Achter Auftritt.

[49] Der Major, der die Baroninn führt, der Baron. Leonore. Die Vorigen.


BARONINN. Sie haben uns plantirt, Herr Graf.

BLUMENKRANZ. Point du tout! Ich gab mir die Ehre, ihren Vortreter zu machen.

BARONINN. Gar zu complaisant!

BARON. Hier sind die Rosoligläser, Major! hieher setze dich! Kaffee mag ich in meinem Leben nicht.

MAJOR. Auch ich achte ihn wenig.

BARON. Mein lieber Major! wir haben doch sehr viel Gleiches in unserm ganzen Wesen.

BARONINN. Und Sie setzen sich zu mir, Herr Graf!

BLUMENKRANZ. Mit viel Vergnügen.


Man setzt sich. Kaffee und Rosoli wird gebracht und eingeschenkt.


BARON. Herr Bruder Blumenkranz! du hast heut gar nichts gegessen. Du mußt einen sonderbaren Magen haben.

BLUMENKRANZ. Mon frere! ich glaube, mein Magen ist durch den unglückseligen Fall aus dem Pirutsch derangirt worden – ich will ihn durch die Diät wieder in Ordnung bringen.

BARON. Durch die Diät wird kein Magen in Ordnung gebracht. Ein paar Gläser Rosoli trink! das wird dir besser thun.

BARONINN. Bey Leibe keinen Rosoli, mein Schatz! er könnte dem Grafen Wallungen im Geblüte verursachen.

BARON. Meinetwegen! es ist mir auch recht.

BARONINN. Aber wie empfinden Sie sich itzt Herr Graf?[50]

BLUMENKRANZ. Auf die Diät schon viel besser. Ich denke, es wird heute noch alles gut werden.

BARONINN. Das erfreut mich. – Lisette! bereite nun die Spieltische! – Apropos! ich glaube, wir könnten im Garten spielen; oder wenigstens in der Salaterrena? Was glauben Sie Herr Graf?

BLUMENKRANZ. Das Wetter ist schön; spielen wir im Garten.

BARONINN. Und was spielen Sie, Herr Graf?

BLUMENKRANZ. Nichts als Ombre.

BARONINN. Mein Favoritspiel! Wir zwey also – wer macht den dritten? – Herr Hauptmann?

HAUPTMANN. Es geschähe mir eine Gnade; allein das Fräulein spielt gern Ombre.

BLUMENKRANZ. Ja ja! die Braut muß mit uns spielen. Es wäre gefehlt, wenn sie heute nicht am ersten Spieltische säße. Nicht wahr?

LEONORE. Wenn Sie so befehlen –

BARONINN. Ich hätte ihr eine Parthie mit dem Graf Reitbahn gemacht.

BARON. Wer weiß noch, wann ihm des Majors Hengste die Rückkehr verstatten werden!

BLUMENKRANZ. Ja wohl: das Fräulein muß mit uns spielen.

BARONINN. Wie Sie befehlen. Und was spielst du, mein Schatz?

BARON. Nichts, mein Schatz. Ich werde mit dem Major im Garten herumgehen. Er ist heute so traurig; ich will ihn ein wenig ermuntern.

BARONINN. Aber du gehst doch nicht auf die Jagd?

BARON. Diesen Nachmittag will ich euch die Jagd sacrificiren.[51]

BARONINN. Ich bin dir recht sehr verbunden. – Lisette, also nur einen Ombretisch im Garten! Lisette geht ab. Herr Graf, keinen Kaffee?

BLUMENKRANZ. Ein wenig, aber sehr wenig will ich versuchen.

BARON zum Major. Trink Herr Bruder, und sey lustig!

MAJOR. Recht gern, aber viel darf ich nicht trinken.

BARON. Vier, fünf Gläschen, was will das sagen!

BLUMENKRANZ. Der Kaffee ist excellent.

BARONINN. Meine Schwester verschafft mir ihn immer; sie hat einen Türken, der sie bedient. –

BLUMENKRANZ. Einen Türken, der sie bedient?

BARONINN. Ja, von Alexandria! – Herr Haupt mann! noch eine Tasse!

HAUPTMANN. Euer Gnaden kann man unmöglich etwas abschlagen.

BARONINN. Mein Herr Schwiegersohn konnte den Kaffee nicht abwarten. Das ist doch eine gewaltige Pferdpassion, die der Cavalier hat!

BLUMENKRANZ. Eine Pferdpassion? Madam, ich fürchte, Sie exprimiren sich dießmal nicht gut: seine Passion ist ja recht plausible – Er zeigt auf Leonoren.

BARONINN. Oder eine Passion für die Pferde, wollt ich sagen. Wie kritisch Herr Graf! – doch, von Leuten Ihres gleichen lernet man gern.

BARON zum Major ernsthaft. Der Geyer! Blumenkranz ist doch ein gescheider Kerl: das hätt' ich nicht von ihm erwartet.

MAJOR. O er strotzet von Pariserwitz!

BARON. Nun, wer erzählt etwas Neues? nach dem Essen hör ich gern Neuigkeiten.

BARONINN. Der Herr Graf könnte uns das Meiste erzählen. Er ist immer bey Hofe und in der großen Welt.[52]

BLUMENKRANZ. Der Hof dermalen so arm an Neuigkeiten, oder so geheim damit, daß man wenig wüßte, wenn man nicht andere Sourcen hätte.

HAUPTMANN. Apropos! Ich will Ihnen etwas erzählen. Wissen Sie, daß ihr Nachbar, der Graf Lembrand, das Land verläßt, und künftig für beständig in der Stadt wohnen wird.

BLUMENKRANZ. Da thut er recht vernünftig, ma foi!

BARON. Vernünftig? Der Narr hat den schönsten Fasangarten in der ganzen Gegend.

HAUPTMANN. Die Jagd überhaupt verpachtet er an – einen andern von seinen Nachbarn.

BARONINN. Wie kömmt es ihm denn auf einmal in den Kopf, in der Stadt zu wohnen?

HAUPTMANN. Man sagt, seine Frau habe ihn überredet.

BARYON. Der dumme Auerhahn! schon drey Jahre verheyrathet, und noch immer in der Faltz! so in der Faltz, daß er nicht einmal merkt, warum seine Frau in der Stadt wohnen will. Alle Menschen wissen von ihrem Amourettel, nur Er nicht.

BLUMENKRANZ. Wer soll nicht von dieser uralten Intrique wissen? sie dauert ja schon bald ein halbes Jahr; und ist darum recht remarquable, weil sie itzo wirklich für die älteste in der Stadt gehalten wird.

BARONINN. Vielleicht thut man der armen Lembrand unrecht – wie es uns Weibern öfters ergeht.

BARON. Kann auch seyn – das ist mein geringster Kummer: ich ärgere mich nur, daß der Dummkopf die schöne Jagd verpachtet. – Blumenkranz! erzähle Du uns etwas Neues – etwas Politisches, das hör' ich gern.[53]

BLUMENKRANZ. Gestern zischte man sich bey Hofe in die Ohren, drey Republiken hätten einen Traktat miteinander geschlossen.

BARON. Drey Republiken? Holla! das geht gewiß über den Türken los. Major! da kommt ihr auch mit ins Spiel.

MAJOR. Ich habe davon gehört – es ist nur ein Commerzientraktat.

BARON. Der Geyer auch! wozu sollten Republiken Commerzientraktate schließen? Nein, da steckt was anders dahinter. Die Maltheser sollen auch schon in der schwarzen See herumkreuzen: das kann kein Commerzientraktat seyn!

BLUMENKRANZ. Und doch mon frere! an einen Türkenkrieg ist, pour à present, nicht zu gedenken. Wir unsrer Seits fangen keinen an; dafür garantire ich: Sie noch weniger. Der Minister hat vorgestern in meiner Gegenwart die Nachricht erhalten, daß der Sultan gefährlich krank ist.

BARON. Wer? der Sultan? der Sultan? – Major! ich muß lachen. Das war eine falsche Nachricht mein lieber Blumenkranz!

BLUMENKRANZ. Eine falsche Nachricht? Wer kann denn zuverlässigere Nachrichten haben, als der Minister?

BARON. Von dieser Sache – Ich. Der Sultan krank – ha ha ha!

BLUMENKRANZ. Ja ja, und man setzt noch hinzu, er liege an einem hitzigen Fieber.

BARON. Alles erlogen! Da kann man sehen, was für Lügen in der Stadt herumgehen. Blumenkranz, wenn du zum Minister kömmst, so sag' ihm auf mein Wort, daß man ihn belügt, und daß weder der Sultan noch die Bella krank seyn kann, da mir erst heute jeder sechsmal solo gefangen hat.[54]

BLUMENKRANZ seitwärts. O quelle bête que ce Baron!

MAJOR. Mir scheint, sie verstehen einander nicht wohl. Graf Blumenkranz spricht vom Sultan zu Constantinopel, vom türkischen Kaiser.

BARON. Vom türkischen Kaiser? – Das ist was anders. So soll er ihn mit seinem Nahmen nennen. Der türkische Kaiser kann krank seyn; das bekümmert mich wenig.

BLUMENKRANZ. O Ciel! – Madam! wollen wir nicht unser Spiel anfangen?

BARONINN. Ich bin bereit. Sie stehen auf, und der Kaffeetisch wird abgedeckt.

BLUMENKRANZ. So kommen Sie, ich werde die Ehre haben Sie zu führen.

BARON. So wollt ihr itzt schon spielen? – Major! wir bleiben noch hier.

BARONINN. Komm aber bald nach, mein Schatz!

BARON. Sobald wir das Fläschchen ausgeleert haben. Alle, bis auf den Baron und den Major, gehen ab.


Quelle:
Cornelius von Ayrenhoff: Sämmtliche Werke. Band 3, Wien 1802, S. 49-55.
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