592. Frau in Stein verwandelt.

[423] Nicht weit von der Stelle, wo jetzt das Körner-Denkmal steht, bei Rosenberg, liegt auf dem Felde ein Stein, der entfernte Aehnlichkeit hat mit einer auf den Knien liegenden jätenden Frau, deren Kopf mit einem Tuche umwickelt ist und auf deren Schulter sich ein Eindruck, wie von einem Pferdehuf befindet.

Von diesem Stein erzählt man, daß er einst ein Weib gewesen sei, welches recht gottlos war und sich gar nicht um Kirche und Gotteswort kümmerte. Sie saß an einem Sonntagmorgen auf dem Felde beim Flachsjäten. Als in dem benachbarten Kirchdorf Vietlübbe ein Zeichen mit der Glocke gegeben ward, um den Anfang der Predigt anzuzeigen, nahte ihr ein weißer Reiter auf einem weißen Roß und mahnte sie, ihrem gottlosen Treiben ein Ende zu machen und des Sonntags die Kirche zu besuchen. Die Frau achtet der Worte nicht und fährt ruhig fort in ihrer Arbeit. Aber jetzt ereilt sie das Verderben, denn als eben der weiße Reiter verschwunden ist und die letzten Töne der Glocken verhallt sind, kommt ein schwarzer Reiter auf schwarzem Roß und reitet über das Weib hin. Und von dem Augenblick an, wo des schwarzen Rosses Huf ihre Schulter traf, ist sie in Stein verwandelt.


Hilfsprediger Timmermann in Mummendorf, nach Mittheilung des Lehrers Rambow.

Quelle:
Karl Bartsch: Sagen, Märchen und Gebräuche aus Meklenburg 1–2. Band 1, Wien 1879/80, S. 423-424.
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