Dritter Auftritt

[5] Wagner, Mariane.


MARIANE im herzlichem Ton. Willkommen, guter Wagner! Gerade Sie wünschte ich mir heute. Wenn man recht glücklich oder unglücklich ist, so sehnt man sich nach der Gesellschaft eines wahren Freundes, dem man sich mittheilen kann. O Wagner, das Glück ist etwas Erhabenes, etwas Göttliches! Es stärkt unsern Glauben an die Vorsehung; es erhebt unser Herz zu so dankbaren, innigen Empfindungen gegen den Geber, und lehrt so viel von der Zukunft hoffen.

WAGNER. Sehr wahr! Und diese Begleiter des Glücks haben mir immer noch reizender geschienen, als das Glück selbst. Es kann uns doch nur angenehme Empfindungen geben, und welche Empfindungen können angenehmer seyn, als jene?

MARIANE. Auch unser Glück an sich selbst ist groß. Ihnen kann ich ja alles sagen, Wagner! Wir sind nun reich, unserm Stande nach sehr reich. Wir können mit Ruhe auf unsere Kinder hinschauen, und brauchen nicht zu fürchten, daß sie ohne Erbtheil in die Welt hineingestoßen sind. Wir können nun selber alle Bequemlichkeiten des Lebens genießen,[5] und auch andern mittheilen, auch noch die leidende Menschheit erquicken.

WAGNER. Sehr viel, und man müßte ein eiskaltes Herz haben, wenn man nicht innig darüber erfreut seyn sollte.

MARIANE. Ich bin es auch, und mein Herz ist so wohlwollend gegen die Menschheit gestimmt, daß ich alles, alles glücklich machen möchte.

WAGNER. Das ist der gewöhnliche Einfluß des Glücks. Ich wünschte, daß ich Ihren Gatten auch in dieser Stimmung gefunden hätte.

MARIANE. Nun, war er nicht heiter?

WAGNER. Heiter wohl, vielleicht zu heiter. Es schien mir, als wenn das Glück ihn etwas übermüthig machte, etwas zu zuversichtlich, zu trotzend auf sein Schicksal.

MARIANE. O lassen Sie ihn! Wenn man eben den letzten Stachel aus seinem Herzen gerissen, und dafür so viele Blumen gefunden hat, so kann man leicht etwas übermüthig werden. Es wird sich legen, wenn er sich an den Gedanken seines neuen Glücks erst gewöhnt hat.[6]


Quelle:
Benkowitz, Karl Friedrich: Die Jubelfeier der Hölle, oder Faust der jüngere. Berlin 1801, S. 5-7.
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