Herbstgefühl

[134] Ach! Das ist der Herbst! Es bläst

Scharf und kalt der Wind von Norden,

Und der blaue Himmel ist

Trüb und nebelgrau geworden.
[134]

Ihre nackten Arme hebt

Zu dem Himmel auf die Linde,

Die vor meinem Fenster steht,

Und sie ächzt und stöhnt im Winde.


Nicht mehr aus dem Gartenhag

Lichte Blumenaugen grüßen,

Mit den Blättern, welk und falb

Spielt der Wind zu Wand'rers Füßen.


Alle Lieder sind verstummt,

Selbst mein Vöglein schweigt im Bauer;

Düster über aller Welt

Schwebt der Genius der Trauer.


Trauer füllt auch mir die Brust,

Nun des Nordens Sturme blasen,

Und ein Heimweh geht durchs Herz

Nach der Heimath unterm Rasen –

Quelle:
Wilhelm Arent (Hg.), Moderne Dichter-Charaktere. Leipzig 1885, S. 134-135.
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