208. Spukerei auf der Landstraße von Karlsruhe nach Durlach.

[190] Auf dieser Straße, welche eine Stunde lang und schnurgerade ist, treibt nachts eine Menge Geister ihr Wesen.

Eine weiße Frau mit feurigen Augen geht da um, wie auch ein schwarzer Mann, der den Kopf unterm Arme trägt.

Ein anderes Gespenst leuchtet den Leuten mit einem Lichte vor, führt sie aber dabei vom Weg ab in die benachbarten Sümpfe oder nach Rintheim, wo es, mit dem Licht verschwindend, sie im Dunkeln läßt.

An der ersten Brücke bei Durlach hat schon eine[190] unsichtbare Last, und bei dem rothen Häuschen ein Männlein sich Vorübergehenden auf den Rücken gehängt und eine gute Strecke sich forttragen lassen.

Zwischen den zwei Brücken bei Gottesau wurde der vorige Schleifmüller von Durlach, der neben seinem Wagen herging, von unsichtbaren Händen gepackt, bis an die Kniee in den Landgraben getaucht und dann wieder ans Ufer gesetzt. Seine Pferde waren gleich anfangs in solchem Schrecken davongerannt, daß sie den Wagen ganz in Stücke rissen.

Ein anderer Durlacher sah einen Baum quer über die ganze Straße liegen. Kaum war er darübergeschritten, so richtete derselbe, als himmellanger schwarzer Mann, sich in die Höhe.

Auf der Straße und den angränzenden Feldern fährt der Teufel in Gestalt eines Postknechts und ladet die Leute zum Einsteigen ein. Als einst ein Mann sich eingesetzt hatte, erhob sich die Kutsche augenblicklich in die Lüfte, fuhr eine Strecke durch dieselben und war dann plötzlich weg, daß der Mann zwischen Rintheim und Hagsfelden herabfiel.

Gleicher Weise ward ein anderer, welcher auch eingestiegen, hinter Speier, und ein dritter gar zu Frankfurt am Main auf dem Markt abgesetzt.

Eine Kutsche mit Karlsruhern, die zwischen elf und zwölf Uhr auf dem Heimwege war, wurde bei Gottesau plötzlich von einem prasselnden Feuer umgeben und am Weiterfahren gehindert. Sobald aber der Kutscher nach Durlach umkehrte, verschwanden die Flammen.

In derselben Gegend sah ein erwachsenes Mädchen, das mit seinem Vater spät in einer Mondnacht heimging, einen langen Sack quer über die Straße liegen.[191] Als sie an ihn kamen, sprang er, als ein großer schwarzer Hund auf und verfolgte sie, immer zwischen oder an ihren Füßen umherlaufend, bis zur letzten Brücke bei Durlach. Beide fühlten ihn, wenn er sie berührte, aber nur das Mädchen, welches in der Christnacht geboren war, sah ihn, wie es zuvor auch allein den Sack wahrgenommen hatte.

Noch andere schwarze Hunde, worunter ein gewaltiger mit feurigen Augen, spuken umher und verschwinden oft im Angesicht der Leute.

Bei der Halbwegsbrücke bot sich einmal ein weißes Pferd, das auch auf der Straße umgeht, einem Vorübergehenden gesattelt zum Aufsitzen an; es jagte aber, als er es besteigen wollte, windschnell davon, daß er der Länge nach zu Boden fiel.

Gegen Mitternacht war ein Schreiber von Gottesau mit geladenem Gewehr und zwei Bekannten auf den Weg gegangen, um diese zu überzeugen, daß es da keine Geister gebe. Als er einen Hasen jenseits am Landgraben sitzen sah, schlug er auf ihn an; allein die Flinte ging nicht los, und der Hase sprang mit einem Satze herüber ihm auf die rechte Schulter und über den Kopf, und war dann wie weggeblasen. Mit anderer Meinung über das Dasein von Gespenstern, machte sich der Schreiber nun eilig nach Hause.

Auch in Gestalt von Kühen, Kälbern, Schafen, Schweinen und Ratten sind schon vielmals Geister wahrgenommen worden. Einem Mann, welcher nach einer solchen Ratte schlug, sprang der Stock, sobald er sie berührte, in Stücke.

Quelle:
Bernhard Baader: Volkssagen aus dem Lande Baden und den angrenzenden Gegenden. Band 1, Karlsruhe 1851, S. 190-192.
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