Opferdampf stieg ...

[201] Opferdampf stieg von der befleckten Erde

Wahrlich niemals herrlicher auf zum Himmel,

Denn, da dein Wort Märtyrerblut besiegelt,

Heilige Wahrheit,


Da der Pfaff sich – Pfaffe zugleich und Henker –

An der Gluthqual denkender Menschen letzte,

Da im Rauch sein Blick und des Ketzers Blick wie

Dolche sich kreuzten. –


Jene Gluth, entfacht in dem Schooß des Dunkels,

Ueberraschend siegreich den Bezirk der Scheite,

Ward des Dunkels Feind – und der Strom der Zeiten

Wird sie nie löschen.


Nein! Sie glüht! Und wär's in den fernsten Tagen, –

Asche wird die finstere Tempelhalle,

Drin geknechtet seufzet der Geist der Menschheit,

Hegend und reifend


Eine Saat, die spätere Enkel ernten,

Faßt sie Herzen, die sie entflammt zu reden –

Ihre Macht verkündigend hat sie meine

Lieder befeuert.

Quelle:
Wilhelm Arent (Hg.), Moderne Dichter-Charaktere. Leipzig 1885, S. 201.
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