Die kranke Muse.

[8] Was, arme Muse, hast du diesen Morgen? sprich!

Noch bebt dein hohler Blick vom Traum, der dich bedrängte,

Abwechselnd breiten bleich auf deinem Antlitz sich

Wahnsinn und Schreck, der stumm und eisig dich beengte.


War es ein grüner Elf, ein rot Gespenst, das dich

Mit Liebe oder Furcht aus seiner Urne tränkte?

War es ein schwerer Traum, der herb und fürchterlich

In einem zaubrischen Minturnä dich versenkte?


Ich wollte, es enthaucht' den Duft gesunder Kraft

Dein Busen, der stets neu Gedanken formt und schafft,

Es flöss dein christlich Blut in Rhythmen auf und nieder.


Wie mannigfaltiges Getön antiker Lieder,

Da, wo mit Phöbus, dem die Sangkunst untertan,

Vereint, der Ernte Herr regiert, der große Pan.

Quelle:
Baudelaire, Charles: Blumen des Bösen. Leipzig 1907, S. 8-9.
Lizenz:
Ausgewählte Ausgaben von
Die Blumen des Bösen (Auswahl)
Die Blumen des Bösen
Les Fleurs du Mal /Die Blumen des Bösen: Franz. /Dt
Die Blumen des Bösen: Französisch/Deutsch
Les Fleurs du Mal / Die Blumen des Bösen: Französisch/Deutsch
Die Blumen des Bösen