Erster Auftritt.

[251] Marcus mit vier Sklaven. Lucius.


MARCUS.

Bald, Lucius, entweicht mir die Geduld.

So lange weilt kein Flamen in dem Tempel

wie dieses Mädchen.

LUCIUS.

Wahr! – Nun schließe, Freund,

von Deiner Ungeduld auf die, die jetzt

des Appius Erwartung spannt! Sein Herz

scheint ein Vulkan entflammter Leidenschaft.

Kaum war es Mitternacht, so ließ er schon

mich rufen, daß ich ja dich früh genug

zur That ermahnte, früh genug ihm dann

vom Ausschlag Nachricht brächte.

MARCUS.

Sollte denn

Verhaftung eines Weibs, noch beynah Kinds,

ein Werk von ungewissem Ausschlag seyn?[251]

LUCIUS.

Selbst diese Furcht des Allgewaltigen

verräth die Stärke seiner Leidenschaft.

Doch Marcus – oft vernahm ich von dir selbst,

in deiner Lälia getreuen Brust

herrsch' Eifersucht mit unzähmbarer Macht:

wird sie wohl ruhig sehn, daß du das schönste

von allen Mädchen Roms nach Hause bringest?

MARCUS.

Dieß würde Keine Gattinn. Doch sie weiß

– und Überzeugung hat es ihr bewähret –

Daß Appius die Schöne liebt, Ich nur

als Freund, Befördrer seiner Wünsche bin.

LUCIUS.

Blick hin, sie naht sich nun!

MARCUS.

– Citherens Bild!

LUCIUS.

Behandle sie mit Glimpf!

MARCUS.

Ich weiß zu wohl,

daß jeder Lärm hier zu vermeiden ist.


Quelle:
Cornelius von Ayrenhoff: Sämmtliche Werke. Band 2, Wien 1802, S. 251-252.
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