Dreizehnter Auftritt

[105] Faust. Paulina.


FAUST. Ich komme zu dem, was ich auf der Welt allein noch habe, zu Ihnen, Paulina, mein Einziges, mein Alles, um eine Labung in der heißen Sandwüste zu finden, worin ich wandle. Sie verhüllt sich das Gesicht und weint. Was weint meine Paulina? Was ist ihr wiederfahren? Weinen Sie es aus an meinem Busen. Will sie umarmen.

PAULINA. Lassen Sie mich! das darf ich nicht zugeben.

FAUST. Hat die Liebe ihr heiliges Recht verloren?

PAULINA. Sie hat es; eine traurige Pflicht gebietet mir –

FAUST. Weh wir! Wohin deutet dies? O nein; meine Versprochene, meine verlobte Braut will mich nur prüfen, was ich sagen werde, wenn sie mich bange macht.

PAULINA. Wollte Gott, daß ich in diesem schrecklichen Augenblicke zu scherzen vermögte; nein Faust –

FAUST. O ja! Es ist Scherz! Paulina will die Todtenblässe nur sehen, die in mein Angesicht[105] hinaussteigt, will sich nur an dem Ausbruche der Verzweiflung weiden, die mein Inneres ergreift.

PAULINA weint heftiger. Verwunden Sie mein Herz nicht tiefer; ich vermag nicht zu helfen. Mein Vater will es, wir müssen –

FAUST. Um Gottes Barmherzigkeit willen sprich das Wort nicht aus, Mädchen! Es hängt mehr daran, als Dein Herz zu ahnen, als Dein Geist zu fassen vermag.

PAULINA. O mein Gott, was soll ich beginnen?

FAUST kniet nieder. Paulina, das Glück der Liebe ist groß, es wiegt alle Schätze der Erde auf, und bedarf nur wenig; folge ihm, folge Deinem Herzen!

PAULINA. Ach Gott, ich kann nicht, ich darf nicht!

FAUST. Paulina, in Deinen Mund ist ein großer Urtheilsspruch gelegt; er entscheidet nicht über die Zeit, sondern über die Ewigkeit. Raube dem Himmel keine Seele! Paulina, ich beschwöre Dich bei Deiner und meiner Seligkeit. –[106]


Quelle:
Benkowitz, Karl Friedrich: Die Jubelfeier der Hölle, oder Faust der jüngere. Berlin 1801, S. 105-107.
Lizenz:
Kategorien: