Siebenter Auftritt

[93] Ein Garten. Thedora, Moritz.


THEODORA. Das ist sehr bitter.

MORITZ. Es ziemt einem Mädchen nicht, immer nur vom Heirathen zu reden.

THEODORA. Auch dann nicht, wenn sie mit dem spricht, der ihr ewige Treue, ewige Liebe schwur? Auch dann nicht, wenn die Stimme der Natur, der Ehre, des Gewissens sie laut dazu anmahnt?

MORITZ. Ich weiß nicht, wie man so stark auf Heirath dringen kann! So etwas läßt sich nicht zwingen; vielleicht mit der Zeit.

THEODORA. Um Gotteswillen, wohin deutet dies schreckliche Vielleicht? Ist hier ein Vielleicht möglich? Moritz, Moritz, dies Wort stößt einen Dolch in mein Herz.

MORITZ. Was winselst Du doch über ein Wort, und was ist es denn weiter? Wir haben uns geliebt, wir haben uns genossen, müssen wir uns deshalb gleich heirathen?

THEODORA. Ewiger, Allmächtiger, was muß ich hören? Wankt und hält sich an einem Baum.[93] Ich kann nicht mehr! – Moritz, ich muß Dir alles sagen, auch wenn mein Mund und mein Herz sich laut dagegen empören; Moritz, höre das schreckliche Wort: ich bin Mutter, ich trage das Pfand unsrer Liebe –

MORITZ. Was? – Das ist nicht von mir, Dirne, Du hast es mit einem andern gehalten!

THEODORA auf die Knie sinkend. Um Gottes Barmherzigkeit willen tödte mich, Ungeheuer, aber mit Einem Stoß, nicht so langsam! Treuloser Bösewicht, mich hat nie ein andrer Mann berührt!

MORITZ. Schmähst Du noch, freches Geschöpf? Du machst es mir leicht, Dich zu verstoßen. Geh zu Deinem Vater, ehrlose Dirne, und sage ihm, der Sohn des Rochus hätte seine Lust mit Dir gebüßt, aber heirathen möchte er eine Geschändete nicht! Ab, Theodora stürzt mit einem Schrei auf das Angesicht nieder. Lisette kömmt ihr zu Hülfe herbeigelaufen. Der Vorhang vor dem Hintergrunde fällt.[94]


Quelle:
Benkowitz, Karl Friedrich: Die Jubelfeier der Hölle, oder Faust der jüngere. Berlin 1801, S. 93-95.
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