Spleen.

[61] Der Regenmonat strömt, verfeindet allem Leben,

Aus seiner Urne Guß ein Dunkel frostergraut

Des Kirchhofs bleicher Schar im kalten Dämmerweben

Und Sterben auf die Stadt, in der der Nebel braut.


Es regt am Estrich sich in fröstelndem Erbeben

Die magre Katze, die nach einem Lager schaut,

Verstorbnen Dichters Geist fühl im Getropf ich schweben,

Mit eines irrenden Gespenstes Klagelaut.


Der dumpfe Brummbaß klagt, und rauchger Scheite Knistern

Eint seiner Fistel Ton der Wanduhr heisrem Flüstern,

Derweil im Kartenspiel, von schmutzgem Duft getränkt,


Der eklen Erbschaft einer wassersüchtgen Alten,

Sich leis Piquedame und Cœrbube unterhalten

Und einstgen Liebesglücks ihr Herz trübselig denkt.

Quelle:
Baudelaire, Charles: Blumen des Bösen. Leipzig 1907, S. 61-62.
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Die Blumen des Bösen (Auswahl)
Die Blumen des Bösen
Les Fleurs du Mal /Die Blumen des Bösen: Franz. /Dt
Die Blumen des Bösen: Französisch/Deutsch
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