8.

[7] Ein alter Mann erzählte, in früherer Zeit habe vom Sonnenberg (bei Diekhof) aus ›de Wauld treckt‹ nach Striesenow hinüber, er selbst habe als Knabe beim Holzsammeln in dieser Gegend diesen Lärm und das Hundegebell gehört, einmal Morgens, als es noch dunkel gewesen sei.

Zwei Jungens hüteten eines Abends Pferde in der Gegend des Sonnenberges und hatten sich Feuer angezündet, um sich Eier zu kochen, die sie ihrer Bauerfrau weggenommen hatten. Als sie hiermit beschäftigt sind, kommen zwei weißgekleidete junge Damen, welche, an den beiden Hirtenknaben vorübergehend, mit einander sprechen, während vom Sonnenberg her der Wauld hörbar wird. ›Hürst du wol, wo he jöcht?‹ sagt die Eine. ›Ja, dat hür ik wol,‹ sagt die Andere, ›æwer lat em man jagen, he hett sik noch nich wascht.‹ Und damit gehen sie weiter in die Nacht hinaus. Der Lärm der Jagd aber kommt näher und der ganze Zug hält bei den beiden Knaben an. ›He up en groten kalswarten Hingst un all de Hunnen bi em rüm, lütt un grot.‹ Er wendet sich an die beiden Knaben mit der Frage, ob sie nicht zwei Frauensleute gesehen hätten. Ja, sagen die, es seien kurz zuvor zwei an ihnen vorübergekommen, und auf die Frage, ob dieselben auch was gesagt hätten, erzählen die Hirten jenes Gespräch der beiden Damen. Er befiehlt darauf dem Einen, ihm ihren Topf mit Wasser zu füllen. Der geht mit dem Topf zum nahen Bache und bringt ihn ihm gefüllt und er wäscht sich darin;[7] darauf lärmt die Jagd wieder in der Richtung fort, welche die beiden Damen eingeschlagen haben. Nach Verlauf einer kurzen Zeit kommt die Jagd aber wieder zurück und hält bei den beiden Hirten wieder an. Quer über dem Hengste hängen, mit den Haaren zusammengebunden, die beiden Frauenzimmer. Er steigt darauf vom Pferde und befiehlt dem einen der Knaben, seinem Hengst den Beutel abzuschneiden; doch der Junge fürchtet sich vor dem großen schwarzen Thiere und will nicht, aber auf die Versicherung des Er, der Hengst thue ihm nichts, versucht es der Junge. Er sagt darauf zu dem Jungen: ›Wenn du to Hus kümmst, so smit dat, wat du in de Hand hest, ruhig in de Eck und beseih dat jo vör morgen nich.‹ Darauf zieht ›de Wauld‹ wieder ab, dem Sonnenberg zu. Der Knabe, zu Hause angekommen, wirft jenes Etwas unters Bett. Am folgenden Tage denkt er, was wohl daraus geworden sei, und holt es hervor. Da ist es lauter Geld, soviel Geld, daß er nicht mehr nöthig hat, zu dienen. Er geht mit dem Gelde zu seinem Vater im Dorfe, doch auch seinen Gefährten jener Nacht vergißt er nicht und schenkt ihm hundert Thaler davon.


L. Thilo.

Quelle:
Karl Bartsch: Sagen, Märchen und Gebräuche aus Meklenburg 1–2. Band 1, Wien 1879/80, S. 7-8.
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