127.

Buchstabe-Geist.

[278] So soll den Dinten und Papier

Euch Gottes Wort ins Hertze schreiben?

Wie weit geht gleichwol die Begier?

Soll nun der Schall euch nur eintreiben

Die volle Lebens-Krafft/

So Gottes Geist selbst schafft/

Wie lange wollt ihr Kinder seyn/

Und nicht zum Wesen gehen ein?
[278]

Ihr spielt als wie mit Puppen-Zeug/

Schwächt selber eure Stärcke/

Bleibt immer kindisch/ zart und weich;

Meynt ihr/ daß man nicht mercke/

Euch graue vor dem Licht/

Das auß Gott hell anbricht?

Ich rath/ schließt nicht die Augen zu/

Sonst kommt ihr nicht zu voller Ruh.


Wie könnt ihr andre Seelen noch

Mit diesen Dingen plagen?

Den legt ihr auff das harte Joch/

Im Schreiben/ Lesen/ Sagen/

Daß ja an dem Geschrey

Und Schall kein Ende sey.

Ach! wenn doch in der stillen Still

Geschähe willig Gottes Will!

Quelle:
Gottfried Arnold, München 1934, S. 278-279.
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