1603.

[331] Sieblaufen. Man nimmt ein von Verwandten geerbtes Sieb und stellt es auf den Rand hin. Dann spreizt man eine Erbscheere aus und sticht die Spitzen derselben so tief in den Rand des Siebes, daß man dasselbe daran tragen kann. Dann gehen zwei Personen verschiedenen Geschlechts (confirmirte) mit dem Sieb an einen völlig dunklen Ort, halten den Mittelfinger der rechten Hand unter den Ring der Scheere und heben so das Sieb auf. Sehr erklärlich gleitet bei der geringsten Bewegung der Ring vom Finger und das Sieb fällt nieder, weil man im Finstern nicht balanciren kann. Hierauf fragt die eine Person die andere »Im N.G.d.V. etc. frage ich dich, sage mir die Wahrheit und lüge nicht! Wer hat das etc. gestohlen? hat es Johann gethan? – Fritz? – Peter? – Beim Nennen des Verdächtigen gleitet der Ring ab, und das Sieb fällt nieder. Dann weiß man den Dieb.«


Meklenb. Jahrb. 5, 108.

Quelle:
Karl Bartsch: Sagen, Märchen und Gebräuche aus Meklenburg 1–2. Band 2, Wien 1879/80, S. 331.
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