Capitul XXIII
Die vorige Frau wird von Vogibilis hinter einem Busch gehechelt

[61] Wir hätten uns noch weiter in diesem Hause umgesehen und zugleich auch das andere Teil dieses Gebäudes betrachtet, so nicht die ausgeschickten Diener wegen des Vogibilis wie die schnaufenden Wasserhunde zurückgelaufen gekommen und berichtet hätten, daß Vogibilis ohne Zweifel müsse vom Pferd gestürzet sein, weil sie solches ganz ledig in der Aue und zwar einen ziemlichen Weg von dem Spital angetroffen hatten. Hierauf eileten wir, dem guten Menschen zu helfen, und verließen die Narren für diesmal, so gern wir auch den übrigen Audienz geben wollen. Lorenz hinter der Wiesen war der erste, welcher dem Gaul entgegenlief. Als er aber nahe an eine Holunderstauden geriet, traf er den Herrn Vogibilis samt der Frau[61] an, welche wir ins Spital begleiten wollen, die er hinter derselben in unserm Absein abgestöbert hatte. »Gelt, Frau«, sagte er zu ihr, »das tut nicht so wehe, als wenn man ein Buch wider Euch ausgehen lässet. Es dulden auch solches Eure Männer viel lieber, und Ihr dürft kein großes Maulmachen darum anfangen.« »Ha«, sagte Lorenz, »Bruder, du hast recht getan. O, ins Narrenspital mit dergleichen Narren, die da böse werden, wenn man von ihren Weibern in den Büchern schreibet, aber wenn man sie auf eine andere Weise hechelt, da fragen sie nichts darnach. O, ihr Narren, ihr Narren, ihr sollet noch alle ins Spital, und ich will ein Logament für euch bestellen, das soll das Hörnerstüblein genennet werden, da gehört ihr hinein.« »Freilich«, sagte die Frau, »mein Mann hat's wohl öfter als dreizehnmal in einer Woche verdienet. Ach, Ihr Herren, helfet ja dazu, damit ihm Billigkeit und Recht widerfahre. Denn ich kann's am besten bezeugen, daß er ins Hörnerstüblein mit allem Fug und Grund kann gesperret werden.«

Zwischen diesem Gespräche kamen die andern auch darzu, und die Frau nahm uns denselben Abend wider unsern gefaßten Schluß mit sich auf das Schloß, allwo ihre Mitkonsortin innen war, und ich schäme mich hier billig, all diejenigen Sachen zu erzählen, die ich dieselbe Nacht gesehen habe. Morgens reiseten doch die zwei Frauen wieder in die Stadt und bekamen von ihren Männern noch den höchsten Dank und Lob, daß sie ihre Ehre so wacker und trefflich beschützet hätten. »Ha«, sagten ihre Männer, »wir haben Frauen, die sind ehren- und tugendfest (wie ein gefrorener Dreck). Sie beschützen ihre Ehre mit Leib- und Lebensgefahr und scheuen sich nicht, für ihre Redlichkeit zu sterben.« Aber die Narren wußten nicht, wie es mit ihnen unter der Holunderstauden und auf dem Schlosse zugegangen, sonst würden sie ihr benedicere bald in ein sauremus verwandelt haben.

Quelle:
Johann Beer: Das Narrenspital sowie Jucundi Jusundissimi Wunderliche Lebens-Beschreibung. Hamburg 1957, S. 61-62.
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Sämtliche Werke - Band 5. Weiber-Hächel, Jungfern-Hobel, Bestia Civitatis, Narren-Spital. Herausgegeben von Ferdinand van Ingen und Hans-Gert Roloff
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