99. Charsamstagsfeuer.

[78] Auf der katholischen Alb wird das Charsamstagsfeuer auf dem Feuerstein geschlagen, der Zunder in einen Wisch Stroh gelegt und geschwungen. Brennt es, so werden alle Kirchhofkreuzlein herbeigeschleppt, sowie Bretter von Särgen und sonstiges Holz vom Kirchhofe. Kohlen werden mitgenommen (oft will man nicht gesehen werden etc.), in Ställe gelegt, was besondere Wirkung haben soll15.

15

Es ist schwer, des Ritus Ursprung, das »neue Feuer« zu segnen, zu entdecken. Vielleicht ist er aus der alten Feier der an diesem Tage üblichen Nachtvigilien entstanden; vielleicht hat die Wundergeschichte am hl. Grabe zu Jerusalem zu diesem Ritus die erste Veranlassung gegeben; vielleicht wollte der mystische Sinn des Mittelalters das Feuer mit dem Wasser nach Matth. 3, 11., Luc. 3, 16. bei der Taufe verbinden. Gewiß ist es, daß zur Zeit des hl. Bonifazius dieser Ritus in einigen Kirchen Deutschlands und Frankreichs bekannt, in Rom dagegen noch unbekannt war. Dies erhellt aus dem Antwortschreiben des Papstes Zacharias an Bonifazius: »De igne paschali etc. ignis per sacerdotem renovabitur. De crystallis autem nullam habemus mentionem.« Epist 12 ad Bonifac. – Unter Leo IV. scheint Rom jedoch diesen Ritus angenommen zu haben; denn in der Homilie dieses Papstes wird gesagt: In sabbato paschae, extincto veteri novus ignis benedicatur et per populum dividatur et aqua similiter. – Die spätern römischen Ordines zeigen denselben auch an. Der Ordo X., den Mabillon in das 11. Jahrh. sezt, fängt am Charsamstage mit der Setzung des neuen Feuers an: Hora sexta conveniunt omnes ad ecclesiam excurso novo igne de crystallo, sive de lapide, unde vereus debet etc. – Nach dem Codex Ratoldus heißt es: Jubat adquiri novum ignem cum ampulla a sole illuminatum sive a sillice excursum. (Binterim V. 1. S. 214-15.)

Quelle:
Birlinger, Anton: Sitten und Gebräuche. Freiburg im Breisgau 1862, S. 78.
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