Erste Scene

[27] Else. Suse. Friedel.


ELSE am Spinnrocken. Nun, Suse, Du hängst ja gewaltig den Kopf. Was fehlt Dir denn heute? Es ist ohnedem so traurig, wenn Rudolph nicht daheim ist, und wenn nun vollends Dein Plappermaul still steht, wird einem ja gar Zeit und Weile lang.

SUSE Garn abwindend. Mir ist nichts, Base, gar nichts.

ELSE. Wer's glaubt. Ich wollt's fast rathen –

FRIEDEL am Boden sitzend, ein großes Buch im Schooß, auf's Buch deutend. Mutter! Ist das der Wallenstein?

ELSE sieht in das Buch. Was fällt Dir ein, Friedel? Das ist der Kaiser Nero. Hat's Dir Dein Vater nicht oft genug gesagt?[27]

FRIEDEL schlägt auf das Buch. Nein, Mutter, der mit dem großen Bart und der spitzigen Mütze ist der Wallenstein, das muß ich wissen – Herrmann hat mir's gesagt.

ELSE gutmüthig. Nun, meinetwegen, liebes Herz, so mag's der Wallenstein sein. Der Herrmann hat mir alle Köpfe verdreht; der Jungfer hier, dem Friedel und den Gesellen, die nichts träumen als vom Reitersleben.

FRIEDEL. Ja, Mutter, ich werde auch ein Reitersmann. Der Vater bringt mir aus Linz einen hölzernen Gaul mit, er hat's gesagt.

ELSE. Ja, ja, mein Junge!

FRIEDEL. Aber, wo steckt denn der Herrmann? Kommt er denn nicht bald?

ELSE. Nein, mein Kind, er kommt gar nicht wieder, er ist nach seiner Heimath gewandert.

SUSE springt auf. Dacht ich's doch, der schlechte Mensch! Nein, das ist zum ärgern.

ELSE steht verwundert auf. Der schlechte Mensch! Suse! Was fällt Dir ein? Ich will nicht hoffen –?

SUSE halb weinerlich. Ja Base, schlecht ist's von ihm mich so anzuführen. Gestern versprach er mir, in zwei Tagen sollte ich Alles erfahren, was es für eine Bewandtniß mit ihm habe, woher er komme, wohin er gehe, kurz Alles, und nun läuft er fort,[28] und ich weiß nichts, und die Neugier bleibt ungestillt. Ach Base, wenn's mir nur nicht Schaden thut.

ELSE lachend. Ja, ja, da ist allerdings was zu fürchten. Pfui! Schäme Dich! Ein Mädchen in Deinen Jahren, und so neugierig sein. –

SUSE. Seid Ihr nie neugierig gewesen, Base?

ELSE stotternd. O ja – doch – zu Zeiten – aber so! –

SUSE. Na, so geht mir's auch – ich bin auch nur zu Zeiten neugierig, aber wenn ich nun einmal anfange, und dann nicht Alles genau erfahren kann, muß ich vor Aerger weinen, – wie mir's jetzt geschieht.

ELSE gutmüthig. Suse! Suse! Wenn Du nur aus Aerger weinst, ist's gut, aber, aber – ich denke, Du solltest heirathen, das wäre das Beste.

SUSE wie versteinert. Heirathen, Base? Das mein' ich auch; aber wen denn?

ELSE scherzend. Ja, das ist der Umstand. Der reiche Schneider Martin hat neulich auf dem Jahrmarkt um Dich geworben, der wäre keine üble Parthie.

SUSE erschrocken. Base, liebste Base! goldne Base! Um's Himmelswillen, das kann Euer Ernst nicht sein. Denkt nur, wie alt und häßlich er ist. Seine Nase glänzt wie Karfunkel, und drei Frauen hat er schon begraben.

ELSE. Was thut's? um so mehr wird er die vierte zu schätzen wissen.[29]

SUSE. Base, goldne Base, denkt doch nur, er hat vor vier Wochen die letzte Tochter verheirathet.

ELSE. Aber er ist reich, und Du wirst Frau Meisterin.

SUSE. Reich! Du lieber Himmel! Wie hat er's erworben? Mit Wucher und Sünde – der abscheuliche Mensch! Hat er nicht neulich der armen Wittwe das letzte Kalb genommen, weil sie die Trauerkleider für sich und die Würmer nicht sogleich bezahlen konnte? Nein Base, ehe ich auf solche Art Frau Meisterin werde, macht mich lieber – zur Frau Lehrburschin.

ELSE. Ei das wäre mir ein prächtiger Titel! Nun warte nur bis mein Mann kommt, der soll Dir den Kopf zurechtsetzen.

FRIEDEL der indessen mit dem Buche spielt. Suse hat Recht, daß sie keinen Schneider will, soll einen Reitersmann nehmen.

SUSE rasch. Wär' mir auch lieber, wenn ich nur schnell einen hätte.


Quelle:
Charlotte Birch-Pfeiffer: Gesammelte dramatische Werke, Band 9, Leipzig 1863, S. 27-30.
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