119. Die Düwelskul bei Rostock.

[105] Auf dem großen Walle bei Rostock, zwischen dem Stein- und dem Kröpelinerthor, und zwar in der Nähe des letzteren, befindet sich die sogenannte Dreiwallsbastion. Der von dem obersten Walle derselben eingeschlossene innere Raum wird fast ganz von einer sehr tiefen und abschüssigen, D-förmigen Wassergrube eingenommen, die man gewöhnlich mit dem Namen ›Düwelskul‹ bezeichnet. Von dieser Grube erzählt man, daß hier vordem ein Schloß gestanden habe. Dies sei aber in Folge einer Verwünschung in die Erde versunken und so zugleich auch das Wasser entstanden. Von dem Schlosse wähnt man, daß es noch in der Tiefe stehe, doch so tief, daß die Thurmspitzen nicht über das Wasser hervorragen können. Das Dasein der letzteren sollen die Fischer jedesmal beim Fischen, was indeß selten dort geschieht, zu ihrem Schaden durch das Zerreißen ihrer Netze gewahr werden. Sonst erzählt man sich von dem Wasser noch, daß[105] es unergründlich sei, mit der Ostsee in unmittelbarer Verbindung stehe und nie an Menge abnehme. Jährlich einmal, so geht weiter die Sage, läßt sich auf dem Wasser eine silberne Schüssel und ein silberner Löffel sehen, und soll dies in der Mittagsstunde des Johannis- oder, wie Andere meinen, des Neujahrstages geschehen.

Ferner erzählt man sich in Rostock mit Bezug auf die genannte Grube Folgendes: Vor Jahren wurde einmal Rostock während eines Krieges von den Preußen bedroht und später auch genommen. Damals strotzten noch die Wälle der Stadt von prächtigen, schweren Kanonen. Um diese nun den Feinden nicht sämmtlich in die Hände fallen zu lassen, schob man die besten und brauchbarsten, und unter ihnen die berühmte ›lang' Greet‹, in diese Grube, wo sie noch liegen, weil spätere Versuche, sie wieder herauszufischen, mißglückt sind.

Wovon übrigens die mehrerwähnte Grube den Namen ›Düwelskul‹ bekommen, und ob derselbe mit dem Versinken des Schlosses etwas zu thun hat, oder ob er seine Entstehung den bei dieser Grube leider so häufig vorgekommenen Selbstmorden und Unglücksfällen verdankt, darüber verlautet nichts Gewisses.


A.C.F. Krohn bei Niederh. 3, 142 f.

Quelle:
Karl Bartsch: Sagen, Märchen und Gebräuche aus Meklenburg 1–2. Band 1, Wien 1879/80, S. 105-106.
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