491. Die verfluchte Kirchthurmuhr in Friedland.

[359] Vor Zeiten hat einmal ein Ritter von Lübbersdorf bei der Stadt Friedland Geld geliehen und versprochen, dasselbe an einem bestimmten Tage, vor Ablauf der zwölften Stunde, auf dem Rathhause zurückzuzahlen, widrigenfalls ein großer Theil seiner Aecker am sogenannten Immenhofe, die er der Stadt zum Pfande gesetzt, dieser gehören sollten. Am richtigen Tage hatte sich der Ritter mit dem Gelde auf den Weg gemacht. Wie ihn nun die Friedländer aus der Ferne heransprengen sahen, rückten sie die Kirchthurmuhr um eine Stunde vor, so daß, als der Ritter eben durchs Thor reiten wollte, die Glocke Zwölf schlug. Im Zorne sprach er einen derben Fluch[359] über die Uhr aus, die ihm so schweren Verlust brachte. Seit der Zeit geht die Uhr immer vor und alle Versuche, sie in Ordnung zu bringen, waren vergeblich. Die geschicktesten Uhrmacher von nah und fern vermochten sie nicht einmal zum Stillstehen zu bringen, sie lief immer ärger, bis man sich endlich entschloß, sie durch ein neues Werk zu ersetzen.


Niederh. 1, 77 ff.

Quelle:
Karl Bartsch: Sagen, Märchen und Gebräuche aus Meklenburg 1–2. Band 1, Wien 1879/80, S. 359-360.
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