Dritte Szene

[2] Redlich. Vorige.


REDLICH. Was ist das für ein Manöver? Nun, geniert euch nicht!

KÄTHCHEN. O weh! Mein Vater! Will fort.

REDLICH. Du bleibst!


Karl schlägt die Augen nieder und blickt zur Erde.


REDLICH geht um ihn herum, sieht ihn lange und starr an, nimmt eine Prise und wartet ihm auf. Beliebt Ihnen?

KARL sehr verlegen. Ich danke –

REDLICH zu seiner Tochter. Du, was will denn der Herr?

KÄTHCHEN. Ach!

REDLICH. »Ach!« will er? Ich habe ein paar »O weh!« für ihn. Schau, schau! Wer ist er denn?

KARL. Ich bin ein Dichter.

REDLICH. So? Mit Beziehung auf die Umarmung. Sie dichten kurios – und du, meine liebe Tochter! Ich glaube, ihr macht Hexameter oder wie man die Verse heißt. Verhext bist du wenigstens. Jetzt geh vor die Tür hinaus und schäm dich. Wenn du nimmer rot bist, werd ich dich rufen.


Käthchen tritt mit sichtbarer Angst zurück, winkt jedoch Karln, als wenn sie sagen wollte: »Es wird mir schlimm ergehen«.


REDLICH bemerkt dies. Was ist das wieder? Zu Karl. Jetzt sagen Sie, was wollen Sie bei meiner Tochter?

KARL. Sie anbeten, sie lieben, sie meinen Himmel nennen –

REDLICH. Hören Sie auf und kommen Sie mir nicht mit dem Schnickschnack. Diese Redensarten kann ich nicht leiden. So manches Mädel hat sich dadurch betören lassen. Die lachende[2] Liebe besingen die Herren in Versen, und dann beweinen die Mädchen den Ehestand in Prosa.

KARL. Ich mein es ehrlich.

REDLICH. Habe nichts dagegen; sind Sie meiner Katherl gut, so werden Sie auch auf die Zukunft denken.

KARL. Ich habe Hoffnungen –

REDLICH. Das ist langweilig –

KARL. Ich werde –

REDLICH. Lassen Sie mich ausreden. Ich bin keiner von den Vätern, die ihre Kinder bloß reich verheiraten wollen, ich bin ein Bürger und stolz, wenn meine Tochter einem gescheiten Menschen gefällt, denn g'scheite Leut sind bei mir mehr als reiche Leut, und wer was gelernt hat, geht jedem voraus, der, wenn er auch in Gold steckt, seinen Namen nicht schreiben kann – allein gescheite Leut sollen auch darauf denken, wie man von der Wissenschaft leben kann, von g'scheiten Leuten seh ich es gern, wenn sie ihr Pfund gut anwenden und ihre Talente auf Interesse legen – daher, mein lieber Dichter, denken Sie auf Ihr Fortkommen, und klopfen Sie einmal wieder an, wird sich schon wer finden, der »Herein!« sagt –

KARL. Herr Redlich, was hab ich wegen Käthchen –

REDLICH. Wegen Käthchen haben Sie vorderhand nichts zu hoffen. Das Mädel ist noch jung – auch weiß ich nicht, ob schon ein Liebhaber in petto ist – halten Sie sich nicht länger da auf; indes hätten Sie schon wieder die schönsten Verse machen können. – B'hüt Sie Gott, sein Sie nicht kleinmütig – wenn wir uns wo sehen, alle Achtung; aber da bei meiner Katherl – Sie wissen schon –, ein heimlicher Liebhaber ist wie ein versteckter Feind für die Eltern. Man bekommt öfters eine Blessur, die kein Wundarzt heilen kann.

KARL. Herr Redlich!

KÄTHCHEN halblaut. O Gott!

REDLICH sieht sich um. Das wird mir zuviel! Bist du noch da? Jetzt geh, oder ich werde böse –


Käthchen entschlüpft. Karl wirft ihr einen Kuß nach und eilt ab.


Quelle:
Das Wiener Volkstheater in seinen schönsten Stücken. Leipzig 1960, S. 2-3.
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