440. Das Begräbniß, »die Leicht«.

[280] Die Leiche wird, wie kirchlicher Brauch, vor das Haus getragen und dort eingesegnet, alsdann heben Kameraden oder Anverwandte des Verstorbenen, oder auch gute Nachbarn, die Bahre auf den »Schragen«, um sie auf den Kirchhof zu tragen. Aus der Schwere der Leiche machen sie allerlei Schlüsse. Geht man vom Hause mit der Leiche hinweg, müssen die Angehörigen und »Freund« pflichtmäßig sehr vernehmlich weinen, ebenso wenn man den Todten auf dem Kirchhof hinstellt, und drittens endlich, während man denselben einscharrt. Man sieht sehr darauf, daß man sich bei dieser Klage bemerklich macht.

Die Leicht selbst, d.h. der Leichenzug, wird von den Kindern eröffnet, dann kommt die Leiche und der Geistliche, hinterher die »Leidleute«, je eine Person hinter der andern, die übrigen Männer, welche nicht nahe oder gar nicht verwandt sind, gehen Paar und Paar hinten drein. Ebenso ist's beim Zug der Weiber, wo sich »die Leidleut« durch klägliches Weinen und durch obligates Schnäuzen in den Schurzzipfel auszeichnen.

Nach dem Begräbniß hält man das Seelenamt, wo bei Wohlhabenden zwei, drei benachbarte Geistliche dabei sind. Am Schluß des Gottesdienstes geht Alles, was irgend für den Verstorbenen fühlt, »z'Opfer« um den Opferstock oder Altar und wirft einen Pfennig auf den Teller. Zu Hause wird am gleichen Tag »das Leichtessen« gegeben, welches grad so gut ein Leichentrinken genannt werden könnte. Allein der sog. »Leichentrunk« wird erst nach Verfluß von vier Wochen im Hause des Verstorbenen gehalten, wobei nur die[281] mitzechen dürfen, welche diese ganze Zeit hindurch allabendlich im Hause des Verstorbenen einen Rosenkranz mitbeten halfen. Geht der »Trunk« um Mitternacht auseinander, bekommt der Kleine seine Groschen und jeder Erwachsene seinen Sechser241.

241

Diese Nummer ist aus dem II. Bd. des »Volksthümlichen« herübergenommen, der bessern Aufeinanderfolge und des leichtern Uebergangs wegen. Zudem knüpft sich vielerlei Glauben an Leichenbegängnisse.

Quelle:
Anton Birlinger/ M. R. Buck: Sagen, Märchen und Aberglauben. Freiburg im Breisgau 1861, S. 280-282.
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