[Vorspiel]

PENICULUS, DER FUCHSSCHWENTZER geht an einem stecken ein vnd sagt.

Ich kans bey mir je nicht erachten,

Warumb die Leut nach viel Guts trachten

Vnd sind darnach nit also gscheid,

Zu schaffen jhn ergötzlichkeit,

Vnd lasen das Gut jhrn Herrn sein.

Trinckt mancher ein Wochn kein Seidla Wein!

Kein solchen Sinn hab ich nie ghabt.

Wenn ich ein guten Gselln erdapt,

Der mir bat zessen vnd trincken geben

Vnd etwan ein wenig kleid darneben,

So hat es mich genüget schon.

Ietzt so mir geht das Alter an

Vnd ich kan nimmer possen reissen,

Die Junckern mich von sich abweisen,

Das mir dardurch jetzt vil geht ab.

Lang ich nichts guts gefressen hab.

Mich hungert, das der Bauch mir kracht.[2133]

Halt, halt! ich wil hie haben acht,

Dann Enucles geht dort herein.


Er steht auff ein seyten.


ENUCLES gehet ein, tregt ein schönen Mandel, thut, als sehe er Peniculum nicht, vnd sagt.

Alhie hab ich der Frauen mein

Gestoln jhr allerschönstes kleid.

Das sicht sie nicht mehr, auff mein Eydt!

Ich will es meiner Thasa bringen,

Sie damit zu meiner Lieb zwingen,

Vnd will mich als balt zu jhr laden.


Peniculus, der fuchßschwentzer, streichet herfür, geht jhm nach. Enucles wirdt sein gewahr, deckt das Kleid zu vnd sagt.


Potz Velta, nun bin ich verrahten.

Wo führt der Teuffl den schelmen her?

PENICULUS sagt.

Juncker, kendt jhr mich dann nicht mehr?

Vor Jarn da warn wir gut Geselln.

Hab mich gleich zu euch laden wölln.

Der gstalt wird es nit können gschehen.

ENUCLES sagt.

Fürwar, ich hab euch nicht gesehen,

Vnd wenn ich kendt daheimen sein,

Wolt ich euch gar gern laden ein.

So bin ich aber gladen auß.

PENICULUS sagt.

Wo Esst jhr denn? in welchem Hauß?

Vor Jarn hat mans wenig geacht,

Wenn schon ein Gast ein mit sich bracht.

Nicht weiß ich, wie mans jetzundt helt.

ENUCLES sagt.

Nun wann jhr dann je mit mir wölt,

So will ich euch die sach vertrauen.

Ich geh zu Thasa, der schön Frauen,

Das ich jhr dises Kleidt verehr.[2134]

PENICULUS sagt.

Bin ich doch daselbst gwesen mehr.

Ir wist wol, das ich bin verschwiegen.

Secht! da thut sie sich gleich herfügen.

THASA gehet ein mit Ancilla, jhrer Magdt, geht als balt hin vnd empfecht den Enuclem vnd sagt.

Ach Juncker, seit mir Gott willkummen!

PENICULUS sagt.

Zart edle Jungfrau, sagt, warumben

Ir mich nicht auch also empfacht?

THASA sagt.

Eurs gleichen ich bey mir weng acht.

Ir seit mir in mehn Hauß kein nutz.

PENICULUS sagt.

Der alten Leut ist man vrtrutz.

Iedoch laß ich mich nicht auß treiben.

ENUCLES sagt.

Ey last jhn bey dem Essen bleiben!

Was er verthut, das wil ich zaln,

Wie ich auch vor thet zu mehr maln.


Er greifft in Beutel, gibt jhr gelt vnd sagt.


Da, nembt die zwen Thaler von mir!

Darumb last vns einkauffen jhr

Für drey Person ein gutes mal!

Was der Wein kost, ich bsunder zal.

Auch nembt von mir auff weitern bscheid

Auff diß mal meines Weibs Ehrkleidt

Vnd traget das von meinet wegen!

Der liebe Gott der woll eur pflegen,

Biß ich droben auff dem Rathhauß

Hab mein sachen gerichtet auß!


Er gibt jhr das Kleidt, beut jhr die hand vnd geht mit dem Peniculo ab.


THASA sagt zu jhrer Magd.

Ancilla, geh zu Cocleum![2135]

Sag jhm, das er balt zu mir kum

Vnd trag das Kleidt mit dir hinein!

ANCILLA sagt.

Das Kleidt wird euch nit vil nutz sein;

Dann seh es sein Weib, das jhrs thet tragen,

Was meint jhr sie darzu würd sagen?

Sie dörfft euchs wol von dem halß reissen.

Den Cocleum will ich rein heissen.


Sie nimbt das Kleidt vnd geht ab.


THASA sagt.

Ja zwar, ich nah nicht dran gedacht.

Das Kleidt muß werden anderst gmacht,

Alles zerfellet vnd zertrennt,

Das es des Junckern Weib nit kenndt.


Die Magd kompt wider mit Cocleo, dem Koch. Der sagt.


Frau, weil jhr mich liest fodern rein,

So bin ich hie: was wolt jhr mein?

THASA sagt.

Zwen Thaler ich empfangen hab.

Die nimb! geh auff den Marck hinab

Vnd kauff vns ein für drey Person!

COCLEUS sagt.

Was werd jhr dann für Gäste han?

Das ich mich darnach richten kan.

THASA sagt.

Enucles, der jung Edelman,

Der hat sich zu mir gladen her.

COCLEUS sagt.

Ich west auch gern, wer der dritt wer.

THASA sagt.

Wer sols sein? es ist Peniclus.

COCLEUS sagt.

Auff zehen ich einkauffen muß.

Drumb hat er des gelts zu weng bracht.

Peniclus frist so vil, als jhr acht.[2136]

Den Junckern rechen ich für neun.

Wenn ich nun gnug soll kauffen ein,

So muß ich für zehen Person kauffen.

THASA sagt.

Ey thu du deins wegs nur fort lauffen!

Kauff so vil, als man haben soll!

Der Juncker muß es zalen wol.


Cocleus geht ab.


THASA sagt.

Ancilla, ich wils nit wagen,

Das kleid vnverendert zu tragen,

Dann wenn da solt des Junckherrn Weib

Ir kleid sehen an meinem leib,

So ging sie mit mir an ein Messer.

ANCILLA sagt.

Ey ja, Frau! darumb ists vil besser,

Das mans anderst ferb vnd zertrenn,

Das nur des Junckern Weib nit kenn,

Dann sie gar ein böses maul hat.

Es müsts erfahrn die gantze Statt.

Vnd weil sie thut der eyffer treiben,

Dörfft sie sich der maß an euch reiben

Mit bösen worten, schenden vnd schmehen.

Drumb ist sich vor jhr für zu sehen.


Sie gehn ab. Phileman oder Enucles von Syracusa, der frembt, geht ein mit dem SchiffPatron vnd Jahn Panser, seim leib Knecht, Servio, eim andern Knecht, vnd etlichen stummen Personen, tragen alle

bündel, als stiegen sie erst aus einem Schiff.


PHILEMAN sagt.

Gott sey lob, das wir allesandt

Sind wider ankommen zu Land!

Nun ist es schon das sechste Jar,

Das ich meinem Bruder nach fahr

Vnd jhn doch nirgents finden kan.

Noch will ich nicht lasen davon,

Auch nicht wider kommen zu hauß,

Biß ich jhn hab gespüret auß,[2137]

Gott geb, was mir gescheh darummen!

JAHN PANSER sagt.

So werd jhr nimmermehr heim kummen.

Eur Bruder ist vor lengst schon hin.

Wolt jhr bein lebndigen suchen jhn,

So ist all eur arbeit verlorn.

PHILEMAN sagt.

Halts maul! dann was ich hab geschworn,

Werd ich deinthalb nicht vnterlassen.


Zum Patrono, dem Schiffman, sagt er.


Nun weil wir all gesund auß sassen

Vnd jhr vns all wol habt geführt,

Euch ein danckbarer lohn gebürt,

So weist mich in ein guts Wirtshauß,

Das ich euch mit danck zal bar auß!

Da wil ich mich auch mit euch letzen,

Mit essn vnd trincken meins leids ergötzen.


Kompt Cocleus, der Koch, sicht sich vmb vnd sagt.


Potz, dort seh ich Enuclum stehn.

Ich will alsbalt hin zu jhm gehn.

Was ich hab kaufft, laß ich jhn sehen

Vnd hörn, was er darzu wird jehen.


Er geht zum Junckern Phileman vnd sagt.


Juncker, secht! ich hab kauffet ein.

Auff euch wird warten die Fraue mein.

Darumb so kombt zum essen bey zeit!

PHILEMAN sagt.

Mein freund, ich weiß nit, wer jhr seit,

Vnd weiß auch nicht, wer eur Frau ist.

DER KOCH sagt.

Ey, Juncker, wenn jhr das nicht wist,

So müst jhr je vergessen sein.

Thasa heist die Fraue mein,[2138]

Zu der jhr euch selbst laden thet,

Den Peniculum mit euch hett,

Da jhr jhr die zwen Thaler gabt.

PHILEMAN sagt.

Eur tag jhr mich nie gsehen habt.

Kennt jhr mich denn, so thut mich nennen!

COCLEUS sagt.

Enucles, soll ich euch nicht kennen?

Wie vil trinckgelts habt jhr mir geben?

PHILEMAN sagt.

Ey, ich bin bey all meinem leben

Nie als jetzt kommen in die Statt.

COCLEUS sagt.

Ey schweigt! die sach kein mengel hat.

Ihr meint villeicht, das mir mein Frau

Nicht jhre heimlichkeit vertrau.

Drumb kombt desto eh zu dem Mal!

Dort secht jhr den gemalten Saal.

JAHN PANSER sagt.

Mein gsell, gehe du deins wegs nur hin!

PHILEMAN geht auff die Seiten vnd sagt zu seim gesind.

Ob der sach ich vernarret bin,

Das mich soll dieser Kerl kennen,

Kan mich bey meinem namen nennen,

Led mich zu seiner Frauen nab.

Darumb ich zu dem gloch lust hab

Vnd will je sehen, was das sey.

JAHN PANSER sagt.

Juncker, ich sags euch auff mein treu,

Das es in dieser grosen Statt

Gar vil falsch vnd lose Leüt hat.

Geht jhr hin, so seid jhr verlorn.

PATRONUS, DER SCHIFFMAN sagt.

Das Gut ist hie gar halt anworn.[2139]

Drumb geht mit vns nein ins Wirtshauß

PHILEMAN sagt.

Nein, ich will kein gelt geben auß.

Drumb, Jahn, nimb du den Beutl zu dir!


Er gibt Jahnnen den Beutl.


Zehl drinn dem Patron sein lohn für

Vnd richt ein gute Malzeit zu!

Die verzehrt, biß ich kommen thu!


Zum Koch sagt er.


Nun komb! so will ich gehn mit dir.

COCLEUS sagt.

Ja ich rahts auch, jhr gingt mit mir.


Sie bede gehn ab.


PATRONUS sagt.

Wenn es dann nicht kan anderst sein,

So kombt mit mir ins Wirtshauß rein!

Da wölln wir mit freuden leben,

Auff keinen schlechten Herrn nichts geben,

Weil wir gesund hie theten schweben.


Abgang jhr aller.


Quelle:
Jakob Ayrer: Dramen. Band 3, Stuttgart 1865, S. 2133-2140,2176-2177.
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