Cap. XV.

[150] MOABITER HAUPTMAN.

Wir müssen heüt allsam verzagen

dieweyl der Hauptman ist erschlagen

Es ist kain ehr zerjagen hie.

AMORITER HAUPTMAN.

Lůg yedtlicher wie er im thü

Mit weeren / fliehen / wie er kan

sich soll fürsehen yederman

Der feind ligt uns schon auff dem hals

was bleibt / das wirt erwirget als.

MESECH.

Was thůstu hie du trewloß man.[150]

HEROLD.

Ach nemmend mich gefangen an

Ich will warlich bey meiner seel

mich bschneyden lon in Israel

Ich will auch allzyt ewren Gott

anbetten halten sein gebott.

MESECH.

Wolan du můst mein gfangner sin.

HEROLD.

Fürend mich nur gefangen hin.


So nun die Assirier in die flucht geschlagen seind /redt Ozias zů den Burgern in dem läger.


Es mag yetz spüren yederman

das Gott sein ehr wol retten kan

So er uns hett geholffen bald

hett wirs zů gmessen unserm gwalt

Nun künden wir yetz wissen wol

das man die ehr Gott geben sol

Dieweil nun Gott den sig hat geben

so hat er euch auch gen darneben

Die beüt / darumb so farend hin

was yeder gwindt ist sein gewin

Die Teychel richt man wider an

das man mög wider wasser han.


In dem fallen die Burger über die beüt.


BANERHERR.

Wir wöllends allsand tailen glich

wie uns gezympt fein brüderlich.[151]

OZIAS.

Herr Banerherr ich sich das gern

doch soll man mich ains betts gewern

Ich bger gantz nichts für mein Person

man soll nit unbegabet lon

Fraw Judith /

BANERHERR.

Man solls bgaben wol

für iren tau ir dienen sol

Als das zů Holofernis leib

gehörig ist / des theüre weib

Ist diser beüt / und ehren wert

Ir zympt wol helem / schilt und schwerdt.


In dem gond sy in die zelt / und tregt man mitten zů stäts auß dem läger in die Statt.


GNOSTER.

Der raißwag ist gar mächtig schwer.

PHYLAX.

Er ist vol gelts / er ist nit lehr.

GRYGORUS.

Der wadsack warlich bauset wol.

GNOSTER.

Ich main die Bulg sey guldin vol.


Ozias gat sampt dem Banerherren auß der zelt Holofernis / und tregt die beüt so Judith gehörig ist und ziehend in die Statt.
[152]

BANERHERR.

Was grossen gůts hond dise leüt

es ist nit seglich dise beüt

Die uns auff heüt zů gstanden ist

wir mögends kaum in Monats frist

Alssammen bringen in die statt

ob man schon sunst nichts zschaffen hatt

So man das allßsandt tailt geleich

die Burger werden allsand reich.


In dem so sy in die statt mit der beüt ziehen / blaßt man inen entgegen / und so sy hinein kommen seind / redt Ozias auff dem plan.


Wir haben reiche beüt erholt

von klaider klainet und von gold

Die wend wir allsand tailen gleich

darmit kain vortail hab der reich

Vor auß soll das Fraw Judith han

die mehr hat gschafft dann yederman

In werckhof tragends alles sand

darnach so lůgend seind ermandt

Das yedlicher dann gang zů hauß

und ziech den harnisch wider auß.

ANHYDRIA.

Nun grüß dich Gott mein liebe gspil.

HYDROPHILA.

Lon dir Gott recht / war stat dein wil.

ANHYDRIA.

Ich glaub der brunn sey wider kommen

den uns die feind vor hetten gnommen.[153]

HYDROPHILA.

Du sichst wol das ich wasser han.

ANHYDRIA.

Wir hond drumb zdancken kainem man

Die mann seind bleyger dann kain weib

Fraw Judith hatt ain helden leib

Sy hat mit irer manligkeit

uns weybern grosse ehr ein gleit.

HYDROPHILA.

Wir weiber haben fast die art

wann ainer ain glück widerfart

So wöll wir all tailhafftig sein

wir seind vor sehr undultig gsein

Das man sich zwer gern feind wolt stöllen

im glück wir yetz ain anders wöllen

Ja so man uns hett zwissen than

das Judith vor im sinn hat ghan

Wir hettend sy vermaledeyt

so sich zůtragen hat die zeyt

Das ir die sach gelungen hat

die mainung bey uns allen stat

Es sey gar herrlich ghrichtet auß

ich will gon wider haim zů hauß

Das wasser mag dir werden wol

der kast ist wider glauffen vol.

ANHYDRIA.

Gott sey gelobt daß wol ist gangen

nach wasser hab ich groß verlangen

Ich will gon übern brunnen hin

da füllen auch den kessel min.

PROMPTULUS.

Sich grüß dich Gott mein Misael.[154]

MISAEL.

Ey danck dir Gott mein lieber gsel

Mein Promptule was ist das gschray.

PROMPTULUS.

Man schwätzet hinfür allerlay

Mich kümmert aber gantz kain danth

allein das sey das vatterland

In allem friden wie vorhin.

MISAEL.

Drumb mög wir gůter dingen sin

Ja Promptule ich sag dir gwiß

ob ich schon von den vättern liß

Doch find ich kaum so herrlich that

als dein fraw yetz begangen hat

Das sy erschlagen hat den find

ist war / wir seind noch all baid kind

Auß kinden werden aber leüt

es wirt noch kommen wol die zeyt

Das wirt der gwalt und Regiment

noch kommen auch in unser hend

So mög wir ain exempel han

wie man die sach soll greiffen an.

PROMPTULUS.

Ich hab offt von den eltern ghört

das man durch beyspil werd gelert

Wir nemmen an dem alter zů

darumb so laß uns hon kain rhů

Laß uns auch nach der weyßhait stellen

das wir auch werden fürnem gsellen.

MISAEL.

Mein vatter gat zur thür herauß

wolauff wir wollen in dein hauß.


[155] In dem so zeücht Ozias auff / und sagt im der Amptman an / das der Priester von Hierusalem sey kommen.


Gnad Herr / ich thůn ewr weyßhait kund

das kommen ist auff dise stund

Der Priester von Hierusalem.

OZIAS.

Er kam sein lebtag nie so quem

Als eben heüt auff disen tag

lauff eyletz bald zů im / und sag

Das er von stundan zů uns kumb.

AMPTMAN ARCHIDEMIUS.

Ich will mich nit lang sehen umb.


In dem ziehen auch die andern Rhät auff / und spricht Ozias.


Ir Herren seind ir yetzund hie

der Amptman hat mir erst gsagt wie

Der Priester hieher kommen ist

erst yetzund an zů diser frist.

JOSEPH.

Secht zů er kumpt schon dorten har

und sunst mit im zway alten par.

OZIAS.

Ich wolt es wer fraw Judith hie

gond hin Herr Chambri raichend die.

CHAMBRI.

Ich hoff sy werde mit mir gon

sy werds nit underwegen lon[156]

Ich will zur klůgen heldin weyß

erbetten die mit allem fleyß

Ob sy allhieher mit mir kem

zum Priester von Hierusalem.

DER PRIESTER UND OZIAS umbfahen ainander.

Der lieb Gott hoch im himelreich

bstät euch in friden ewigkleich

Den er uns reichlich geben hat

durch sein erbarmung / durch sein gnad.

OZIAS.

Gott wöll uns den in ewigkait

verleyhen durch sein gütigkait

Was treibt euch hieher lieber Herr.

PRIESTER JOACHIM.

Die freüd / das rettet Gott sein ehr.

OZIAS um Priester / und den anderen alten.

Seind Gott willkumb ir Herren mein.

SIMEON ainer auß den Eltern.

Der frid Gots wöll stäts mit euch sein

Gott sey gelobt im höchsten thron

er wirt Israel nit verlon.

JUDAS ain anderer Alter.

Der frid den euch hat Gott gesandt

der bleib allweg in unserm land

Der frid bringt mir ain grosse freüd

und das ir seind in sicherheit.[157]

SACHAR ain anderer.

Ewr kummer bracht in Israel

den frummen allen grossen quel

Nun aber fröwt sich mengklich hoch

das von euch ist das schwäre joch.

ONIAS DER VIERDT.

Hierusalem die gantze statt

von ewret wegen trawret hatt

Jetz fröwet sy sich häfftigklich

das Gott mit euch so gnedigklich

Gehandlet hat in diser not

es můß den feinden sein ain spot

Vor Israel in ewigkait

das soll sein sollich dapfferkait

In ainem weybßbild / die da ist

in gferd für Jacobs samen ghrist.

PRIESTER JOACHIM.

Wa ist die theüre Ritterin

ich wolt bey allen trewen min

Die geren sehen sichbarleich.

EMANUEL.

Verziehend Herr sy kumpt geleich

Ozias hat sy bschicken lon

ich sich sy schon dort hieher gon.

SIMEON.

Ist das die zierd in Israel?

JUDAS.

Es ist warlich nie meiner seel

Mein lebtag gsein begierlicher

dann das man mich hat gsendet her.[158]

SACHAR.

Man findt kain zungen also klůg

die dise möge loben gnůg.

ONIAS.

Sy nem das lob im himelreich

kain lob auff erd ist ir geleich.


In dem so sy hinzů kumpt / empfacht sy der Priester mitt disen worten.


O Fraw du bist der ehren kron

nun grüß dich Gott im höchsten thron

Hierusalem dein tuget ziert

dein nam groß lob und preyß da fürt

Du bist ain freüd dem Israel

das durch dich ist auß ungefell

Erlöset worden Ritterleich

es ist kain weyb auff erd dir gleich

Dein hertz ist gsterckt mit tuget vil

deins lobs ist weder end noch zil

Gott hat begabt dein rainigkait

mit stercke und mit dapfferkait

Dieweil du keüschhait lieb hast ghan

hast gachtet nicht auff kainen man

Seyd das Manasses gstorben ist

ain raine witwe bliben bist

Darumb hat dich die hand Gotts gsterckt

das man an deiner tuget merckt

Dein lob das soltu ewig han

das niemandts gnůg außsprechen kan.

JUDITH.

Ach nain mein aller liebster Herr

man soll allain Gott gen die ehr.[159]

OZIAS.

Setzt euch ir lieben Herren mein

Fraw Judith setzt euch mitten ein.


So man gesessen ist.


Ir Herren nemmend an die hand

den pfelch so ir zů uns yetz hand

Endend ewer Legation

wir wöllend euch hie losen schon.

PRIESTER JOACHIM.

Ir Herren von Bethulia

und sonders ir fraw Judith da

Hierusalem die gantze statt

uns her zů euch gesendet hatt

Nach dem ir bottschafft hond gethan

den sig uns darinn wissen lan

Euch bsůchen auch in ewer freüd

wie vor Eliakim im leid

Euch tröstet hat / nach seinem stand

also seind wir zů euch yetz gsandt

wir bieten euch all freündtschafft an

zum besten sond irs nemmen an

Wir loben trewlich mit euch Gott

der von uns gwendt hat dise not

Darbey wöll wir euch gladen hon

ir sonds nit underwegen lon

Ja ich will euch hon hoch ermandt

das ir euch raingent allesandt

Erzaigent ewer danckbarkeit

so Gott der Herr an euch hat gleit

Und bringend ewer opffer reich

und opffernd das gar fleyssigkleich

Im glück die danckbarkait bey Gott

gilt mehr danns flehen in der not.[160]

OZIAS.

Ewr freündtschafft nemmen wir zů danck

wir wend uns auch nit saumen lanck

Das opffer wend wir bringen dar

und opffern das auff Gots altar

Darzů so hab wir hertzlich gern

das ir uns kommen seind zů ehrn

Wir hond ain handel an der hand

den wir ainhellig hond erkandt

Die beüt die wöll wir tailen gleich

darmit der arme und der reich

Zů kaim tail nichts zů klagen hab

in aller maß gleich auff und ab

Fraw Judith soll ain vortail han

sy ist kain fraw / sy ist ain man

So man die tuget bsehen wil

fraw / ir hond haben also vil

Als Holoferni dienet hat

zů seinem leib / es sey von wat

Von harnisch / und von klainetern

soll dienen als zů ewren ehrn

Der schilt und helem und das schwert

darmit sond ir von uns sein gehrt

Das nemmend an mit gnaigtem můt

wa wir mit unserm leib und gůt

Euch kündten dienen alle zit

wolt wir uns warlich saumen nit.

JUDITH.

Die ehr so man mir bweysen wil

der ist warlich gantz vil zů vil

Doch will ich das verachten nitt

ja / es ist an euch hie mein bitt

Das nit werd in vergeß gestelt

der Gott / so gnedig ob uns helt[161]

Ich bin ain armes Instrument

durch das die sach Gott hat volendt

Ich waiß wol das ich nit bin werdt

das ich der maß von euch werd gehrt

Den syg den haben wir von Gott

dem will ich das on allen spott

Auffhencken gen Hierusalem

das / so ain frembder dahin kem

Möcht wol auß disem nemmen acht

das all ding stünd in Gottes macht

Du Promptule / du nymb das hin

die ehr soll Gottes Herren sin.

OZIAS.

Eliakim mein lieber Herr

wir wend fraw Judith thůn die ehr

Wir wend sy glaiten in ir hauß.

CALLIOPIUS.

Wolan es ist das spyl yetz auß.


Nun fürt der gantz rhat sampt der Legation von Hierusalem Judith zů hauß / darzů blaßt man zů ainer herrligkait / und tregt Promptulus sampt zwayen zůgebnen die gab voran / unnd gat der Priester und Ozias neben ir / und fürt darnach ye ain Rhatsgnoß ain gast.


Quelle:
Sixt Birck: Sämtliche Dramen. 3 Bände, Band 2, Berlin und New Yorck 1976, S. 150-162.
Lizenz:
Kategorien:

Buchempfehlung

Ebner-Eschenbach, Marie von

Ein Spätgeborner / Die Freiherren von Gemperlein. Zwei Erzählungen

Ein Spätgeborner / Die Freiherren von Gemperlein. Zwei Erzählungen

Die beiden »Freiherren von Gemperlein« machen reichlich komplizierte Pläne, in den Stand der Ehe zu treten und verlieben sich schließlich beide in dieselbe Frau, die zu allem Überfluss auch noch verheiratet ist. Die 1875 erschienene Künstlernovelle »Ein Spätgeborener« ist der erste Prosatext mit dem die Autorin jedenfalls eine gewisse Öffentlichkeit erreicht.

78 Seiten, 5.80 Euro

Im Buch blättern
Ansehen bei Amazon

Buchempfehlung

Geschichten aus dem Biedermeier III. Neun weitere Erzählungen

Geschichten aus dem Biedermeier III. Neun weitere Erzählungen

Biedermeier - das klingt in heutigen Ohren nach langweiligem Spießertum, nach geschmacklosen rosa Teetässchen in Wohnzimmern, die aussehen wie Puppenstuben und in denen es irgendwie nach »Omma« riecht. Zu Recht. Aber nicht nur. Biedermeier ist auch die Zeit einer zarten Literatur der Flucht ins Idyll, des Rückzuges ins private Glück und der Tugenden. Die Menschen im Europa nach Napoleon hatten die Nase voll von großen neuen Ideen, das aufstrebende Bürgertum forderte und entwickelte eine eigene Kunst und Kultur für sich, die unabhängig von feudaler Großmannssucht bestehen sollte. Für den dritten Band hat Michael Holzinger neun weitere Meistererzählungen aus dem Biedermeier zusammengefasst.

444 Seiten, 19.80 Euro

Ansehen bei Amazon