Zweite Szene

[1] Karl. Käthchen.


KARL fliegt auf sie zu. Geliebtes Mädchen, ich muß dich sprechen, heute kann ich nicht bloß vorbeigehen – ich habe dir Dinge von der größten Wichtigkeit zu sagen.

KÄTHCHEN. Wenn uns aber jemand sieht, du weißt, wie geheim wir unsere Liebe halten müssen – du kennst die Absichten meiner Mutter.

KARL. Meine Lage hat sich plötzlich geändert! Soeben komme ich von dem Grafen Pfahl, er ist ganz für mich eingenommen, sein Sekretär ist gestorben, ich erhalte diesen Platz und tausend Gulden Besoldung.

KÄTHCHEN. Ach, lieber Karl, das ist noch zu wenig, meine Mutter hält zu viel auf bares Vermögen und Reichtümer, als daß sie eine mäßige Besoldung und deine Talente vorziehen sollte. Der reiche Müller soll mein Mann werden, das weißt du ja!

KARL. Was hab ich denn von deinem Vater zu erwarten?

KÄTHCHEN. Der wäre leichter zu gewinnen; aber – mein Bruder ist Soldat, mein Vater will mich nicht so bald heiraten lassen. »Ich kann nicht meine bei den Kinder aus dem Hause wissen«, sagte er erst neulich.

KARL. Ist das alles? Frischen Muts! Laß mich nur mit deinen Eltern sprechen, ich will sie schon für mich gewinnen. Dem Herrn Müller will ich scharf zu Leibe gehen, ein paar seiner[1] feinen Stückchen erzählen, ich wette, daß er von dir läßt, eh er mir gegenüber wie ein entlarvter Betrüger dasteht.

KÄTHCHEN. Übereile nichts. Noch ist es nicht Zeit, laß mich erst machen.

KARL. Nun, so will ich dir alles überlassen, sag deinen Eltern nur, daß wir uns innig lieben, sag ihnen dies und noch mehr, was dir dein Herz eingibt. – Jetzt lebe wohl! Er drückt sie an sein Herz, in diesem Augenblick tritt Redlich hervor. Beide fahren auseinander.


Quelle:
Das Wiener Volkstheater in seinen schönsten Stücken. Leipzig 1960, S. 1-2.
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