Zwölfter Auftritt.

[26] Fr. v. Habicht, die Fräule und die Vorigen.

Frau von Habicht kömmt ganz mürrisch aus ihrem Zimmer; wie eben die Fräule. Jede zeigt ihrem Liebhaber eine merkliche Abneigung; und um sich zu necken, attachiret sich die Frau an den Liebhaber der Fräule; die Fräule aber an den Liebhaber ihrer Stiefmutter

Duetto.

Von Herrn von Wolf und Herrn von Bär.

Wolf geht der Fräule entgegen.


Angebette holde Schöne!

Ach vergönne!

Bär geht der Frau von Habicht entgegen.


Angebette holde Schöne!

Ach vergönne!

Beyde zusammen


Daß mein treuer Lippenrand,

Auf dein perlenweiße Hand,

Drück bey diesem Morgengruß,

Einen Kuß.

Jede giebt ihrem Liebhaber die Hand mit Kaltsinn zu küssen.
[26]

FRAU VON HABICHT verdrüßlich. Wie befindet sich Herr von Bär?

HERR VON BÄR. Immer vergnügt, Euer Gnaden aufzuwarten.

FRÄULE abgeschmackt. Wie haben denn Sie geschlaffen, Herr von Wolf?

HERR VON WOLF. Mir träumte beständig von den angenehmsten Geschäften, die ich auf Euer Gnaden Befehl zu vollziehen hatte. – Nur der letzte Traum war Anfangs etwas schreckbar und fürchterlich; aber er endigte sich ganz vergnügt und fröhlich:

FRAU VON HABICHT sehr freundlich. Hat dem scharmanten Wolf von mir nichts geträumt?

HERR VON WOLF. Euer Gnaden waren beständig auf die angenehmste Art in den ersten Traum verflochten.

FRÄULE überaus höflich. Mas traumte denn Ihnen herzallerliebster Bär?

HERR VON BÄR. Mir traumte nichts. – Ich habe die ganze Nacht geschlaffen, wie ein Bär

FRÄULE lacht. Ganz nach der Natur. – Das ist artig.

FRAU VON HABICHT. Schätzbarester Herr von Wolf! ich bitte, erzählen Sie mir Ihren schwermüthigen Traum.

Aria.

Von Wolf.


Ich ritt durch einen finstern Wald,

Bey Abendszeit,[27]

Wo wilder Thieren Aufenthalt

Und Puhu schreyt.

Ich ritte fort, die Nacht brach an,

Ich fehl vom Weg;

Und kam durch eine Seitenbahn

zu einem Steg.

Hier hielt ich still, und stieg vom Pferd,

Und faßt den Schluß:

Du bleibst alhier, schläfst auf der Erd;

Da gschah ein Schuß.

Ein Rauber schwarz, stark wie ein Bär,

Ritt auf mich los.

Ich wußt kein andre Rettung mehr,

Sprang auf mein Roß,

Und ritte was ich reiten mocht,

Durch Pusch und Strauch,

Daß mir und Pferd das Herz gepocht;

Hier war er auch.

Ich grif im Sack, gab ihm mein Gold,

Und all mein Sach.

Der Räuber nahms, und wurd mir hold,

Und ich erwach.

FRÄULE abseits. Ha! – der merkt etwas.


Quelle:
Antonio Salieri: Der Rauchfangkehrer. Wien 1781, S. 26-28.
Lizenz:
Kategorien:

Buchempfehlung

Schnitzler, Arthur

Komtesse Mizzi oder Der Familientag. Komödie in einem Akt

Komtesse Mizzi oder Der Familientag. Komödie in einem Akt

Ein alternder Fürst besucht einen befreundeten Grafen und stellt ihm seinen bis dahin verheimlichten 17-jährigen Sohn vor. Die Mutter ist Komtesse Mizzi, die Tochter des Grafen. Ironisch distanziert beschreibt Schnitzlers Komödie die Geheimnisse, die in dieser Oberschichtengesellschaft jeder vor jedem hat.

34 Seiten, 3.80 Euro

Im Buch blättern
Ansehen bei Amazon

Buchempfehlung

Große Erzählungen der Hochromantik

Große Erzählungen der Hochromantik

Zwischen 1804 und 1815 ist Heidelberg das intellektuelle Zentrum einer Bewegung, die sich von dort aus in der Welt verbreitet. Individuelles Erleben von Idylle und Harmonie, die Innerlichkeit der Seele sind die zentralen Themen der Hochromantik als Gegenbewegung zur von der Antike inspirierten Klassik und der vernunftgetriebenen Aufklärung. Acht der ganz großen Erzählungen der Hochromantik hat Michael Holzinger für diese Leseausgabe zusammengestellt.

390 Seiten, 19.80 Euro

Ansehen bei Amazon