1421.

[283] Vogelschießen am zweiten Pfingsttage war in allen meklenburgischen Städten althergebrachte Sitte. In Rostock ist es schon im fünfzehnten Jahrhunderte nachgewiesen, indem die 1466 gegründete Landfahrer-Krämercompagnie daselbst unter Anderem auch ein Vogelschießen hielt. Im siebzehnten Jahrhunderte feierten auch die sogenannten Stadtjunker und selbst die ›Gesellen‹ in der Pfingstwoche oder an dem folgenden Trinitatis-Sonntage gleiche Feste. In den kleineren Städten ward dasselbe wenigstens im Anfange des sechzehnten Jahrhunderts mit den Schützenzünften verbunden, wenn es nicht zu deren Gründung Veranlassung gegeben haben sollte. Der älteren Maigrafschaft finde ich nirgends weiter gedacht. Wichtig ist aber, daß der abzuschießende Vogel auch in Rostock als ein Papegoi bezeichnet wird; und eben so kommt in Brüel 1502 urkundlich ein ›Papegojenbom‹ vor. In einer Supplik der Schützenzunft zu Gadebusch vom Jahre 1707 heißt es, ohne Zweifel nach älteren Nachrichten in der Schützenlade, daß die Zunft schon vor mehr als hundert Jahren, ›als man noch mit stählern Bogen nach dem sogenannten Gojen geschossen‹, bestanden habe, und noch zu Franck's Zeiten war der Ausdruck ›Gojen-Schießen‹ im allgemeinen Gebrauche (Altes und Neues Meklenburg III, S. 24). Schon Nic. Gryse, welcher des Vogelschießens zu Pfingsten mehrmals gedenkt, leitet dasselbe, gleich Franck und Andern, aus dem Heidenthume ab, betrachtet dasselbe aber sonderbarer Weise als eine Verspottung des heiligen Geistes, indem er annimmt, daß der abgeschossene Vogel ursprünglich eine Taube gewesen sei. In späteren Zeiten war derselbe vielmehr allgemein ein Adler. Der Name Goje aber hatte sehr wahrscheinlich eine mythische Bedeutung.


Beyer in den Meklenb. Jahrb. 20, 196 f.

Quelle:
Karl Bartsch: Sagen, Märchen und Gebräuche aus Meklenburg 1–2. Band 2, Wien 1879/80, S. 283.
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