Sechste Scene

[12] Vorige. Julius von Gleisenburg.


JULIUS tritt rasch von rechts ein, er trägt einen schwarzen Sammetrock mit Schnüren, sehr elegant, eine rothe Mütze, einen[12] Schleppsäbel, Kanonenstiefel, ein Bändchen, schwarz-roth-gold, um den Hals, großen Bart und herabwallendes Haar. Da bin ich endlich!

EMMA fliegt auf ihn zu, bleibt aber auf halbem Wege stehen, schüchtern. Gottlob, Herr Julius, daß Sie kommen!

JULIUS sieht sie erstaunt an, sie zeigt auf Gustav, der sich nach links an den Tisch retirirte. Ah – Sie sind nicht allein? Wer ist der Herr? – Geht mit großen Schritten auf ihn los, barsch. Mit wem habe ich die Ehre –?

GUSTAV dem man ansieht, daß ihm nicht wohl zu Muthe ist. Bitte recht sehr – die Ehre ist ganz meinerseits!

JULIUS noch näher. Ihr Name?

GUSTAV wie oben. Gustav Rosenberg, zu dienen!

JULIUS. Ihr Charakter?

GUSTAV. Ich habe keinen; bis jetzt nur noch Commis auf dem Comtoir des Herrn Banquier Löwenthal, ergebenst aufzuwarten. Und wenn's erlaubt wäre, zu fragen, mit wem habe ich das Glück?

JULIUS humoristisch. Julius Krabbe von Namen, Studiosus Juris von Charakter, zu dienen! – Ihr Geschäft mit meiner hübschen Base?

GUSTAV für sich. Base? Wer's glaubt, zahlt 'nen Silbergroschen! Laut, sich zusammen nehmend. Ich habe gefragt, ob die Bell – Etage sei zu vermiethen; – und ich denke, das ist ein Geschäft, gegen das in der Portier-Loge selbst ein Vetter wie Sie nichts kann haben einzuwenden. –

JULIUS. Sie sind hier in der Wohnung der Frau Försterin Klammer, nicht in der Loge des Portiers, Deutet auf die Thür rechts. fragen Sie dort, Herr Rosenstrauch – Stock – Klotz – oder wie Sie sonst heißen![13]

GUSTAV höhnisch. Werde mir nehmen diese Freiheit, auch ohne Ihre gütige Erlaubniß, Herr Krabbe, »von Charakter Studiosus Juris« mich höflichst zu empfehlen! Vertraulich, sobald er an der Thür ist. Adieu, raizende Knospe, auf Wiedersehen! Er wirft ihr eine Kußhand zu und geht schnell rechts ab.


Quelle:
Charlotte Birch-Pfeiffer: Vatersorgen. Berlin 1849, S. 12-14.
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