[49] Nr. 18. Recitativ.
MEPHISTOPHELES tritt rasch auf.
Wie bin ich dieser Menschenmaske satt
Und überdrüssig dieser Erdenscholle,
Dem Tummelplatze matter Seelen –
Gleich muthlos für die Tugend, wie fürs Laster!
Ha, Faust, nur du vermochtest es,
Mir die Verbannung zu versüßen! –[49]
Dich für die Hölle zu gewinnen,
Das war der Preis für meine Rückkehr! –
Hohnlachend.
Kurzsicht'ger Thor! Du wolltest keck
Die ird'schen Schranken überspringen, –
Ein Gott sein unter Sterblichen,
Und Gutes schaffen – durch die Macht des Bösen.
Was sind nun deine Thaten?
Verderben deiner selbst und deiner Mitgeschöpfe!
Durch Uebermaß von ird'schen Gütern
Hast du der Sünde Viele zugeführt.
Verführer hast du streng gerichtet
Und dann die Opfer selbst verführt. –
Ha, frecher Heuchler! All dein Thun
War Wollust nur und Eitelkeit.
Du hofftest kühn, die Hölle zu besiegen
Und warst doch Sklave deiner Sinnlichkeit.
Noch schwelgst du unbewußt der nahen Stunde.
Wo deine Rechnung abgeschlossen wird.
So schwelg' dich denn noch einmal satt
Im wildentbrannten Sinnenrausche!
Doch sollst du jetzt schon im Genuß
Den Vorgeschmack der Hölle finden.
Sie giebt dir nichts umsonst,
Ihr Preis bist bald du selbst!
Arie.
Stille noch dies Wuthverlangen,
Bald geendet ist dein Lauf!
Meinen Zögling zu empfangen,
Hölle, schleuß die Thore auf!
Mit zufriedenem Lächeln.
Köstlich hab' ich sein gepflogen,
Wie sich's für den Meister schickt,[50]
Groß in Sünden ihn erzogen,
Hoch mit Frevel ihn geschmückt.
Meiner Lehren reiche Frucht
Ist der eitlen Lehre Sucht:
Uepp'ger Sinne Wust,
Ekle Thiereslust,
Schwacher Unschuld Trug,
Falscher Geisteslug,
Mordbefleckt mit Blut,
Der Verzweiflung Todeswuth!
Stille noch dies Wuthverlangen u. s. w.
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