Einundzwanzigste Scene.

[87] Rosel. Fledermaus.


ROSEL. Ist das eine Aufführung für einen Bräutigam? Was muß ich sehen?

FLEDERMAUS. Liebe Braut! Eine zweyte Braut.

ROSEL. Du, der du mit mir eifertest; mich mit einem unschuldigen Menschen verdächtig machtest –

FLEDERMAUS. Hör auf mit deinem unschuldigen Menschen –

ROSEL. Ziehst mir eine andere vor! Das ist zu viel. Ha, ich weiß nicht, wie mein Blut so ruhig fließen kann, da ich sonst so leicht auffahren konnte. –

FLEDERMAUS. Kapperl sey gegrüßts![87]

ROSEL. Du hast mich also aus deinem Herzen hinausgestoßen?

FLEDERMAUS. Zu Michaeli war's vierzehn Tag!

ROSEL. Die da hat mich verdrängt?

FLEDERMAUS. Die hat dich verdrängt. Schau, ich kann dieß einmahl nicht länger verhehlen, die schwarzen Haar haben mich unglücklich gemacht, du bist blond, aber die ist schwarz, und Schwarz ist halt schön, das ist schon ein Ding da hier, wie heißt man's den geschwind – so ein geschmackiges Wesen!

ROSEL. O wärst du arm geblieben, so wärst noch brav –

FLEDERMAUS. Ja das ist schon einmahl so; wir reiche Leute haben aufgeklärte Grundsätze. Weißt du was, heirathen wir uns nicht – ich schenk dir ein prächtiges Gut und eine große Summe – du kannst wieder deinen Husaren sehen, ich in meiner Lage bin zu vornehm um ein guter Ehemann zu werden!

ROSEL schlägt die Hände zusammen. Du Ungethüm, also nur im Elend war ich dir gut genug? Abscheulich – nein, keine Verwünschung, du bist nur verblendet, ich hätte Unrecht, dich jetzt mit Vorwürfen zu bestürmen, in solchen Fällen muß man kein Öhl ins Feuer gießen; ich überlasse dich deinem Schicksal. Ich nimm das Gut und Geld, was du mir biethest an, denn wer kennt die Zukunft und will dich nie mehr sehen –

FLEDERMAUS. Das ist g'scheidt;[88]

ROSEL. Gib mir eine Schrift darüber.

FLEDERMAUS freudig. Ich gib dir gleich baar so viel, daß du auf dein Leben genug hast. Gibt ihr seine Brieftasche. Hier hast du Bankopapiere zu hohen Summen und den Kaufbrief von dem Gut in der Nähe. Macht eine komische Bewegung mit der Hand über den Kopf gegen den Rücken. Was da hinüber liegt! Nimm alles; Gib mir meine Freyheit, eifere nicht mit mir, verlang noch mehr, von mir, alles ist dein – aber laß mir nur meine Sophie, laß mir mein schwarz Mäuserl!

ROSEL ruhig. Ich bin zufrieden; ich werde dich nie mehr sehen. Ja ich fühls, ich hab dich lieb gehabt, aber gerad diese Lieb zu dir: macht daß ich deinem Willen nachgeben. Nehmen wir Abschied –

FLEDERMAUS. Ja nehmen wir Abschied –

ROSEL. Du scheidest von mir –

FLEDERMAUS. Ich muß scheiden. Noch eine heiße Umarmung, die letzte, dann Adieu!

Duett.


FLEDERMAUS.

Liebe Rosel, ich muß scheiden,

Schau, es will mich nicht mehr leiden,

Kümmern soll sich keins von beyden,

Rosel nimm zurück dein Herz!

Über Männer Treu sich trüben,

Wenn sie eine andere lieben.

Noch ist keiner treu geblieben

Männerschwur ist Männerscherz![89]

ROSEL.

Lieber Treuhold ich will scheiden,

Will verbergen meine Leiden,

Will dich nun auf ewig meiden,

Will dir nicht mehr lästig seyn.


Mögst du's nimmermehr bereuen,

Was ich fehlte mir verzeihen,

Mir nur eine Thräne weihen,

Denn auch fern gedenk ich dein.

FLEDERMAUS.

Diesen Kuß der letzten Liebe,

Ja die Scheidungsstund' ist trübe

Wenn ich nur noch noble bliebe,

Ließ ich sicher nicht von dir!

ROSEL.

Immerhin du bist verblendet,

Hast dein Herz mir abgewendet,

Wenn nur alles gut noch endet,

Aber ach! es ahnet mir!

BEYDE.

Immerhin wir wollen hoffen,

Noch ist nicht das Ziel getroffen,

Aber noch der Himmel offen,

Lächle, Zukunft, freudenvoll!

Gieb uns Trost und Glück und Freuden,

Laß uns ohne Klagen meiden

Liebe Rosel ich muß scheiden;

Lieber Treuhold ich muß scheiden;

Noch ein Küßchen, lebe wohl! –


Beyde ab.


[90] Einundzwanzigste Scene.


Garten, von weitem Tanzmusik. Winter stürzt auf die Bühne.


WINTER etwas benebelt. Walzt Euch im Kreise, und sinkt taumelnd zur Erde! Euer Herr hat sein Joch abgeschüttelt, Emilie hat mir entsagt; Freyheit! Freyheit, goldene Freyheit! Dämilon! Dämilon!


Der Mohrenknabe erscheint.


Bring noch mehr von deinem Flammenwein! Er schmeckt köstlich und mundet mir!

Aus der Erde kommt ein goldener Schenktisch mit einer Bouteille und schönen Becher. Gierig drüber her. Schwarzes Mädchen, ewig dein! Hoch bey diesem Feuerwein, wenn die Erde untergeht, meine Liebe noch besteht! Gießt das Glas hinunter.

O könnt ich jetzt nur fortwalzen bis zum lichten Morgen, mein ganzes Leben sollte ein lustiger Tanz werden. Sieht in die Coulisse. Haltet euch aneinander, fest umschlungen, schwindelt Sinne; Erde drehe dich mit mir! O, welche Wonne! Er trinkt. Wein, Weiber, Tanz und Freyheit, und der Bettler ist ein König!


Quelle:
Bäuerle, Adolf: Doctor Faust's Mantel. Ein Zauberspiel mit Gesang in zwey Acten. Wien 1819, S. 87-91.
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