[179] 1880.
Fluch diesem Leibe,
Dem unersättlich lüsternen,
Mit seinen Banden
Schnürt er die Seele ein
Und reißt in den Koth
Die Sonnendurstige.
Aus allen Poren
Schrei ich nach Freiheit,
In alle Himmel möcht' ich mich recken, –
Aber erbarmungslos
Preßt mich das Elend
Meiner Sinne
Zurück in die Dienstbarkeit.
O Hunger
Nach dem Ewigen –
O Hunger!
Wann kommt die Stunde,
Wo ich Alles vergessen,
Alles hinschleudern darf
Und nur dich, einzig dich
Zu stillen vermag?
Weh, wenn die Flamme,
Die in mir lodert,
Mich brennend verzehrte,
Und nicht emporschlüg'
Wetterleuchtend,
Herzenentzündend.
Fort, fort, ihr Bilder
Lockender Lüste!
Ich will keinen Platz
Am Mahle der Lebenden,
Wo, im glitzernden Licht,
Schwarzäugiger Frauen
Heiße, lodernde Blicke
Die Seele versengen.[180]
Ich lausche den Todten
Und horche, was sie verkünden,
Und ich suche die Ungebornen,
Daß ich wisse,
Was war und was sein wird.
Einsam, einsam
Will ich wandeln und ziehen,
Ob fiebernde Brunst auch
Die Adern emporschwellt, –
Doch eines vergönn' mir,
Allwaltende Weltmacht,
Jedes Wort, das ich schmiede,
Es werde zum Glied,
Das die Menschheit verkettet,
Jedes Lied, das ich singe,
Wie Thau laß es fallen
Auf die Herzen der Armen,
Der Sünder und Buhlen –
Dann finde ich Frieden.
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Die 1897 entstandene Komödie ließ Arthur Schnitzler 1900 in einer auf 200 Exemplare begrenzten Privatauflage drucken, das öffentliche Erscheinen hielt er für vorläufig ausgeschlossen. Und in der Tat verursachte die Uraufführung, die 1920 auf Drängen von Max Reinhardt im Berliner Kleinen Schauspielhaus stattfand, den größten Theaterskandal des 20. Jahrhunderts. Es kam zu öffentlichen Krawallen und zum Prozess gegen die Schauspieler. Schnitzler untersagte weitere Aufführungen und erst nach dem Tode seines Sohnes und Erben Heinrich kam das Stück 1982 wieder auf die Bühne. Der Reigen besteht aus zehn aneinander gereihten Dialogen zwischen einer Frau und einem Mann, die jeweils mit ihrer sexuellen Vereinigung schließen. Für den nächsten Dialog wird ein Partner ausgetauscht indem die verbleibende Figur der neuen die Hand reicht. So entsteht ein Reigen durch die gesamte Gesellschaft, der sich schließt als die letzte Figur mit der ersten in Kontakt tritt.
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