De profundis clamavi.

[24] Du, die ich liebe, hör mich um dein Mitleid flehen,

Vom Grund der finstren Schlucht, in die mein Herz versank.

Voll Gram ist diese Welt, ihr Himmel bleich und krank,

Drin Schreck und Lästerung durch böses Dunkel wehen.


Ein kalter Sonnenball kreist dort sechs Monde lang,

Und die sechs andern deckt uns Nacht mit schwarzem Schilde.

Das Land ist nackter als des Nordpols Eisgefilde,

Nicht Bäche, Herden nicht, nicht Wald noch Wiesenhang.


Kein Grauen gibt es auf der Welt, das an die bleiche,

Erstarrte Grausamkeit der eisgen Sonne reiche,

Und an dies Dunkel, wie das Chaos uferlos.


Mich füllt mit heißem Neid der ärmsten Tiere Los,

Weil sie im stumpfen Schlaf vergessen Schmerz und Plage;

So langsam dreht sich ab die Spindel meiner Tage.

Quelle:
Baudelaire, Charles: Blumen des Bösen. Leipzig 1907, S. 24-25.
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Die Blumen des Bösen (Auswahl)
Die Blumen des Bösen
Les Fleurs du Mal /Die Blumen des Bösen: Franz. /Dt
Die Blumen des Bösen: Französisch/Deutsch
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