97. Das Quarr-Kind.

[89] Eine arme Frau genas eines schönen Kindleins; weil sie aber kein Oel im Hause hatte und die Nacht kein Licht brennen konnte, so vertauschten die Unterirdischen das noch ungetaufte Kind gegen eine alte erdgraue Quarre. Der unglücklichen Mutter rieth eine kluge Nachbarin, das ›Wickelwurm‹ mit in die Küche zu nehmen. Dort machte sie im Backofen ein großes Feuer, ein gleiches auf dem Herde, hing den Braukessel drüber, that Wasser hinein und ließ es sieden. Dann nahm sie ein Ei, hieb es mit einem Messer quer durch, nahm die eine Schalenhälfte (Dopp), machte an dem Boden derselben ein Löchlein, steckte ein passendes Brauzäpfchen mit einem Strohkränzchen hinein und hub an zu brauen. Da schlug das Quarrkind die Hände über dem Kopfe zusammen und rief ›Ich bin so alt‹ etc. Gleich darauf entwich es durch die Gosse, die Frau aber fand am andern Morgen ihr Kind in der Wiege wieder.


Lehrer Lübstorf, Raddenfort, Amt Dömitz.

Quelle:
Karl Bartsch: Sagen, Märchen und Gebräuche aus Meklenburg 1–2. Band 1, Wien 1879/80, S. 89.
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