395. Der Letzetrunk194.

[437] Auf dem ganzen Heuberg ist der »Letzetrunk« eine sehr beliebte Feier, und man freut sich den ganzen Winter recht darauf. Am Abend des Stephanstages kommen alle Manns- und Weibsleute da in dem Hause zusammen, wo sie den Winter über in die Hohstube hingingen. Teils[437] sind es blos Weibsleute, blos Mannsleute, meistens aber gemischt. In der Regel lediges Volk. Da wird gebraten und gebacken, Bier herbeigeschafft, weißes Brod aufgetischt, das sonst eine Seltenheit hier ist. Da ist's Allen ganz wuselig wol; zulezt kommt noch der Kaffee, bei dem sich's Alles recht weidlich zu guter Lezt schmecken läßt.

In Spaichingen ist der Letzetrunk am Neujahr.

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Die »Letz«, Ergötzung durch Essen, Trinken, Tanzen etc., die man einem Scheidenden bereitet; dann = Abschidsgeschenk überhaupt. »Zu guter Lezt«, eine volkstüml. Anlehnung von »Letze« an »lezt, zulezt.« In der Blaubeurer Klosterordg. v. 1558 kommt »Letze« oft = »Belohnung« vor. Reysch. Stat. R.S. 332. 334 etc. Vgl. auch Schmell. II. 529. Schmid 355.

Quelle:
Birlinger, Anton: Sitten und Gebräuche. Freiburg im Breisgau 1862, S. 437-438.
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