mein Herr wir haben Ew. Gestr. in so einer Herberge gesehen / da wir[330] nebenst meinem Herrn logiret waren. Das war aber nur eine blosse Muthmassung; Die sie einem Frembden so vorbringen / geschicht es denn / daß sie es errathen / so haben sie festern Fuß / ihre Anschläge desto besser zu vollführen. Diese Spitzbuben redeten auch gut Hochteutsch /welches diesen Herrn umb so viel mehr betrog / der nicht anders gedachte / als wenn es sich also verhielte / und könte seyn / daß ers vergessen hette. Wie diese Spitzbuben nun also auff der Strassen mit dem Teutschen im Gespräch waren / ersuchte ihn einer von ihnen / ob er nicht einen Valet-Trunck mit ihnen zu thun beliebete / weil mein Herr / sagte er / reisefertig ist / so wollen wir meinen Herrn nicht auffhalten /sondern wegen unser Kundschafft / wiewohl es meinem Herrn vergessen / noch ein Glaß Wein mit einander trinckē. Also ward dieser Herr von ihnen überredet / und giengen mit ihnen in die nechste Herberge /die sie da funden / giengen daselbst mit grossen Complimenten hinein / und ersuchten den Wirth umb eine Kammer / forderten zugleich ein Nössel von dem besten Wein / und brachten es meinem Herrn auf eine glückliche Reise zu; Dieses gieng also ein mahl oder drey hin und her / indem begunte der eine zu erzehlen / wie es ihm gestern so wunderlich gangen were / bey einem Herrn / der ihm 10 Ducaten abgewonnen / das verdrösse ihn aber nicht / daß er die 10 Ducaten verspielet hette; Sondern wünschte noch wol 10 Ducaten zu verspielen / wenn er das Spiel nur recht lernen möchte: Sein Mitbruder fragte / ihn / wie hieß denn das Spiel? er sprach das weiß ich nicht / wenn ich aber eine Karte hette / so solte ich es euch bald weisen können; Der Teutsche sagte hierauff; Ey / last den Wirth eine Karte herlangen / (dieses war eben das /was sie suchten;) wie die Karte kommen war / ward[331] sie vermenget / da wolte er nun weisen / wie er seine 10 Ducaten verlohren hette / er gewan ein Spiel zwey oder drey bald verspielte er / das gieng also vor der Hand fort. Endlich gerieth der Teutsche durch diese Possen mit an das Spiel / und gewan bald ein Spiel /bald verlohr er wieder / sie hatten anfangs umb ein Schilling gespielet / darnach umb einen Reichsthaler /endlich kams auf einen Ducaten er holte Hände vol Gold aus seinem Beutel / und sprach / ich habe gestern 10 Ducaten verlohren / ich muß das Spiel lernen / und solte es noch 25 Ducaten kosten. Der andere sagte zu den Teutschen / mein Herr / das ist ein Großsprecher / es könte leichtlich kommen / daß er alle sein Geld quit würde / er wil es mit Gewalt lernen /das gehet allezeit nicht an. Das ist war / sagte der Teutscher / wir wollen dem Kerl bald von seinem Gelde helffen / last uns nur ein Spiel 3 oder 4 spielen / (es gieng aber über seinen eigenen Kopf aus;) Die Karte wird gemenget und herumb gegeben; da stehen denn 25 Ducaten / sprach er / ich wil es lernen und solte es mich alle mein Geld kosten. Da stehen so viel darbey / sagte der ander / dieses war also zu Anfang /und stunden 75 Ducaten auf dem Spiel. Dieses Spiel gewonnen die andern. Da spielt der Teuffel mit /sprach er ich wil es dennoch lernen / und solte es mich noch ein einmahl so viel kosten. Sie vermengeten die Karte / da gewann er / das nachfolgende Spiel gewann der Teutsche / dieses gieng herumb einer ward hitziger auff das Spiel als der ander / und satzten allemahl 75 Ducaten auff. Aber ehe eine Stunde zu Ende kam / hatte der Teutsche 200 Ducaten verlohren / stund sehr sanfftmühtig / und sahe daß er alle sein Geld verlohren hatte / damit er seine Reise zu thun gesonnen gewesen / muste also ohne Abreise wieder in sein Logiment gehen / und[332] allda so lange verziehen / biß er einen Wechsel aus seinem Vaterland bekam / und alsdann seine Reise / die Holländischen Städte zu besehen vollführen könte. Immittelst hatte er gesehen / wie in Holland aus seinem Beutel 200 Ducaten in einer Stunde herauß marchiret waren. Die zween Spitzbuben bezahleten dem Teutschen zu Gefallen das Gelach / machten sich geschwind mit einem Compliment von dannen / und liessen den Teutschen mit Angst und Kümmernüß hinspatziren.

Quelle:
Schau-Platz der Betrieger: Entworffen in vielen List- und Lustigen Welt-Händeln [...]. Hamburg, Frankfurt am Main, 1687, S. 330-333.
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