452. Die preußische Barmherzigkeit bei Wismar.

[334] Unweit des meklenburgischen Thores zu Wismar stehen neun riesige Linden, die preußische Barmherzigkeit von Jung und Alt genannt. Es hat damit aber folgende Bewandtniß. In einem Kriege soll Wismar hart von den Preußen belagert worden sein. Große Noth war in der Stadt und eine böse Krankheit ließ viele Einwohner in der Stadt sterben. Das einzige Mittel, welches die Aerzte verordneten, war ein Thee von Lindenblüthen. Die Preußen ließen aber alle Bäume, so vor der Stadt standen, umhauen. Da nun aber die Wismaraner in ihrer Noth den Feind um Schonung der gedachten Linden baten, war er barmherzig genug, der Bitte zu willfahren. Da nannte man die Linden von Stund' an die preußische Barmherzigkeit und also heißen sie auch bis auf den heutigen Tag.


Lehrer Struck in Waren, nach mündlicher Mittheilung.

Quelle:
Karl Bartsch: Sagen, Märchen und Gebräuche aus Meklenburg 1–2. Band 1, Wien 1879/80, S. 334.
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