Vorleben.

[12] Ich wohnte lange Zeit in weiten Säulengängen,

Um die vielfältger Glanz von Meeressonnen weht.

Mit hohen Pfeilern, stolz und voll von Majestät,

Sahn sie am Abend gleich basaltnen Grottenhängen.


Die Woge, drin das Bild der Himmel kommt und geht,

Verwob geheimnisreich in feierlichen Sängen

Den mächtigen Akkord von ihren reinen Klängen

In Abendgluten, die mein spiegelnd Aug erspäht.


Dort habe ich gelebt in stiller Wollust Lächeln,

In Wellen, in Azur, in flüssgen Glanz versenkt,

Mit nackten Sklaven, die von Wohlgeruch getränkt


Die Stirne mir gekühlt mit ihrer Palmen Fächeln,

Und deren einzig Tun sie nur vertiefen hieß

Mein weh Geheimnis, das mein Herz verschmachten ließ.

Quelle:
Baudelaire, Charles: Blumen des Bösen. Leipzig 1907, S. 12-13.
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Die Blumen des Bösen (Auswahl)
Die Blumen des Bösen
Les Fleurs du Mal /Die Blumen des Bösen: Franz. /Dt
Die Blumen des Bösen: Französisch/Deutsch
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