317. Geldgraben auf dem Wenden-Kirchhofe bei Dömitz.

[243] Südöstlich von Dömitz, dort, wo jetzt die Kalkbrennerei liegt, war zur Zeit der Wenden der Ort, wo sie ihre Leichen begruben. Ein großer Schatz soll dort liegen, den der Teufel selbst bewacht, und vor mehreren Jahren machten sich mehrere Bürger von Dömitz daran, ihn zu heben.

Um Mitternacht, mit allen nöthigen Geräthen versehen, ging man an die Arbeit. Keiner durfte ein Wort reden. Bald wurde auch eine große Kiste gefunden, so schwer, daß Hebebäume angesetzt werden mußten, um sie emporzuschaffen. Schon war der Schatz einige Fuß emporgebracht, als plötzlich der Teufel herankam und mit großer[243] Schnelligkeit einen Galgen über der Grube erbaute. Im Nu war er oben auf dem Querbalken und befestigte dort einen langen Strick. Grinsend blickte er den einen Schatzgräber an und sagte zu ihm ›Hier sollst du, verdammter gelber Spitzbube, hinan.‹ Keiner antwortete. Nun verschwand der Teufel und sie arbeiteten emsig weiter; aber nach kurzer Zeit kam er wieder auf einem großen Frachtwagen, der statt von Pferden von vier Mäusen gezogen wurde. Da riefen die Männer ›Wat doch dei Düwel all deit!‹ In demselben Augenblick brachen die Hebebäume und die Geldkiste stürzte mit Krachen in die Tiefe. Die Grube, in welche der Schatz gefallen ist, kann man noch heute nicht weit von der Kalkbrennerei sehen.


Seminarist H. Offen; vgl. ›Die goldene Wiege im Kibitzberge bei Dömitz‹ von L. Kreutzer bei Niederh. 3, 115 f. Vgl. WS. 179.

Quelle:
Karl Bartsch: Sagen, Märchen und Gebräuche aus Meklenburg 1–2. Band 1, Wien 1879/80, S. 243-244.
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