106. Schatz und Schlüsselfräulein im Flochberg.

[77] Mündlich.


Im Jahre 1648 vom 5. bis 15. April ging durch schwedisches Geschütz die stattliche Veste Flochberg im Ries in Rauch auf; mit allen Ringmauern, Thürmen und Gebäuden wurde es in den jetzigen Schutthaufen verwandelt. Die Sage sezt unter die Trümmer in den Berg einen großen Schatz, den ein schönes »Schlüsselfräulein« bewacht und ihn oft zu heben Gelegenheit gab vor Zeiten. Von den Ruinen herab erschien dieses Fräulein oft unten am Berge in Gestalt einer Beschließerin, mit einem großen Bund Schlüssel behangen, um die Vorübergehenden freundlich einzuladen, ihr durch Erhebung eines Schatzes, den ein fürchterlich großer und bellender Hund bewache, zur Ruhe im Tode zu verhelfen. Aber die Mutigsten, die ihr folgten, konnten die bloße stille Herzhaftigkeit im Zugreifen, die vom Hunde allein erlöse, nicht über sich bringen. Die Höllenbestie sezte Jeden so in Angst, daß er gleich laut aufschrie. So verschwand denn allemal Schatz sammt Hund und Schlüsselfräulein. Schön Schlüsselfräulein ist heutzutage noch nicht erlöst, wartet und hofft noch immer61.

61

Schambach und Müller, nieders. Sagen S. 14 (2). B. Baader, 2. Abthlg. Nr. 104. 140. 138.

Quelle:
Anton Birlinger/ M. R. Buck: Sagen, Märchen und Aberglauben. Freiburg im Breisgau 1861, S. 77.
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