CCLV. Die unzeitige Reue.

[560] Ein fürnehmer von Adel hatte an seinen Hoff ein schönes politisches Kammer-Mädgen / in welches er sich hefftig verliebet hatte / hielte demnach zum öfftern bey ihr an / daß sie doch einstens seinen Willen thun möchte. Das Mägdgen war verschlagen / nimbt ihre Ehr in acht / und eröffnet solches im Vertrauen des Junckern Frau. Die Frau giebt ihr den Anschlag und saget: Sie solte es dem Junckern nur versprechen / und sich einen Orth oder Bett benahmen lassen / wo er wolte zu ihr kommen / und wann die Zeit und der Orth bestimmet / wolte sie alsdenn sich an ihre Stelle legen / um also ihre / des Kammer-Mädgens und des Junckern Ehre zu erhalten Dieses geschicht / der Juncker befiehlt dem Knecht / er soll ein Bett in der Obern-Kammer decken / und da wolten sie Abends zusammen kommen. Die Frau legte sich ins Bette /und erwartet ihres Junckern / indem aber der Juncker soll hingehen / bedenckt er sich anders / und gereuet ihm sein Vorsatz / befiehlet demnach dem Knecht er soll an seine statt sich in das gemachte Bette zu dem Kammer-Mädgen legen. Der Knecht / welchem damit angeholffen / verrichtet seines Junckern Befehl zum besten / gehet hin / und legt sich unwissend zu des Junckern Frau / und treibet seine Wollust mit ihr. Die Frau meynet anders nicht / als es sey ihr Juncker / und läst alles geschehen / wie es dem Knecht beliebet. Nach verrichteter That / eylet die Frau wieder nach ihren Zimmer / und ist Froh / daß der Handel so wohl abgelauffen / leget sich auch des Nachts zu ihrem Junckern.[561] Als nun der Juncker des Morgens mit ihr gleichfals Liebe mit ihr gepflogen / fragte ihn die Frau: Welche ihn besser vergnügen könte / sie oder das Kammer-Mädgen. Der Juncker leugnet / und saget / er habe das Kammer-Mädgen niemahls berühret. Sie aber hält ihm vor / wie er an dem und dem Orth ein Bette habe zurichten lassen / und das Kammer-Mädgen bestellet. Endlich als der Juncker sahe /daß er überzeuget / gestehet er / daß er doch solches in Willens gehabt zu thun / es hätte ihn aber die Taht gereuet / hette den Stall-Knecht an seine Stelle hingeschickt. Hierüber erschrickt die Frau / schreyet überlaut / Ach / GOtt! was hab ich gethan? ich habe den Knecht zugelassen / und nicht anders vermeynt / ihr schlieffet bey mir / habe also Eure und des Kammer-Mädgens Ehre erhalten wollen / und meine eigene Ehre darüber verschertzet. Hierauff sprach ihr der Juncker tröstlich zu / und sagte: Sie solte sich zu frieden geben / weil sie ihm jedesmahl were getreu gewesen / wolte er ihr versprechen / dieses nimmermehr zu gedencken / viel weniger sie es entgelten lassen / sondern sie / wie vor und nach als sein Ehe Weib lieben und ehren.

Quelle:
Schau-Platz der Betrieger: Entworffen in vielen List- und Lustigen Welt-Händeln [...]. Hamburg, Frankfurt am Main, 1687, S. 560-562.
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