Capitul XXVI
Herr Lorenz hält Hochzeit, und wie es auf solcher zugegangen

[64] Der Hochzeitstag wurde mit tausend Ergötzlichkeiten begangen. Man sah Unterschiedliche vom Adel, welche dieses Fest zu beziehen angekommen waren, samt unterschiedlichem Frauenzimmer, welches hin und wieder auf dem Schlosse tapfer abgestöbert wurde. Denn bei dergleichen Zusammenkünften gehet es nicht anders zu, und ich habe dergleichen Sachen wohl tausend gesehen, die mich noch ärgern, wenn ich daran gedenke.

Als man bei der Hochzeitstafel etwas lustiger wurde und der Wein die Hirnschale bestieg, fing Herr Lorenz seinem alten Gebrauch nach an, mit der Sauglocke zu läuten und überhaupt zu rülpsen. Die Braut wußte nicht, wie sie das verstehen sollte und wurde ganz entfärbet. Aber Lorenz fuhr fort und ließ spannlange Fürze, darob teils gelacht, teils geseufzet haben. So sehr ich nun meinen Herren in die Seite gestoßen, mit solchem Schnarrwerk bis zu einer andern Musik innezuhalten, hatte er sich doch so voll gesoffen, daß er allen diesen Vermahnungen kein Gehör geben konnte. »Ach«, sagte der Braut Mutter zu mir, »macht's dein Herr zu Haus auch so?« »Ja, Frau«, sagte ich, »das ist noch Kinderspiel, zu Haus scheißt er gar in die Hosen.« »O wehe«, sagte sie, »was hab ich getan, daß ich meine Tochter an einen solchen Unflat verheiratet habe.« »Frau Mutter«, sagte das Fräulein, »ich laufe von ihm, ehe der Winter herkommet, nun sehe ich erst, was mein Herr Bräutigam für ein ehrbarer Gesell ist.« Diese Worte hörte der trunkene Lorenz und »saprament«, sagte er, »wegen eines Furzes eine Ehescheidung anzufangen, das wäre wider die allgemeine Polizeiordnung gehandelt. Ha, was ist es denn mehr, daß ich so offenherzig bin, so siehet die Braut, daß ich fein vertreulich umgehe und nicht das geringste verhalte, was ich in Leib und Leben habe. Wenn's Euch eine Ehre ist, so laufet noch heut davon und gebt Eure Motiven bei dem Consistorio ein. Bei meiner Seelen, sie werden darüber zu lachen haben.« Damit nun diese Disputation nicht zu laut würde, stillete die Mutter alle vorgelaufene Fauten und sagte der Tochter in ein Ohr: »Liebes Kind, was willst du machen, dein seliger Vater hat's ebenso gekonnt, ja noch wohl ärger als dein Bräutigam tut. Die Gewohnheit ist in solchen Sachen das beste Mittel, sich zufrieden zu stellen, und wer mehr nimmt als eine Nase voll, das übrige ist ein Geiz und gedeihet nicht.« Aber es währte nicht so lang, so schiß Herr Lorenz gar in die Hosen. »Seht Ihr, Frau«, sagte ich zu der Alten von Adel, »daß es wahr ist, was ich Euch zuvor gesaget habe?« Damit wurde ein Aufstand, und die Diener brachten ihn in eine Kammer, da ihm ein Bad zu seiner Säuberung zubereitet wurde. O schöner Herr Bräutigam!

Quelle:
Johann Beer: Das Narrenspital sowie Jucundi Jusundissimi Wunderliche Lebens-Beschreibung. Hamburg 1957, S. 64-65.
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