Wie Fortunatus im stechen vnd turnier bey seines herren hochtzeit in Flandern das bösst thet vnd bayde clainat gewan.

[9] Als nun die fürsten vnnd herren gestochen hetten, ward zu rat der hertzog von Cleffe vnd der graff, sein tochterman, sy woltten der herren diener, so auf der hochtzeit waren, zway klainat außgeben, darumb solten sy stechen vnd solten sich in vier zertayllen, soltten die zwen tayl auff den ainen tag stechen vnnd die andern zwen tayl des andren tags, vnd wer ye das best thät, der solt der klainat ains haben genommen, der aines bey hundert Cronen werdt was. Der herren diener waren all fro, hett yeder ain gůte hoffnung er wölt das best thůn vnnd was der diener so vil, die stechen woldten, das ir wol achtzig ward, das ye zwaintzig wider ainander stachend. vnder denen was Fortunatus och ainer mit seines herren wissen vnd willen, vnd als sy den ersten tag stachen, do gewan den preyß des hertzogen von Braband diener ainer. vnd als sy des andern tags stachen, aber zwaintzig wider zwaintzig, do gwan Fortunatus den preiß. do die das horten, alle die gestochen hetten, och die andren, so nit gestochen hetten, der vil mer was dann die gestochen hetten, do hetten sy all gemainklich ain groß misfallen darab, das Fortunatus das ain klainat gewunnen het vnd batten all Thimotheum, des hertzogen von Braband diener, der dann das ain klainat gewunnen het, das er sich dem Walchen, dem Fortunato, außbut mitt ym zu stechen vnd sein klainat an dass sein satzte. das wolten sy all vnd yeder in sunderhait vmb jn verdienen. Thimotheus kund das beet, so an jn gelegt ward, von so vil gůter gesellen wegen nit wol abschlagen vnd enbot Fortunato, wie er sein klainat an[9] das sein setzen wolt vnd wolt mit ym darumb stechen vor den frawen vnd iungfrawen vnd wölcher das best thät, der solt die klainat baide haben. do Fortunatus dass vernam, bedacht er sich nit lang, wie wol er vor nit mer gestochen het, vnd saget ym das zu. Dise mär kamen für die herren, wie das Tymotheus vnd Fortunatus mit ainander stechen wolten vmb ire klainat. daz horten sy gern. Vnd also rüsteten sy sich gleich vnd kamen auff den plan vnd ritten manlich vf ainander vnd hett yeder gern das best geton, doch am vierden ryt rant Fortunatus den Tymotheum hinder seinen gaul ainer lantzen lang vnd gewan da die zway klainat die .cc. Cronen wol werdt waren. Do hůb sich erst groß neid vnd haß vnnd allermaist vnder des graffen vonn Flandern diener. Aber der graff sach es vast geren, das seiner diener ainer die klainat gewunnen het vnd het gemaint, alles sein hoffgesynn solt es geren gesehen haben vnd ynen lieber gewesen sein, dann das ain fremder die klainat weg gefüret hett. Der graff weßt aber nit vmb den vnwillen, so seine diener gegen Fortunato hetten, so torst es auch kainer dem graffen sagenn.

Nun was ain alter, listiger vnder yn, hieß Růpert, der sprach, het er zehen par Cronen, so wolt er sich vnderstan, vnd den Walchen dartzu bringen, dass er selbs eyllentz wurd hynweg reütten on vrlaub seines herren vnd maniglichs, vnd wolt das also zu wegen bringen, das vnder yn kainer dardurch solt verarckwont werden. sy sprachen all zů ym: O lieber Růpert, kanstu das, wes feyrest du dann? er sprach: ich kan es nit zů wegen bringen on gelt vnd sprach: nun geb yeder ain halbe Cronen vnd bring ich jn nit ab dem hoff, so will ich yedem ain gantze Cron dar für wider gebenn. Sy waren all willig vnnd wölicher sy nit par hett, dem lyhen die anderen, Also das sy fünfftzehen Cronen zu wegen brachtenn vnnd gaben die dem Růpert, der sprach: nun rede mir niemant in kain sach vnd thů yederman wie vor in allen sachenn. das selb verhyessen sy ym all zuthůn. Also fieng Růpert an vnd gesellet sich zu Fortunato vnd ward gar früntlich mit ym reden vnd ym von alten geschichten sagen, so dann in den landen waren geschehen, vnd wie ain herr dem anderen[10] sein land abgewunnen het. was auff die mainung, er het ainen gnädigen herren, bey dem er sein lebtag möcht beleiben, so wäre jm auch nott von aldten sachen tzuwissenn. Er saget ym auch vil von seiner haimlichait vnd fieng an vnd fůrt jn zu schönen frawen, die er auch gar gern sach vnd wa sy also hyn kamen, so sandt Růpert alwegen auß nach wein vnd nach anderm gůttem geschleck, Als dann Růpert wol wißt, was tzu solichen hoffstuben gehort. vnnd war yn ser loben, wie er fast reich vnd edel wär, das nun Fortunatus wol leiden mocht vnnd wolten all wol an ym sein. Nun, wenn sy von den hoffstuben haym kamen, so gieng Fortunatus über seinen seckel vnd wolt seinen tail des außgebnen gelts betzallen, So wolt Růpert kain gelt von ym nemen vnnd sprach, er wäre ym lieber dann kainer seiner brüder vnd was er hett, das günnet er ym, vnnd sollicher gůter wort gab er jm vil. Růpert wißt auch wol, daz die Walchen nit geren gelt autzgebend vnd maint, er künde nit wol ainen bessern schick anfahen, darbey man grösser trew spürte dann für den andern gelt ausgeben. Nun tryben sy das gar vil vnd offt, biß Růpert schyer kain gelt meer hett.

Nun die anderen des graffen diener wurden jnnen, das Růpert vnd Fortunatus tzu den hoff stuben giengen vnd allso wol lebten, do sagt ainer zu dem anderen: mainet Růpert Fortunatum mitt dem leben vonn hynnen zu bringen? ja wär er yenhalb dem mör zu Cipern vnnd wißte sollich leben hye, er gedächte ym bald, wie er her käm. Fürwar thůt Růpert nicht, was er vns verhaissen hatt, er můß vns dreyssig Cronen geben vnd soldt er nit mer auff erden haben. Die wort wurden Růpert gesagt. der spottet seiner gesellen vnd sprach: ich waiß sunst nit ainen gůtten můt tzůhaben dann mitt eüwerem gelt. Doch als sy daz gelt gar verbraucht hetten an ainem abent vast spat, do sich der graf mit seinem gemahel an die rů gemacht hett vnnd nun niemandt auff den dienst warten dorfft, kam Růpert zu Fortunato in sein kamer vnd hůb an vnd sagt tzu Fortunato: mir ist ettwas in diser stunde in ainer gehaim gesagt worden von meines herren Cantzler, der da in sonder mein günstiger vnd gůter[11] freünd ist vnd wie wol er mir das gar tewr vnd hoch verbotten hatt, als lieb mir seyn freündtschafft sey, yedoch so kan vnd mag ich dir als meinem gůtten günner vnnd liebhaber nit verhalten, wann es ain sach ist, die dich auch an treffen möcht vnd ist das die sach, als du wol waist, wie vnnser herr, der graff, ym ainen edlen vnd schönen gemahel genommen vnnd darzu vil schöner frawen vnnb iungfrauwen in seinem frawenzymmer hat, ist jm ain fantasey eingefallen vnd sorget seines gemahels, auch der andren (so dann in dem frauwenzymmer bey ir seind) vor den iungen kämerlingen, so yn dann dienen, wiewol er in der hoffnung ist, sy seien so ersam, das sy vmb kain sach begern vneerlichs tzu thůn, So ligt ym doch im synn, wie es so ain blind ding ist vmb die liebin vnd wenn die angezünt wirt vnd enprinnt, wie hart die zu erlöschen ist. Wann zway liebhabende menschen, die in gantzen trewen ainander liebhond, kan niemant schaiden dann allayn der tod, Vnd vmb sollichs zufürkommen, so ist ym geratten, ist das gantz auch sein mainung vnd hat ym das fürgenommen zuthůn, das er morgen will reyten gen Lauffen, ist ain grosse statt vnd ist och da ain bistumb vnd vniuersitet, das ist ain hohe schůl, da hat er zu rechten mit ainem grafen vmb ain grosse sach, vmb land vnd leüt vnd würt kostlich tzu dem rechten kommen vnnd alle seine diener mit ym nemen, dann er wayßt wol, das der graff von Sant Poll, so wider yn ist, auch kostlich kommen wirt. vnd die weil er also da sein wirt, so wil er die vier frauwen diener lassen verschneyden, es sey yn lieb oder laid, Wann es ist gar ain gůtter maister zu Lauffen. vnd wil das also zu wegen bringen, das der kainer von dem andern innen werden můß vnnd ist sein fürnemen, so bald er gen hoff kommpt, so wil er den maister bestellen, das er drey oder vier gůt starck knecht bestel vnd auch dartzu vier pauren heüßer an der ainöde, so wölle er ym seiner diener vier senden, alle tag ainen, vnd dem ain pferd geben, dass er seinem gemahel bringenn söll, alsdann so sol er auff ainen yglichen am morgen warten vnd sy fahen vnd mit gewalt füren, ir yeglichem baide gelider (oder daßs man es desterbaß verstand) bald hoden auß schneidenn, jn[12] gar gütlich thůn vnnd gantz kain mangel lassen, gůtten fleüß brauchenn, dass sy gar wol gehailet werden. vnd sol auch das nyemandt sagen, noch das es ainer von dem andern innen werd, vnd so sollichs beschehen ist, so wirt er sy wider haim füren und in das frawenzymer thůn vnd den frawen lassen dienen wie vor. Auch so will er seim gemahel sollichs sagen vnnd ir verbieten, das sy es haimlich halt, waißt er wol, das sy es irer obrosten Camererin sagen wirt. vnd also darnach ye aine der andern, biß sy es all innen werden, vnd darmit, so vermaint er zufürkommen, daßs kain eingang füro hyn entspring der liebe in seinem frawenzymmer. Wann er wisse wol, das kain frauw kainen verschnitten oder hodenlossen man nit lieb müg gewinnen, wann es gantz wider ir natur ist.

Vnnd do Fortunatus die wort vernam, erschrack er zu mal ser vnnd sprach, ob er kaynen außgang auß der stat wißte, so wolt er yn bitten, das er jm den weiset, wolt er von stunden hynweg vnd seines herren fürnemen nit erwarten, vnd gäb er mir alles sein gůt vnnd künd mich künig in Engeland machen, so wil ich ym kain tag mer dienen. Darumb, lieber Růpert, hilff vnd radt, das ich hynweg komme. Růpert sprach: wiß, lieber Fortunatus, die statt ist an allen orten beschlossen vnd kan nyemmant weder ein noch auß kommen, biß morgen frů. So man mettin leüt, so schlüßt man das thor auf, genant Porta de Vacha, das ist die kü port, die schleüßt man am frůesten auff. Aber lieber Fortunatus, wenn es vmb mich ain sollich gestaltt hett, als vmb dich, so wolt ich mich sollichs nit vast wideren, dann du wärest ain gemachter junckherr dein lebtag vnd ich wolt, daz man mich zu solichem auffnäm, wolt mich gantz nicht bedenken vnd mich darein geben. Fortunatus sprach: wer solliches beger, so wölle got, das es ym widerfar. ich will nichts daruon hören sagen vnnd der mir die wal gäb, ob ich mir ließ außschneiden, das ich künig zu Franckreich wär oder vnuerschnitten müßt bettlen geen mein lebtag, So bedörfft ich kaynes radts noch darauff mich zu bedencken. Ich wolt ee bettlen gan vnd ain nacht nit ligen, da ich die anderen gelegen wär.

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[Anonym]: Fortunatus. Halle a.d.S. 1914, S. 9-13.
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