Morgen-Lied

[92] Nach der Singweise: Ach Gott! und Herr!


1.

HERR! gib Gehör!

Dir geb ich Ehr

In dieser Morgenstunde.

Der Liebe Läng,

Der Gnaden Mäng

Rühm ich mit Herz und Munde.


2.

Mein Lebenlang

Ein Freud-Gesang

Auf meiner Zung erklinge,

Der deine Güt,

Die mich behütt,

Mit Lob und Dank besinge.
[92]

3.

Dank sey dir, Gott,

Daß du zuspott

Der Feinde böse Tücke

Heut hast gemacht,

In dieser Nacht

Zerrissen ihre Stricke.


4.

Wolst alsofort,

O liebster Hort!

Mich diesen Tag behüten

Vor Sünd und Schand,

Vor hartem Stand

Und vor der Feinde Wüten.


5.

Ach laß mir heut

Aus Gütigkeit

Fleisch, Höll und Welt nit schaden.

Vergiß der Schuld,

Erzeig mir Huld:

Du wollest mich begnaden.


6.

Weil Jesus Christ

Gestorben ist

Von wegen meiner Sünden,

Bin ich erlöst,

Das glaub ich fest:

Drüm werd ich Gnade finden.


7.

Ach nimm in Hut

Leib, Seel und Gut:

Es sey dir übergeben

Mein Will' und Raht,

Wort, Werk und That,

Mein ganzes Seyn und Leben.


8.

Dein Engel Schutz

Sey heut mein Trutz,

Wann mir die Feinde stellen.

O Gott! auf dich

Verlass ich mich:

Es soll mich keiner fällen.


9.

Gib täglichs Brod

Und was ist noht

Zu meinem schwachen Leben.

Gib Kraft und Stärk

Zu meinem Werk,

Das du mir untergeben.


10.

Ich bin dein Kind:

Viel Mittel sind

Bey dir, mich zuerhalten.

Herr! wie du wilt:

Hierauf stäts zielt

Mein Sinn. Dich lass ich walten.


Quelle:
A. Fischer / W. Tümpel: Das deutsche evangelische Kirchenlied des 17. Jahrhunderts, Band 5, Hildesheim 1964, S. 92-93.
Lizenz:
Kategorien:

Buchempfehlung

Schnitzler, Arthur

Der Weg ins Freie. Roman

Der Weg ins Freie. Roman

Schnitzlers erster Roman galt seinen Zeitgenossen als skandalöse Indiskretion über das Wiener Gesellschaftsleben. Die Geschichte des Baron Georg von Wergenthin und der aus kleinbürgerlichem Milieu stammenden Anna Rosner zeichnet ein differenziertes, beziehungsreich gespiegeltes Bild der Belle Époque. Der Weg ins Freie ist einerseits Georgs zielloser Wunsch nach Freiheit von Verantwortung gegenüber Anna und andererseits die Frage des gesellschaftlichen Aufbruchs in das 20. Jahrhundert.

286 Seiten, 12.80 Euro

Im Buch blättern
Ansehen bei Amazon

Buchempfehlung

Große Erzählungen der Frühromantik

Große Erzählungen der Frühromantik

1799 schreibt Novalis seinen Heinrich von Ofterdingen und schafft mit der blauen Blume, nach der der Jüngling sich sehnt, das Symbol einer der wirkungsmächtigsten Epochen unseres Kulturkreises. Ricarda Huch wird dazu viel später bemerken: »Die blaue Blume ist aber das, was jeder sucht, ohne es selbst zu wissen, nenne man es nun Gott, Ewigkeit oder Liebe.« Diese und fünf weitere große Erzählungen der Frühromantik hat Michael Holzinger für diese Leseausgabe ausgewählt.

396 Seiten, 19.80 Euro

Ansehen bei Amazon