Das IIII. Capitul.

Von dem Propheceien / oder Gottes Warsagungen vnd andern Göttlichen Mittelen / verborgene sachen vorzuwissen vnd Weißzusagen.

[25] Die Griechen nennen einen Vor oder Warsager Manten, vom Wörtlein Manteia, welches eine Vorsagung oder Vormanung heisset: (Darmit beinach daß Teutsch Wort Manen vber ein stimmt / als ob die Mante weren / die eins oder von etwas Mantē eh es geschicht) Dieweil aber solche Geistvermessene Leut gemeinlich voll arglist vnn lugen oder Mendatiorum vnnd Menterie stecken / daher haben villeicht die Latiner vnd Frantzosen anlaß genommen / einen Betrieger vnd einen Lucken vnwarhafften Mann / der eitele Lugenträumt vnd Mensongiert, einen Mendacem vnnd Menteur, das ist / ein Lugner / der eben leugt wie ein Vorsager / zunennen.293 Die Latiner nennen einen Vorkůnder zukünfftiger ding / Diuinum einen Göttlichen oder heiligen Menschen / mit einem zu viel hohen vermessenen Namen / der für die Zauberischen Vorsager zu gut ist: Dieweil er den Propheten baß zustehet.[294] (Die Teutschen nennens Weissagen vnd Warsagen / dieweil man sagen soll was War ist /vnnd was man eigentlich vor für gewiß weiß: Darumb hieß es bei den alten / Gwißsagen / oder Sächßisch /Witsagen / nach dem Spruch / Was wir wissen oder witen / das zeugen wir) Aber weil sie fůr Weißheit vnnd weiß / mehrtheils schwartz sagten / bekamē sie den Namen Schwartzkůnstler: Oder villeicht von dem Mönch Bechthold Schwartz / welcher das Teuffelisch / Mörderisch / vnmännisch geschütz erfunden. Etlich meinen sie heissen Weissager / gleich wie zu Latin Diuini, nemlich von dem wie sie sein solten / vnnd wie sie gehalten worden / daß sie als wissende / erleuchte weise Leut / weißheit vnd was wissenhafft wer / solten vorsagen.)

Das vorgedacht Wort Manteia aber / ziehen etliche her von Maneia, welches Sinn verruckung / Monsucht oder Vnsinnigkeit heisset: Dieweil die Vorsager /wann sie von der Dobsucht verzaubert vnd vom Bösen Geist eingenommen worden / mehrtheils raseten / wütheten vnd gleichsam Fallensůchtig worden.295 Ja die Priesterin des fürnembsten Warsager Geists Apollinis genant Pythias oder Pythonissa (vom Bitten / weil man Rhat bei jhr pflegt zuerbetten / vnd vom Wůten / weil sie wütend jhren Rhat bietet) kondt nicht Vorsagen / sie war dann tobend / Wůtig vnnd besessen. Daher die hinfallend Sucht oder Sant Valentins Plag / oder Sant Johanns Vbel / zu Laein Sacer Morbus vnnd Lues Deifica, das ist / die Heilig Kranckheit / oder das Heiligmachend vbel ist genandt worden / dieweil die Zauberey übenden vnd verzuckten Vorsager / sich eben wie die Vallendssüchtigen anstellen (Darumb auch etliche Zaggläubige gemeint /solche Kranckheit werd von den Göttern oder Heiligen / den Leuten zugeschickt / vnd darumb sey sie auch mehrer Ehren vnnd Barmhertzigkeit würdig: Gleich wie man auch andere Kranckheiten deßhalben den Heiligen zugeschriben / als dem Sant Veit / den Sant Veitz Dantz / das Glockfewr / oder Rotlauff /oder die Brennend Raach / dem Sant Anthonio / vnnd darumb auch Sacrum Ignem, das ist / das Heilig Fewr / oder / Sant Anthonis Fewr genandt: Gleich wie auch die Feigwartzen heissen / Sanct Fiackers Leiden / die Pestilentz / Sant Sebastians Blatern / der Tropff / Sant Eutropij Schlag / das Podagram / S. Genowwee / der Gehe Todt / S. Christoffs end / Böß Brüst / S. Agathe Buß / der Grind / S. Rochus rach / d' Stein.296 S. Liborius[26] lieb / das Grimmen / S. Erasmus darin / die bösen Augen / S. Otilien träher die Schwermůtigkeit S. Maturins vnmut / der Hundsbiß S. Humprechts straff / die Gicht / S. Wolffgangs geschick Ruckenwee / S. Lorentz demut / das Zäpfflinfallen S. Blasius vnfug / das Fieber S. Petronells hitz / der Ritten S. Martins schauder / das Zanwee / S. Apollonien fluß /der Husten / S. Quintins wust die Frantzosen oder die Spanisch sucht / S. Jobs leiden / etc.)297 Wiewol das obgedacht Heilig vbel etliche gelehrte deßhalbē fůr Heilig dargebē / weil es in dem Haupt / welches der Seelen geheiligt vnnd sacrirt wonung heisset / pflegt zuentstehn.

Das Jüdisch Volck gab am ersten den Warsagern den Namen Videntes, oder Speculatores, die Seher oder Schawenden: Gleich wie König Saul / als er298 seine Eselin verloren / einen Schawer oder Seher sucht / der jm daruon kundtschafft sagte / da sagt man jhm / Samuel wer ein Seher: da begert er einen viertheil eins halben Seckels von seinem Gefährten / dem Seher (oder / wie er jhn sonst weiters nennet / dem Mann Gottes / welches sich beinah auff Diuinum reimet) zugeben: Vnd als er den Samuel fragt / ob er ein Seher wer: Da antwort jm Samuel / Ja er wer ein Seher.299 Dann (spricht der Text) Die Sehenden hiessen noch nicht Nebijm / das ist / Propheten. Welchs wort von Naba kompt.300 Welchs schier allzeit in Coniugatione passiua ist / anzuzeigen / das die Warhafft Vorsagung von Gott empfangen werde.

Belangend aber das wort Prophetia, welchs Griechisch ist / heißt es inn seinem Verstand Vorsagung: es geschehe nun in bösem oder in gutem.

Vnd dann forter berhůrend die jenigen / so wir Hexen vnnd Hexenmeister nennen / welche Půlfferlein / Salben vnnd Schmär brauchen / nandten die Alten vnd selbst Aristoteles dieselbigen auff jhre gewonliche Sprach /1. ὅι περὶ τῆς φαρμακείας, das ist / die mit Gifftgeköch oder Zaubergemäch vmbgehn / vnd die Hexin oder Zauberin oder Weckerin Pharmakides oder φαρμᾳκεύτριας.301 Inn massen zusehen im vj. Buch / am 18, Cap. vnd im 9. Buch / am 17. Cap. der Historien von den Thieren: Allda er vnter anderm meldung thut / das die Zauberin vnnd Hexen sich zu jhrer vnkunst auch mit dem Hippomanes behelffen.

(Hippomanes heißt zwar Hengstwut / aber was es eigentlich sey / das steht noch heutigs tags im zweiffel: Dann etlich schreiben / es sey ein stůcklein Fleisch / welchs den Jungen Fůllen an der Stirnen wachs / etlich sagen auff der Zungen / etlich inn den Lenden / zwischen dem geschröt / welches jr Miltz soll sein / vngefährlich so groß als ein dürre Feigen: vnd so bald die Stut gefolet hat / so beißt sie es hinweg vnnd verschlinds: Vnnd so sich etwann begeb /daß man zuuor dem Fůllen solchs hinweg neme / so laß die Stut solchs Füllen nit mehr saugen / sondern wend alle lieb von jhm ab.302 Ja etlich schreiben /wann es dem Fůllen nicht genommen würde / so würde es vor geilheit schellig / wůtig vnd vnbändig. Etlich haltens fůr ein Gifftartig feuchtigkeit / die auß der Stuten Geylin fleußt / wann sie brünstig ist: welche / wann man sie auffangt / vnnd es einem Hengst fůrhält / oder sprengt jhme das futer darmit / so wird er hefftig zum sprung gereitzt: vnnd wanns dem Menschen inn Leib kompt / so macht jhn liebwürig / vnnd Viechisch brünstig: Dann es ist so seltzam / das mans auch nirgends einfassen kan / dann in ein Stuthuf. Darumb helt mans für Vnholdenwerck. Etlich aber halten diß vom Miltz / das es auff der Zungen / oder zwischen dem Geschröt / oder an der Stirnen wachs /für tandmären / vnd meinen es sey ein Kraut / welchs Hengsttobigkeit heisse / vnnd die Pferd / wann sie es essen / gedachter gestalt tobend macht.303 Es sey nun was es wölle / die vngewißheit zeugt genug / das nit vil wars daran sey. Wie dann die Zauberer vnd Hexen gern / gleich wie jhr Meister / mit solchē eingebildten fantaseien vmbgehn (wie im Alraun vnd Waldfahren zusehen.)304

Vnnd darmit man verstehn möge / welche Warsagung recht vnnd zuläßlich / vnd welche vnrecht vnnd vuzuläßlich sey. So wöllen wir es mehr verstands halben also eintheilen / das alle Warsagung endweder[27]

Göttlich sey / oder natürlich / entweder Menschlich / oder Teuffelisch: von disen vieren wollen wir ordenlich nun folgends handeln.305

Die erst Warsagung heißt Göttlich / als die von Gott außerhalb Mittelordnung vnd extraordinariè, vber Natürliche außrechnung vnd vrsach her entstehet. Vnnd diese belangend / haben wir dessen zeugnuß von Gott / da er also sagt. Wo ein Prophet vnter euch sein wird / so will ich jm erscheinen durch Gesicht vnd mit jhm redē durch Träum. Aber belangend Mosen meinen Knecht / der inn meinem gantzen Haußtrew ist / will ich mündlich mit jhm reden / vnnd von Angesicht zu Angesicht.

An welchem ort die Hebraischen Außleger gemerckt haben / das die Prophecey eine gnädige milte Gaab Gottes sey / die er durch mittel vnnd dienst des Engels oder actiuam Intelligentiam, das ist / durch wirckende Erkantnuß / erstlich vber die verständige Seel / vnnd darnach vber die vorbildung oder Imagination schicket: Vnd schliessen hierinn niemand auß /dann allein die Prophecey Mosis / so mit Gott immediatè ohne mittel vnnd wachend geredt hat.306 Welchs auch bedeutet wird / als Gott zu Mose saget.307 Ich bin der Herr / vnnd bin erschienen Abraham / Isaac vnd Jacob in meinem Namen Schadai, Aber meinen grossen Namen IEHOVAH, hab ich jnen nicht kund gethan.308 (Allda das Wort Iehoua heisset HERR, vnd das wort Schadai, einen vollmächtigen / vnnd eine vberflüßige genugsame vnnd völle alles guten.)

Vnnd im letsten Capitel des letsten Buchs Mosis wird gemelt / das nie kein Prophet dem Mose gegleichet hab / dann er hab Gott gekant von Angesicht zu Angesicht.

Also geschicht nun das Wort Gottes / vnnd was er zu den Propheten redet / durch mittel der Engel / oder durch die Intelljgentias / das ist / erkantnuß kräffte /oder inn Träumen vnnd Gesichten. Daher die Hebraischen Thealogi309 so der Propheten Lehr von Mund zu Mund verstanden vnd empfangen / gar fleißig allerley geschlecht der Göttlichē Gesicht vnn Träum haben erkündiget. Welche S. Augustin kurtz inn fünff Species hat begriffen: Darunder er auch die Menschliche Träum rechenet / daruon wir hie nicht reden /vnnd darauff auch inn massen Ihesus Sirach leheet /nicht vil zusehen ist: sonder allein auf die / so von Gott gesandt werden. Wiewol beiderley geschlecht vnder dem Wort chalom / begriffen sind / welches so viel heißt als das Griechisch Ενύπνος, vnd Latinisch Somnium: Vnnd die gesicht Mareoth, welche Synesius nennet /τὰ ὅυαρ θεάματα, so die Latiner Visiones genant haben.310

Aber der vnterscheid zwischen den beiden / ist mercklich zu mercken. Dann erstlich seind sie vnterscheiden / so vil die Empfengnuß vnnd vrsachung derselbigen belanget. Dann der warhafft Göttlich Traum wird schaffend empfangen: aber das Gesicht begibt sich halb schlaffend vnd schlummerig / mit einer warhafften vnnd lebhafften Impression oder Eintruckung in die einbildende Seele oder Ammam Imaginatiuam: welche die sachen dermassen vorstellt vnnd representiert / als ob man sie vor Augen sehe /darmit die Leut zu vnderweisen: Vnnd seind gantz vnd gar vnterscheidlich von den Träumen der Men schen vnd des Viechs welche nichts haben / dann die Natürliche Impression in der Imagination / wie man sie wachend gesehen hat.311

Die Mittel aber vnd weg betreffend / Göttliche Träum zuhaben / vnd zur würdigkeit der Prophecey zugelangen / bestehn hierinn / das man erstlich alle vermessenheit vnd eitel ehr ablege / vnd der vnehrlichē Gelüst vnd des Geitzes sich enthalte: Vnd darauff sich befleissige / Tugendhafft zu leben: vnnd vber alles hernach auff betrachtung / nachsinnung /erwegung vnd erkantnuß der werck Gottes vnnd seines Gesatzes sich begebe.312

Weiter halten auch die alten Hebraischen Theologi darfür / das die traurigkeit vnd grosses alter / die wirckung der Prophecei vil hindere: Vnd sagen / daß der grösser theil der Prophetē seien jung gewesen.313 Vnn der fürnemst Punct / der einen dahin födern kan /ist / das man mit rechter jnniglicher freud / vnnd mit freudigem mut vnnd von gantzem hertzen / Gott lobe /vnd jme Psalmen[28] singe / auch auff den Musicischen Instrumenten vnd Seytenspilen sich vbe: daher kompts / daß dz wort prophecisiren auch Gott loben heisset: Als im Buch Samuelis am zehenden vnnd dreizehenden Cap.314

Cum Prophetisiret, id est, laudaret, Da er Weissaget / das ist / Gott preiset vnd lobet. (Vnd man sicht in den Psalmen des Königlichen Propheten Davids daß er allzeit seine Propheceiungen mit lob vnn erhebung Gottes Namens hat vermenget / vnd vndergesprenget / nemlich die verheissung des zukünfftigen mit leistung des gegenwertigen.)

Vnd man darff hie nicht die erkündigung der krafft vnd macht der Träumgesicht vnd Göttlicher Propheceien auß der Philosophen beschreibung schöpffen vnnd lehrnen: Dann sie haben also daroon geredt /daß es das gemein Volck hat begreiffen mögen / vnd halten darfür / diese so von Natur bester Temperirung seind / die sehen die warhafftigsten Träum. So man doch inn täglicher erfahrug spüret / daß die krancken /wann sie nun in tödtlichem hinziehen ligen / auch weissagen vnd Prophetisieren / vngeacht / daß sie bei blühender vermöglicher Jugend nie Prophetisiert gehabt.315

Auch Aristoteles, als er im Buch von den Träumen nicht gewußt sich zuentschliessen / sagt zu letzt / daß kein Verisimilis causa oder Waränliche vrsach / Warzusagen / sei beyzubringen / es sei dann / das man es einer Göttlichen vnn heimlichen vrsach / die / wie er sagt / vnsern verstand vbertreffe / wolle zuschreiben.

Nun aber ist der obgesetzt Spruch auß den Bücheren Mosis wol zumercken / daß Gott (außgenommen den Mosen) durch kein ander mittel dē Menschen sich gemein macht / dann im Schlaff durch Träum vnd Gesicht / vnnd dasselb allein den Propheten.316 Weil darmit der vnterscheid zwischen dē Gesichten vnn Träumen / vnn zwischen dē Göttlichē vnn Menschlichē Träumen / od' denen / die auß schwermütigkeit vnn kranckheit entstehn / fein angezeigt wirdt.

Noch hat es auch zwischen den Göttlichen Träumen vnd Gesichten viel Gradus vnd auffsteigung.317 Der erst Grad der Prophecei ist die Offenbarūg im Traum / sich auff gutes zubegeben / vnnd das böse zu fliehen / oder böser Leut Händen zu entkommen. Vnd alsdann wirdt derselbig in seiner Seelen einen Lehrweiser oder Preceptor empfinden / der jhne klug / gescheid vnd fürsichtig / (wie die Hebreer sagen) wirdt machen. Vnnd von diesem meldet die Schufft / der Geist Gottes ruhe auff jhm / oder Gott wohne bei jhm.318

Der ander Grad der Prophecei ist / wann einer wachend etwas vernimpt / daß in seine Seele tringet vnnd durchgehet / welchs jhn treibet etwas sonders /Gott vnd seinen Wercken zu lob vnnd ehr fürzunemmen / zudichten / zu reden oder zuschreiben. Gleich wie man sagt / daß in solcher durchleuchtung vnnd Göttlicher auffpringung der Königlich Prophet David seine Psalmen / vnd Salomon seine Sprüch so voll hoher Geist vnd Trostreicher materien / so mit verblümten reden vnnd Allegorien bedeckt / sollen gestellt haben.

Gleichwol ist weder Dauid noch Salomon zur hoheit des Jesaie / Hieremie / Nathans vnnd anderer dergleichen kommen / in massen die Hebraischen Schrifftgelehrten haben angezeigt.319 Vnnd als offt man inn Heiliger Schrifft lißt / Gott hab zu Dauid oder zu Salomon geredt / vnnd jhnen etwas gesagt oder befolhen / so legen es die Hebreer allzeit darfur auß / Gott hab mit jhnen geredt durch mittel der Propheten / wie Gad vnn Nathan gewesen / die von Gott offenbarungen vnn gesicht hatten / die selbigen dem Dauid zuverkünden. Inmassen vō Salomon gelesen wird / zu welchem Hajah der Silonit ist gesendt worden.

Ja sie haben auch / das / da zum Salomon gesagt worden / er soll der weisest vnn klugest / so je gewesen / sein / sei kein gesicht / sondern ein Göttlicher Traum gewesen. Auch sagt die Heilig Schrifft / dz als er erwacht / hab er vernommen / dz es ein Traum seie. Deßgleichen da gemeldt wird / Gott sei zū andernmal dem Salomon erschienē / legen sie es auß / es sei kein Gesicht gewesen.

Der dritt grad ist / wann der Geist gereiniget / im Traum etwan ein Figur sicht: es seie nun ein Mensch od' Thier / oder etwas anderst: Vnd gleich darbei versteht / wz sie brdeute: In massen inn dem Zacharia offt zusehen.320[29]

Der viert grad ist / wann man Reden vnd wort hört / vnd doch keine Figur sihet.

Der fünfft grad ist / wann man schlaffend ein Menschen sich der redet / vnnd welcher die Göttlichen sachen offenbaret.

Der Sechste grad ist / wann es scheint / als sehe einer ein Engel / der mit eim im schlaff redt.

Der Sibende / wann einen schlaffend beduncket /daß Gott rede: Als Jesaias / da er sagt / Ich hab Gott gesehen / vnnd er hat gesagt / etc.321 Vnd inn den Propheten Ezechiel / Michea vnd andern dergleichen.

Der Achtet ist / wann die erscheinung der Prophecey mit dem Wort Gottes ankommen: Vnnd inn disen grad setzten die alten Hebreer die Erscheinungen vnd Offenbarung / so dem Abraham geschehen: ausserhalb dieser / so im Eichwald des Thals Mambre ist vorgangen / welchen sie inn den neundten grad setzten.322

Der zehend ist / wann man wachend einen Engel augenscheinlich sihet vnnd reden höret / in massen bei des Abrahams opffer zugangen.

Der letzte vnnd allerhöchst grad ist / wann man wachend ohn einige andere Mittel Gott von angesicht zu angesicht anschawet / vnd mit jm sprach hällt /welchs eigentlich allein dem Mose gebüret / inmassen in H. Schrifft323 gedacht wird.

Daß also / wann Jesaias sagt / er habe Gott gesehen / so verstehet sich dises Gesichtsweiß / vnd nicht in wachender gestalt.324 Vnnd wann man im Ezechiel liset / daß er zwischen Himmel vnn Erden auff ein Feld sei yerzuckt vnd transportiert worden / das geschicht alles auff schlaffende weiß. Sintemal auch gedacht wird / Ezechiel hab die Maur des Tempels zu Hierusalem durch graben / vnd gleichwol war er zu Babel.

Gleich wie inn gleichem fall / da zu Hieremia gesagt ward / er solt einen Leininen Gürtel in den Euphraten / so ein Fluß zu Babel war / verbergen / vnn nach etlichen tagen werd er verfault sein: So doch Hieremias nie zu Babel ist gewesen.325

Ebenmässige meinung gewinnt es auch mit dem Fell / welches Gedeon auff das Thenn leget: Ja es findet sich inn der Schrifft durchauß / daß die Prophetē /ort / zeit / personen vnnd andere besonderbare sachen anzeigen / vnn gleichwol warē es nichts anderst dann Gesicht oder Erscheinung.326

Daher als vil Heiden vnd Vngläubige darauff nicht acht gaben / haben sie gemeint / daß alle Propheceien / Offenbarungen vnn wort Gottes wachender gestalt seien zugangen: vnd habē daher anlaß genommen /die Heilig Schrifft für nichts zuachten vnd zuschmähen.327 Dann es begebē sich sonderbare Sachen Gesichtsweiß / die wachender weiß vnmöglich sein.

Auch sicht man in der H. Schrifft / daß wann die Propheten befragt worden / nicht eher antwort vnd bescheid gaben / dann des folgenden tags: Es war dann eine Erscheinung oder gesicht vorgangen: Wie sichs mit dem Propheten Aias geschicht / der gleich auff der stätt der Königin von Samarien des Jeroboams Gemahl jhrē Bescheid gabe.328 Aber die Propheten Holda sagt zu den Gesandten des Königs Josias / sie solten vbernacht warten: Vnnd Baleham sagt zu des Bahals Gesandten / daß sie die Nacht vber verharten: Dieselb Nacht hett sie ein Träumgesicht / daß sie dauchte / jhr Esel redte: Welchs wachend nicht geschicht / wie jhrer vil vermeinen.329

Auch der Teuffel selbst / so Gottes Werck nachzuäffen sich befleisset / ließ vorzeiten seine Apollische Priesterin in der Hülen entschlaffen.330 Deßgleichen / welche etwas vō Oraculo oder Warsagergeist des Mopsi wissen wolten / die entschlieffen nur im Tempel: Gleich wie Plutarchus im Tractat vom Abgang oder Warsagerei erzehlt / daß ein Landfürst inn Asien gewesen / welcher weil er sambt anderen Epicurern all Religion zuverspotten pfleget / schicket er auff ein zeit einen Diener in des warsagers Mopsi Tempel /mit einem wolverwarten brieff / darinnen dise frag begriffen gewesen / ob Mopsus ein weiß od' schwartz Kalb begere / das man jhm opfferen solle?331 Der Diener als er wider heimkeren wolt / schlieff er des Nachts im Tempel da sagt er / hab jhn schlaffend gedaucht / wie er einen Menschen sehe / der zu jhm allein dise wort sagte / Schwartz / Schwartz: Vnd von der zeit an hab der Landfürst dem Mopso geglaubt /vnd jhm offt geopffert.[30]

Aber zur vnderscheidung der Göttlichen Prophecey / vnd der Verzauberung des Sathans / seind fürnemlich zwey stuck wol zumercken.332

Das erst ist / daß die / so von den bösen Geistern ergeistert werden / alsdann am allerdöllesten vnd Vnsinnigsten: Aber die von Gott begeistet / als dann die Weisesten vnd besunnesten seind.

Darumb sagt die Schrifft vom König Saul / daß allweil der Geist des Herren auff jhm gerhuhet / er Tugendhafft / auffrecht / Weiß vnnd fürsichtig still vnnd rhüwig gewesen / vnd zwey Jar inn diesem Stand verharret seie. Aber wann der Böß Geist jhn besessen /von Sinnen kommen vnd gewissagt hab. (In massen die Schrifft solches deutlich vermeldet.333) Auch wann er in die Versamlung der Propheten kommen /besaß ihn der Geist Gottes / vnd fieng an zuweissagen vnd Gott zuloben.334 Daher sagten die allē Hebreer /daß allein die Weisen / Weissager oder Propheten weren.

Gantz das widerspiel sicht man an den Sybillen vnd Prophetinen des Apollons / welche alles was sie sagten / Tobend vnnd Wütend / vnnd vor Rasigkeit schaumend fürbrachten. Gleiches erfährt man auch an den Demonischen Propheten / welche / eher sie Vorsagen / inn die äusserst tobsucht pflegen zugerhaten:

Das ander stuck des vnterscheids zwischen der Göttlichen Propheceiung / vnnd der Verzauberung /ist dises / daß die Göttliche Weissagung allzeit warhafft besteht / aber die Vorsagung des bösen Geistes lugenhafft vnd falsch / oder dermassen sich geschaffen befindet / daß er mit einer warheit / pfleget hunhert lugen mit durchzubringen / vnnd wie man spricht / viel Sester fauler Bieren vndē im Sack / mit einem Totzend gesunder / die oben ligen / zuverkauffen.

Darumb sagt auch Gott in seim Gesatz.335 Daran werdet jhr die Propheten erkennen / wann sie etwas sagen werden / vnd solches nicht geschicht: dann zu solchem hab ich nicht geredt.

Jedoch soll man nicht gleich hierauß einen jeden Prophetē für lugenhafft / falsch vnnd bößwichtisch vrtheiln / welcher ein solche gab der Propheceiung hat empfangen / die nur vnterweilen vnnd nicht allezeit sich erzeiget / auch darzwischen etwan einen Menschlichen Traum hat / der auß Göttlicher schickung nicht entstanden / vnd deßhalben auß vngrund desselbigen villeicht etwas zukönfftigs verspricht / daß aber folgends keins wegs geschicht: Inn solchem fall flickt sich wol Irrthumm vnd fähler mit ein / aber nicht dest weniger bleibt ein solcher ein auffrechter Gottsföchtiger Mann.336

Aber Gott will durch vorangezogenē Spruch zuerkennen geben / daß man auff Menschēträum nit bawē solle. Dessen vns auch d' Ecclesiasticus verwarnet /vns zuhůten / dē Tröumen / wann sie vō Gott nit zugeschickt werden / vil glaubens zuzustellen.337

Vnd daß dem also / so sicht mans genug an dem Propheten Samuel / der allein vnter allen Propheten zu seiner zeit / der Trew in des Herrn Werck / genandt ward / vnn vnter dessen worten allen / keins sey auff die Erd gefallen.338 (Daß ist / daß er inn verrichtung dessen / was jhm Gott befohlen / sich ein Trewen Eckart erwiesen habe / vnd kein wort jhm vergeblich hingangen sey.)

Ja alle Theologi seind hierin der sachen eins / daß die Propheten nicht aneinander die gaab der Prophecey gehabt habē.339 Sonder mancher sein lebtag nur mit eim Gesicht / oder mit zwen oder drey Göttlichen Träumen begabt gewesen. Aber zuzeiten trägt sichs zu / daß Gott solche gnad durch des Propheten gantzes leben vollstrecket / gleich wie dem Samuel / Helia Heliseo vnd Aiah dem Siloniten solche gnad widerfahren.

Zu zeiten begibt sichs auch / daß den Propheten eine Prophecei eingegebē wirt / die doch nicht geschicht.340 Inn massen vom Propheten Michea zulesen / so der Statt Jerusalem getrowet / vnd vom Propheten Jona / so der Statt Babel getroet vnd gepropheceit gehabt / sie werd kurtz hernach / nemlich jnnerhalb viertzig tagen vntergehn: Welches doch hindersich gangen / nach dem Gott durch Rew vnd Buß des volcks ist begütigt worden.

Solches wirt nicht allein in dem Hieremia am sechs vnnd zwantzigsten capitel / vnd im Jona am dritten sondern auch in dem Ezechiele am sibēzehendē angedeutet.[31]

Aber gemeinlich hat die Propheceiung im alter abgenommen vnn auffgehört: Gleich wie im Hieremia im LI. Cap. zusehen allda gemeldt wirt / die Reden des Hieremie haben damals auffgehört: vnd nicht deßweniger wirdt die Histori forter vollführt.341 Darauß die Hebraischen Außleger wargenommen / daß die Propheceiung als dann bey jhm im selbigen Alter auffgehört habe.

Vnd von dem alten Hohenpriester Heli wirt gedacht / daß er keinē sticken mehr gesehē habe: Welchs die Hebreer vō dem Prophetischē gesicht verstehn vnn außlegen.342 Ja die folgend Geschicht erklärt es ferrner / das Samuel / wie Jung er auch gewesen / das Gesicht gehabt / dem Heli das Gericht Gottes vber sein Hauß zuverkünden: da Gott zuvor stäts mit Heli gepflegt zureden. Daher kompts / daß man in dem Propheten Joel liset / es werden in den letsten tagen die Jungen Gesicht / vnnd die alten Träum haben.343 Nun sind aber die Träum viel geringer dann die Gesicht.

Zu zeiten erlaßt sich auch die Eingiessung vnd gnad der Propheceiung auff das Rationalisch od' Vernunfftkräfftig theil / vnd nit die Imaginatiuam oder das Einbildende theil: Welches auß vnkräfft vnd schwachheit der Imagination sich begeben mag. Oder die Infusion vnn Einfliessung laßt sich in die Imagination / vnd erstreckt sich nit zur Ration vnn Vernünfftlichkeit auß vrsach / daß die Ration zu vnkräfftig / vnnd der Mensch im Contempliren oder Betrachten zu hinlässig ist.344

Zu zeiten ist die Einfliessung also gethan / daß die Person getrungen wirt / den aufferlegten befehl zuverrichten. Wie an dem Hieremia zusehen / der allein zu seiner zeit der Prophet war.345 Gott befahl ihm in Träumen vnd Gesichten / seinem Volck kundt zuthun / daß die damals belägert Statt Hierusalem / solt gewunnen werden / der König vnn das volck durch des schwerts schärffe fallen / der Tempel verbrennen / vnn die Statt geschleifft werden. Er dorfft mit der Warheit nicht wol herauß: Aber er sagt / der Geist des Herren tringt vnn treibe jhn also sehr / daß er genötigt die Warsagung müßt außkůnden.346 Darauff das Volck rufft / man solt jhn kurtzumm tödten: Vnnd zur Würcklichkeit / ward er inn ein grub voll Schleims vnd Wustes geworffen / vnd leid etlich tag grossen Hunger / biß jhne der König heimlich beschickt / dem sagt er die Warheit vnnd den grund von allen sachen.

Dann offtmals wirt einem ein Prophecey vnnd Traum nur deßhalben zugeschickt / einem andern eine Vermanung zu thun / oder einen zuwarnen / oder eim des Herren Straff oder verdamnuß anzusagen.347 Gleich wie Helias dem König Achab gethan / der Nathan dem David / vnd Hajah dem Jeroboam. Vnd nicht destminder het David den Geist Gottes: Aber er het kein Prophetische Gesicht / wie die andern Propheten / oder zum wenigsten het er jhn nicht so fůrtrefflich.348 (Daher lesen wir / daß Christus allein vō dem Abrahā sagte / er hab sich gefrewet seinē tag zusehen / Aber vō dem Kůnig David redt er niergens des gleichen: sondern von jhm ist viel mehr der Spruch Christi zuverstehn / da er zu seinen Jüngern sagt / vil König vnnd Propheten haben begert zusehen was jhr sehet / vnd habens nicht gesehen.)

Vnnd daß sich die sach mit dem König David erzehlter massen halte / so erscheints hierauß: das wann er ein Krieg oder etwas sonst wichtigs vorhatte / er stäts den Propheten Gad vmb Rhats fragte / was er sehe: Oder zu dem priester / so vmb jhn war / sagt /daß er den Ephod oder Priesterschmuck anziehe / den willen des Herren durch Vrim vnnd Thummim zuersehen.349 Diese wort Vrim vnnd Thummim seind Hebraisch / welche die LXXII. Außleger vertolmetscht haben / Erklärung vnn Warheit. Aber der Chaldeisch Außleger hat sie vnübergesetzt gelassen. (Wie dann die Hebreer im brauch hatten / die Meisterische Secreta vnd Geheimnussen zuverbergen). Jedoch gründlich daruon zureden / so heißt das wort Vrim, ein Liecht oder fewrigen glantz / vnd Thummim, Vollkommenheit.350

Das war ein Tafel / darinnen warn zwölff Edeler gestein / darein die Namen der zwölff Kinder Israel eingegraben stunden: Welche Tafel mit zwo Ketten auff des Hohenpriesters Brust hienge / Innmassen[32] in den Büchern Mosis zusehen.351 Vnd im Buch Numeri wird gemelt / der hohe Priester Eleazar / des Arons Nachkommen soll fragen nach der form des Vrim /vnd nach seinem Wort vnnd bescheid soll man sich richten.352 Wann das jenig / so man vor hat / wol von statten gehn solte / gaben die Stein auff die gethane frag / einen schönen anleuchtenden lebhafften Schein / darauff der von Gott erleuchtet Priester den zukönfftigen Außgang der Sachen vorsaget. In massen inn der heiligen Schrifft353 vnd inn den Antiquiteten Josephi354 zu sehen: Allda gemeldt wird / das dieses Liecht oder Glantz zwey hundert Jar vor seines Alters zeit / auffgehört habe: Nun ward aber Josephus dreißig jar nach vnserem ewigen Hohen Priester Ihesu Christo an die Welt geboren.355

Die Griechen nanten diese Brusttafel / oder diß Pectoral, Λογιὸν, das ist / das Oraculum: Welches sehr vbel durch das wort Rationale ist vertiert worden.356 Dann die König erholten in allerhand wichtigen sachen sich Rhats bei Gott durch den hohen Priester. Vnnd wann derselbig mit Antwort nicht gefaßt war / so wars ein zeichen des Zorns Gottes. Daher Saul als er von Gott verlassen gewesen / kondt er /wie die Schrifft sagt / weder Antwort bekommen durch Propheceiung / noch Träum / noch durch Vrim vnnd Thummim. Da befahl erst Saul / daß man jme eine Zauberin / die einen bösen Geist hatte / zuwegen bringen solte / von jhr zuerkündgē / was die Schlacht / die er folgendes tags lifern solt / vnd darinn er auch gebliben / für ein Außgang gewinnen wůrde.357

Vnd im gegentheil empfieng Dauid allezeit seine Antworten vnn Bescheid durch gesicht etwann eines Propheten / oder durch Träum / oder durch Vrim vnnd Thummim: auch verricht er allzeit dasselbig / was jhm befohlen worden / sehr fleißig.358

So hingegen Saul deßhalben / weil er nicht gehorcht / von Gott vnn seim Volck verlassen / vnd von seinen Feinden erschlagen ward: Vnnd als er hierůber sich noch entschuldigen wöllen / daß er den König der Amalechiter vnnd alles Viech deßhalben nicht vmbgebracht gehabt / auff dz er Gott dem Herrē ein stattlich Opffer thun möchte / da bescheidet jhn Samuel / Vngehorsam gegen Gott / sey ärger dann Abgötterey vnd Zauberey: Vnnd gehorsam gelt mehr dann alle Opffer der gantzen Welt.359

Auch lesen wir im Job / daß wann der Herr der Menschen sich erbarmet / so warnet er sie durch Träum / vnd ziehet sie bei den Ohren / vnnd berichtet sie was sie thun sollen / sie noch demütiger zumachen.360 Vnd thut das zum dritten mahl: Aber sind sie zum dritten mahl nit gehorsam / so werden sie verlassen. Vnd wann der / welchem der Herr seinen guten Geist jhn zu leiten sendet / jhm nit gehorsammet / träumet jhm der Geist jhn zuverlassen: Bessert er sich / so wird er nit verlassen: Bessert er sich aber nicht / so ist er verlassen.

Sihe / da hat man die drey mittel / als nämlich das Gesicht / die Träum / vnn daß alt Pectoral oder die H. Brusttafel / durch welche Gott vor alten zeiten seinen Willen den Menschen pflegt zuoffenbaren.361

Daher Baleham oder Bileam / als er auß des Königs Balaks anschickung / dem Volck Israel fluchen sollen / vnd aber auß Göttlicher Erscheinung vnd Bewegung es segnen mußte / da sagt er vnter anderem. O wie ein gesegnetes Volck / welchs vnter sich kein Zauberei noch warsagerey hat: sonder dem der Herr zukönfftige ding offenbaret vnd verkündet / wann es vonnöthen thut.

Vnd wiewol wir seit der Offenbarung des Göttlichen Gesatzes / vnnd nach so vilen Propheceiungen /Gesichten vnnd Gerichten Gottes / so in den Heiligen Historien vnd Geschrifften auffgezeichnet zufinden /so viel berichts von der Warheit vnn dem Willen Gottes empfangen / daß wir heut zumal der Propheten nit mehr bedörftig.362 Jedoch ist es gewiß / daß Gott noch nit vnderlaßt / den Menschē Gesicht / Träum vnd seine gute Engel zu senden / durch welche er jhnen seinen Willen zuerkennen gibt sich vnd andere wol zuführen vnd zuregieren.363

Vnd zwar lesen wir inn den Hebraischen Doctoribus, daß wiewol das Oraculum oder die Vorkündung durch Vrim vnn Thummim, nach d' wider heimkonfft[33] auß der Gefängnuß zu Babel / auffgehört habt / doch stäts eine Göttliche Stimm sey gehört worden: Welche Josua der Son Leut genant hat Bathkol, dz ist / Die Tochter der Stimm / von den Griechen vnd Latinern Eicho oder Echo geheissen / vnnd einen Widerhall vnnd Erthönung bedeutend.364

Damit man aber erkennen möge / welche Leut mit obgedachter gnad / ware Gesicht / Träum vnd Engel zuhaben / begabt seien: da soll man auff ihren wandel gut achtung geben / vnnd sonderlich erwegen / wer der Gott sey / den sie anruffen.365

Dann es kan sich wol schicken / daß einer Gesicht vnnd Träum hab / vnnd zukönfftig ding vorsag / welches auch also geschicht / auch wunder thu / vnnd gleich wol darneben lehrt vnd predigt / man müsse andere Götter / weder den Schöpffer Himmels vnd der Erden anruffen: Jedoch soll man jhnen keinen Glauben zustellen.

Seitemal es der Zeichen eins ist / daß Gott außtrucklich inn seinem Gesatz außbestimpt vnd daruor gewarnet hat / sprechend / daß er solche Träumer /Wunderthäter vnd Propheten zur versuchung schickē werde / zu erfahren / ob wir jhn auch lieben vnd förchten.366 (Gleich wie auch Christus im Newen Testament diß widerholt hat / da er gesagt / Vor dem Jüngsten tag werden falsche Propheten auff erstehn /vnnd grosse Zeichen vnd Wunder thun / also daß auch inn den Irrthumb verführt werden / (wo es möglich wer) die Außerwehlten.)

Auß welchen worten dann abzunemmen / daß Gott nicht allein ware Träum den Außerwehlten vnd auffrichtigen frommen Leuten zuschickt: Sondern auch den vnglaubigen vnnd Bößwichtern / sie destschärpffer vnn raucher mit schrecken zustůrtzen.367 Wie wir dann von des Königs Pharons vnd Nabuchodonosors Träumen lesen / vnd fürnemlich den Fürsten zubegegenen pflegen / wann hochwichtige vnnd gemeinen Nutz betreffende sachen zuberahtschlagen oder zubedencken fůrfallen.368

Aber gemeinlich haben vnauffrichtige böse Leut /schreckliche vnnd abschewliche Träume: inn massen Salomon im Buch der Weißheit anzeiget: Vnd dargegen die frommen / ob sie wol bißweilen durch Träum erschreckt werden / sind sie doch stäts getrost / vnnd können von wegen vnbetrüglicher Hoffnung zu Göttlicher hülff / sich bald widerumb erholen vnd auffrichten.369

Also lesen wir / daß dem Keyser Vespasiano / ehe er Keyser ward / geträumt / er werde zu dem Keyserthumb gereichē / wann Nero einen Zan verlohren hab: Welchs den folgenden tag geschehen / daß dem Neroni ein Zan außgefallen.370

Vnnd Antonius Caraala / gleichsfalls Römischer Keyser / hat ein Traum / als ob sein Vatter Seuerus ein bloß Schwerdt inn der Hand haltend / zu jhm sagte. Gleich wie du deinen Bruder hast vmbgebracht / also mustu auch durch dises Schwerdt vmbkommen.

Vnd Hippias der Tyrann zu Athen hat einen tag zuuor / ehe er entleibt ward / einen Traum / als werd er von der rechten Seiten des Jupiters zur Erden gestürtzet. Was soll ich der Exempel vil erzehlen? Artemidori Traumbuch ist derselbigen Historien voll.371 (Deßgleichē auch dz Traumbuch des Hieronymi Cardani.)

Zum anhang ist auch diß zumercken / daß der mehrertheil Natürlicher Träume der Leut art / Humores, Naturneigung / oder Natürliche Kranckheiten pflegen zubedeuten.372 Inn massen Galenus schreibet / daß die Erfahrung zu erkennen geben / wann einem Krancken / so in einem Karrē fähret / von fall eins Sternens / oder wie ein Karren brichet / Träumet / dasselbig jhme einen gewissen Todt vorbedeute.

Die Alten erkandten die Träum daran warhafft /wann sie einen gegen dem anbrechenden tag ankamen / vnnd der / so den Traum hatte / bei sich selbst nicht betrübt ware.373

Die Heilig Geschrifft aber gibt ein andere Regel /man soll den Träumen nit glauben / sie seien dann von GOTT zugeschickt. Vnnd das Warzeichen solcher schickung ist diß / wann sie herkommen von einem frommen warhafften / oder einem verruchten Gottlosen Menschen / den Gott bald außrotten oder stürtzen will.[34]

Aber die Wolfärige glückscheinende Träume / die den Zauberern / oder den Gottlosen / oder denen die ein verrucht aschewlich leben führen / fürkommen /die kommen von den bösen Geistern: wie wir hernach melden wöllen.

Quelle:
Bodin, Jean: DE MAGORUM DAEMONOMANIA. Vom Außgelassnen Wütigen Teuffelsheer Allerhand Zauberern / Hexen vnnd Hexenmeistern / Vnholden / Teuffelsbeschwerern / [...] durch [...] Johann Fischart [...] in Teutsche gebracht [...]. Straßburg 1591, S. 25-35.
Lizenz:

Buchempfehlung

Lohenstein, Daniel Casper von

Epicharis. Trauer-Spiel

Epicharis. Trauer-Spiel

Epicharis ist eine freigelassene Sklavin, die von den Attentatsplänen auf Kaiser Nero wusste. Sie wird gefasst und soll unter der Folter die Namen der Täter nennen. Sie widersteht und tötet sich selbst. Nach Agrippina das zweite Nero-Drama des Autors.

162 Seiten, 8.80 Euro

Im Buch blättern
Ansehen bei Amazon

Buchempfehlung

Große Erzählungen der Hochromantik

Große Erzählungen der Hochromantik

Zwischen 1804 und 1815 ist Heidelberg das intellektuelle Zentrum einer Bewegung, die sich von dort aus in der Welt verbreitet. Individuelles Erleben von Idylle und Harmonie, die Innerlichkeit der Seele sind die zentralen Themen der Hochromantik als Gegenbewegung zur von der Antike inspirierten Klassik und der vernunftgetriebenen Aufklärung. Acht der ganz großen Erzählungen der Hochromantik hat Michael Holzinger für diese Leseausgabe zusammengestellt.

390 Seiten, 19.80 Euro

Ansehen bei Amazon