Vierzehnter Auftritt.

[135] CARDENIO. Wohlauf, hier giebts doch etwas Lärmen, die andern Straßen waren zum Verzweifeln stille. Wie blinkt mein Degen fröhlich zu den Sternen und blitzet wetzend auf den Pflastersteinen. Ha überleb ich diese Hochzeitnacht, so werd ich doch ein alter Mann, all den Zigeunern, die mir wahrgesagt, zum Trotz. Was giebts ihr Nachtraben?

DICKE MAGD. Hülfe, Hülfe, dieser Mann hat den Hund mir wollen nehmen.

CELINDE. Hülfe, Hülfe, dieser Mann wollte mir die Ehre nehmen.

VIREN. Fort sag ich, wer sein Leben liebt und die Gesundheit seiner Glieder.

CARDENIO. Ich lieb mein Leben nicht und die Gesundheit nicht. Was willst du Krautkopf hier des schimmlichen Fräuleins Ehre frech beschimpfen, des sauern Mopfes Leben nehmen. Er schlägt auf Viren.

VIREN. Ich weiß nicht wie der Degen mir entfallen und all mein Muth dazu, ich werde von den Schlägen schrecklich nüchtern, weit weg ist gut vorm Schuß. Er läuft davon.

CARDENIO. Ein Narr ist fortgejagt, was jammert hier noch für Gesindel. Er zerschlägt die Rumpeltöpfe. Nachteulen, heut ist Polterabend; wie die[136] Scherben klingen, wer hat dich her bestellt, jämmerliches Volk, das aller Nächte heilgen Ernst vergiftet?

HALLORENWEIB. Herrchen – nur einen Schluck auf diesen Schreck – weiß ichs doch selber nicht – er war betrunken, daß wir ihn halten mußten.

CARDENIO. Hat er euch gut bezahlt?

HALLORENWEIB. Er hat viel versprochen, nichts gegeben.

CARDENIO. So ist es recht, umsonst müßt ihr dem Teufel euch ergeben. Laßt euch dies Unglück eine Warnung sein und lebet ehrlich, damit den Menschen vor der Ehrlichkeit mag grauen. Ihr Bestien, fort. Hallorenweiber schimpfend ab.

CELINDE am Fenster. Mein edler Ritter, ihr habt die Ehre mir bewahrt, noch eh ihr mich gekannt, nur einen Augenblick gönnt mir zum Danke, der sich in solcher Ferne scheu zurück hält.

CARDENIO. Sie kennen mich noch nicht mein Fräulein, ob ich auch würdig bin, ihr Zimmer zu betreten.

CELINDE. Du Inbegriff von aller Würdigkeit, Cardenio, giebt es denn außer dir noch etwas, das der Ehre werth, du machst die Welt zu Schanden, weil du jetzt alle Ehre hast.

CARDENIO. Sie kennen mich, das neun ich wunderbar in finstrer Nacht.

CELINDE. Hab ich so viel Nächte dein gewartet[137] und deine Stimme, die im Gelage oder im Streit ertönte, lauschend eingesogen.

CARDENIO. Die Worte, woher sie kommen wissen sie wohl nie, wohin sie gehen, wer sie auffaßt selten, sie sind ein Selbstschuß, in der Nacht gelegt und der ihn legt, weiß nicht, wann er zündet, und wen er trifft, – was schwatz ich lang auf der Straße, die Thüre ist geöffnet. Nun immer zu, da find ich Ruh. Geht in Celindens Haus.

AHASVERUS tritt auf. Gewiß ist hier Cardenio gewesen, die flüchtgen Weiber kannten ihn nur nicht, wo mag er geblieben sein. – Hier liegt der Kampfplatz noch voll Scherben! Heilger Gott bewahre ihn.


Ab.


Quelle:
Achim von Arnim: Sämmtliche Werke. Band 16, Berlin 1846, S. 135-138.
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