357. Die Prinzessin im Buchenberge bei Warin.

[271] Wenn man auf dem Wege von Warin nach Blankenberg den Meilenzeiger hinter sich hat, sieht man links an den großen Blankenberger Tannen den Buchenberg liegen. Im Innern desselben ist ein verzaubertes Schloß, in welchem eine verwunschene Prinzessin wohnt. Alle sieben Jahre in der Johannisnacht zwischen 12 und 1 Uhr kommt sie aus dem Berge, trägt eine goldene Wassertracht und goldene Eimer und holt Wasser aus dem benachbarten Röbendik (Rübenteich). Ein Schäfer hatte ein Schaf verloren. Beim Suchen kommt er an den Röbendik und sieht die Prinzessin, die ihn flehentlich bittet, sie zu erlösen. Das könne nur geschehen, wenn ein unbefleckter Jüngling sie eine Stunde umfangen halte. Der Schäfer schlägt seine Arme um sie; sie bittet ihn, auch dann nicht loszulassen, wenn Schrecknisse und Gaukeleien ihm erschienen. Schon hat er dreiviertel Stunden ausgehalten, trotzdem ihm manches Unheimliche vor Augen gekommen, da fährt eine große Schlange züngelnd auf ihn, daß er erschrickt und sie fahren läßt. Sie weint und klagt, daß sie nun so lange verzaubert bleiben müsse, bis ein Jüngling herangewachsen, der in einer Wiege gewiegt sei, die man aus Brettern einer auf dem Berge aufgehenden Tanne gefertigt; dieser könne sie erlösen.

Ein Mann holte sich trockenes Holz vom Berge. Plötzlich vernimmt er eine klagende Musik. Endlich bemerkt er, daß die Töne aus dem Innern des Berges kommen.


G. Neumann; andere Aufzeichnung von Schweder, der jener Schluß fehlt; statt dessen: nachdem er die Prinzessin losgelassen, verschwindet sie und ward seitdem nicht mehr gesehen.

Quelle:
Karl Bartsch: Sagen, Märchen und Gebräuche aus Meklenburg 1–2. Band 1, Wien 1879/80, S. 271-272.
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