Vierter Auftritt

[165] Wagner, Xaver treten herein. Die Vorigen.


WAGNER. Die Versöhnung ist eilend zu Stande gekommen. Wohl! Wer glücklich leben will, muß nicht säumen es zu werden.

THEODORA. Habe ich mich nicht zu eilend hingegeben?

WAGNER. Das erste Mal allerdings, dies zweite Mal unter den Augen Deiner Mutter nicht; Moritz hat den Weg zu Dir durch uns gesucht.

THEODORA. O, jetzt ist es eine ganz andere Empfindung, an dem Halse meines Moritz zu hangen, jetzt, da meine Eltern es wissen.

MORITZ. Und wie glücklich fühle ich mich, da unsre Verbindung auf Tugend gegründet ist!

WAGNER. Wohl, daß Ihr glücklich seyd; aber hier ist noch ein Wesen, das glücklich zu seyn wünscht; unser Xaver.

XAVER. Ich will mich an dem Glücke meiner Eltern und meiner Schwester weiden.

WAGNER. Nein, Xaver, das reicht nicht hin, Dich auf immer glücklich zu machen; Du mußt eine Bestimmung suchen.[165]

XAVER. Ich schmachte darnach; aber bestimmen Sie für mich. Sie kennen mich.

WAGNER. Gut, mein Sohn, ich will es. Erlerne die Rechte, werde ein Verwalter der Gerechtigkeit. An der Erdengerechtigkeit ist noch unendlich viel zu bessern; verwalte sie schnell, menschlich, und nach dem Geiste der Gesetze!

XAVER. Sie haben in meiner Seele gelesen, mein Vater; dies war immer mein Wunsch.

MARIANE. Alle meine Theuren seh ich auf einem glücklichen Lebenspfade. Nur ein einziges Wesen unter denselben, geht auf einem einsamen, traurigen Wege.

WAGNER. Ich weiß, von wem Du redest.

MARIANE. Von wem könnte ich reden, als von dem unglücklichen Faust? Er ist fürchterlich verändert, und lebt, wie ein verscheuchter Nachtvogel. Sein alter Rudolph ist das einzige Wesen, das er um sich sieht.

WAGNER. Es ist ein schreckliches Schicksal, diesen einst so glücklichen Mann in einer solchen Tiefe des Elends zu sehen.

MARIANE. Paulina hat ihr Vermögen zurückgenommen, und niemand weiß, wovon er lebt. Sollte es nicht möglich seyn, ihn zum Wege des Glücks zurück zu führen?[166]

WAGNER. Wir wollen es versuchen. Auf, Kinder, wir wollen uns zusammen vereinigen, diesen Unglücklichen wieder glücklich zu machen, ihn wie der zu den sanften Freuden der Menschheit zurück zu führen!

ALLE. Ja, das wollen wir.

WAGNER. Es ist gewiß eine gute That. Laßt uns unsre Kräfte vereint aufbieten, ihm die Gefühle der Freundschaft und der Liebe wieder zu geben. Paulina wird uns beistehen.

MORITZ. Das wird sie; und sie vermag viel über ihn.

MARIANE. Jetzt kommt, meine Theuren; wir wollen ein kleines Mahl an einem Tage begehen, an welchem so manches Ungleiche ausgeglichen ward! Kommt, wir wollen uns mit einander freuen! Alle ab.[167]


Quelle:
Benkowitz, Karl Friedrich: Die Jubelfeier der Hölle, oder Faust der jüngere. Berlin 1801, S. 165-168.
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