Das VI Capitul.

Von der Lycanthropia oder Wolffssucht / vnd ob der Teuffel die Menschen inn Viech vnnd Thier verwandeln könne.

[118] Wir haben drobē durch auch Göttliche vnnd Mēschliche Zeugnussen / deßgleichen durch Anklagungē /Vberzeugungen / Vberweisungen / Bekantnussen /Vergichten / Vrtheil / Vollziehunge dargethan vnnd bewisen / daß Mann vnd Weib bißweilen mit Leib vnnd Geist / bißweilen im Geist allein durch Teuffelische Mittel verzuckt vnn vertragen werden. Vnd daß der Teuffel etlichen einbildet / als vollbring solches die krafft der Wörter vnd des Schmärs / daß er jhnen gibt. Auch ist klar gemacht / daß der Böß jhnen mehrtheils wie ein Bock erscheine. Also daß wir wol sagen mögen / wir haben nun die beweisung der Effect vnn Wirckungen / die man nennet / Quia est, ὄτιἐςἰ , daß jhm also sey.

Vnd wiewol dergleichen Demonstration vnnd Beweisung durch Effect vnnd Werck nicht so hell vnd klar ist / wie die / so durch vrsachen zugehet: jedoch ist sie nicht wenigers gewiß.328 Dann die Erkantnuß vnserer Vnwissenheit inn Erfahrnuß der vrsachen / ist ein schönes lob Gottes wider welcher allein Allmächtigen vnd Vollwissenden man mit keiner fůrgebung der Vnmöglichkeit soll streitē: Angesehen die Blödigkeit vnsers Verstands vnd Geistes.

Jedoch muß man diß nun hiebei anregen / daß dannoch ein frembd ansehē hat / daß der Sathan / so sonst im brauch hat / allerley Leyb / wie es jhm gefällig anzuziehen / doch mehrertheils vnnd gemeinlich / wann er kein Menschen gestalt annimmet / in Bocksgestalt sich erzeiget vnd fürstellet. Es geschehe dann vielleicht auß dieser vrsach / weil es ein stinckend vnn geil Thier ist.329 Daher man inn der H. Schrifft erfährt / daß die Teuffel Böck heissen.330 Inn massen dann der Chaldeisch Außleger vber den Jesaiam diß Wort Sair welchs einen Bock heisset / vertolmetschet. Dann der Prophet sagt / Die Trachen vnd Böck werden inn dem Babel dantzē / vnn der Luiton oder Satyrus wirt seinem Gesellen ruffen (andere haben es verteutschet / fůr lustwohnung der Trachen / für Höf der Straussen / Eulen vnd Weihen / fůr dantzende Waldmännlein fůr Feldteuffel vnn Geißmännlein / die einander begegnen vnnd einander laden.331 Vnd der Zihim werd sich da lägern / vnnd jhre Häusern voll Hohim sein. Allda dann etliche Zihim halten fůr allerley Zigen oder Geißgeschlecht / vnnd Hohim für allerley Hoh einfliegende Vögel Gleichwol nicht desto weniger deuten sie alle mir den Geißmännlein die gedachte Böck an.

Der ältest Zauberei erfinder Zoroastres / so Bůcher von diser Vnkunst geschriben / als er von den Böcken redt / versteht solchs von den Bösen Geistern / von wegen des Bocks eigenschafft / der gantz stinckend vnd geil ist.332 Welchs auch der Printz von der Miranda dunckel vnd verschlagen inn der zwölfften Position vber den Zoroastrem / mit diesen Worten hat zuverstehn gebē. Quid sit intelligendū per Capros apud Zoroastem, intelliget qui legerit libro Bair, quæ sit affinitas Capris cum Spiritus. Das ist. Was aber bei dem Zoroaste durch die Böck verstanden werde / das versteht sich / wann man das Buch Bair liset / was nemlich fůr ein verwandtschafft zwischen den Böcken vnd Geistern seye.

Nuhn ist aber diß der Geister eigenschafft /[118] daß sie gewalt haben vber die Geyle vnd Viehische Gelůst. In massen solchs die Hebreer wargenommen / da sie im Buch Pirke Aboth melden / der Sathan werd von der Schlangen getragen: welchs Philo Iudeus hat fůr die Wollust außgelegt: Von welcher / wann der Weiß Architas geredt / gleich wie Cato der Censor bezeugt /hat er stäts gepflegt zusagen / sie sey ein Ertzfeindein des Menschlichen Geschlechts / Nullā pestem Capitaliorem Hominibus à Natura datam Voluptate: Wie solchs Cicero anziehet vnn erzehlet.333

Daher haben die Griechen die Geister inn gestalt der Hürischen vnnd Ehebrecherischen Satyren oder Geyßmännlein / so halb Böck vnd halb Menschen sein solten / angedeutet.

Darumb auch inn der Mosaischen erzehlung im Buch Leuitici / nach dem Gott geordenet gehabt / daß das Volck jm die inn seinem Gesatz benante Thier auff opfferen / vnd das Blut / bey seim Altar vergossen werden solte / da sagt er auch zu letst: Vnnd es soll euch nimmermehr zu Sinn noch gemüt kommen /den Böcken vnnd Geyßmännlin nach zuhencken / jnen zu opfferen.334 Allda der Rabi Moises Maymon /nach dem er der Chaldeer vnn Sabeer Mysterien / Geheimnussen vnnd Opffer / die er dann inn seinen Büchern erzehlet / gelesen gehabt / schreibet / daß der brauch gewesen / an Einöde Ort zuwallfahrten / daselbst dē Teuffelen zuopfferen / eine Grub zu machen / darnach Blut hinein zuwerffen / vnd nach allem vmm die Grube herumb zu zechen / vnnd den Bösen Geistern jhr Fest zuhalten.

Item im Dritten Buch Moisis wirt dem Hohen priester Aaron befohlen / zwen Böck zufangen / vnnd das Loß darumb zuwerffen / eins fůr Gott / das ander fůr Zazel: vnnd daß der Bock / so im loß fůr den Zazel wirt gefangen / vnd auff welchen der Priester die Sůnden des Volcks wůrde Beichten oder bekennen /derselb in die Wůsten verschickt / vnd der ander Gott soll geopffert werdē. Die Hebreer haben diß wargenommen / daß der Bock / auff welchen das Loß des ledigen gefallen / darnach nimmermehr sey gefunden worden.335

Im letsten Buch Moisis / welchs die aller klärest Außlegung des Gesatzes Gottes ist / werden die Bösen Geister inn jhrer eigentlichē deutung außgelegt fůr Leschadim, welchs alle fůr Dæmonia vertolmetschet haben.336 Vnd es mag sein / daß das Wort Lacedemon auß dem Hebraischen vnd Griechischen ist componiert / welchs eben vorgedachts bedeutet. Dann Joseph schreibet / daß die Juden / allezeit von alters her mit dem Lacedemonirn Bůndtnuß gehabt haben. Gleichwol will ich mich auff dise letste Außlegung nit verbunden haben.

Vnd was man auch von den Satyris schreib vnd sag / gleich wie offt in den leben des Sancti Anthonij vnd Pauli der Eremiten oder Einsidler jrer gedacht wirt /so ist gleichwol vngzweiffelig war / daß es Böse Geister waren.337

Auch erzeiget sich der Sathan offtmals inn Menschen gestalt / groß vnnd schwartz / gleich wie ich von dem gesagt hab / so der Catharina Darea / dem Dionedes Platonis Freund / dem Caßio vō Parma /dem Philosopho Athenodoro / der Magdalena von dem Kreutz / der Johanne von Harwiler erschinen.338 Welche bekāt / daß sie kaum zwölff Jar Alt gewesen /da jr Muter jhren am ersten den Teuffel gezeigt hat inn gestalt eins grossen sehr schwartzen Manns / inn gantz schwartzer Kleidung / vnn stäts gestiffelt vnnd gesport / der auff solche weiß zu jhr kommen sey /vnd mit jhr sprach gehalten hab / allzeit wann sie gewöllt hat: Vnd daß er solchs inn gedachter gestalt jhr lebenlang mit jhr getriben hab.339

Aber das aller schwergläublichst vnd wunderlichst ist die verwandlūg der Menschlichen gestalt in ein Thier oder Viech / vnd noch viel wunderlicher auß einem Leib in andern. Vnd nicht dest weniger erweisen diß gantz eigentlich die Vervrtheilung viler Zauberer / auch die Göttliche vnnd Menschliche Historien.

Wir lesen im offtgedachten Buch der fünff Ketzermeister vber die Zauberer vnnd Hexen / daß ein Zauberer / Stasus genant im BernischenGebiet / als er vil Feind gehabt / offt / wann er schon mitten vnter jhnen gewesen / doch plötzlich entkommen vnnd entrunnen sei / vnd nimmer dann Schlaffend[119] hat mögen getödtet werden. Der hat zwen der fůrnemsten Zauberer in gantz Teutschland / Hoppo vnn Städlin für Jůnger oder Discipeln hinderlassen: Dieselbigen innmassen von jhnen geschriben wird / kondten die schrecklichsten Vngewitter / Tonner Platzregen erwecken.340 Ja man findt auch inn Franckreich ein Vrtheil des Parlements zu Doleden 18. Januarij / im Jahr M.D.LXXIIII. vber einen Zauberer genant Gilles Garnier von Leon gesprochen welchs hie weitläuffig ein zuführen vnvonnöten: Seiteinmal es zu Orleans durch Eloy Gibier / vnnd zu Pariß bei Petern von Hayes /vnd zu Sens ist gedruckt worden. Allein will ich die fürnemsten Puncten / deren er beschuldigt vnnd vberwisen worden / hie anziehen.

Nemlich wie der erst gemeldt Garnier / an S. Michels tag / als er inn ein Nachtwolff verwādelt gewesen / ein junges Töchterlein von zehen oder zwölff jaren bei dem Höltzlein vō der Serre / in einē Weingart / bei dem Kebberg von Chastenoy ein viertheil Meilwegs von Dole habe auffgefangen / vnnd daselbst getödtet oder ermördet / beydes mit seinē Händen /die Wolfftapen scheinetē sein / vnn auch dē Zänen /vnd dz fleisch vō dem Hindern vnn den Armen gessen / vnn seinem weib auch daruon gebracht.341

Item wie er abermal einen Monat hernach ain andere Tochter gefangen / vnn dieselbige vmmbracht / der meinung sei gleichsfalls zuessen: seie aber / wie er bekāt / vō dreien Personē daran verhindert wordē. Item fünffzehen tag hernach ein jungs Kind von zehen jaren bei den Weinreben von Gredisans erwürget /vnn das fleisch von desselbigē Hindern / Beinen vnn Bauch gessen. Item bekant / daß er nachgehends inn Menschen vnd keines Wolffs gestalt ein Knäblein vō zwölff oder dreizehen Jahren im Holtz des Dorffs von Perouse hab vmmgebracht / der meinung / es zu essen / wo man jhn nicht daran gehindert hette: Vnd solchs alles bekant er vngezwungen. Ist derwegen hierumb zum Fewr / jhn lebendig zuverbrennen / vervrtheilt worden. Wie dann auch solch Vrtheil zur vollziehung kommen.

Man findt auch noch einen anderen Proceß / zu Bisancon gehalten / durch den Inquisitorem Johan Boin / im Monat December des M.D.XXI. Jars / so hin vnnd wider inn Franckreich / Italien vnnd Teutschland ist verschickt worden: Welchen auch Doctor Weier /der Beschirmer der Zauberer nach der länge im 13. Capitel des 6. Buchs von Præstigijs oder verblendung der bösen Geister gesetzt hat: Derhalben ich es dest kůrtzer hie will abbrechen.

Die Verklagten waren Peter Burgot / vnd Michel Verdung / welche bekanten / daß sie Gott verleugnet /vnn dem Teuffel zudienen geschworen hetten. Vnd Michel Verdung hab den Burgot bey ein Wäldlein an Chastel Charlon stossend geführet / allda ein jeder ein Kertzen von grünem Wachs / welchs eine blawe dunckdle flamm gegeben / inn der Hand gehalten vnnd darmit herumm gedantz / vnd also dem Teuffel sein Opffer gethan.342

Darnach / da sie sich gesalbet / seien sie inn Wolff verwandelt worden / vnnd mit vngläublicher geschwindigkeit daruon geloffen. Item daß sie offt inn Menschen / offt innVölff sich verkehrt haben.343 Vnnd mit den Wülffinen mit gleich so grossem lust sich fleischlich vermischt haben / als mit den Weiberen. Es bekant auch der Burgot / er hab mit seinen Tapen vnd Wolffszänen ein Sibenjärigs Knäblein vmbgebracht / vnnd sei vorhabens gewesen / es zufressen / wann jhne die Bauren nit darůber verscheicht / vnd gejagt hetten. Item Michel Verdung bekant / er hab em Junges Töchterlin / welchs Erbssen in einem Garten gesammelt / ermördt / sei aber vom Herren von der Cuuee verjagt worden. Item daß sie beide mit einander noch vier Meydlein auffgefressen haben: Vnd sonderlich darbey der zeit / des orts / vnd des Alters der Kinder gedacht. Item / daß wann sie nur ein Püluerlein angerůrt / die Leut dardurch haben tödten können.

Es fällt mir hiebei ein / wie Herr Bourdin / der General Procurator des Königs / ain andere Vergicht mir erzehlt / die man jhm auß dem Niderland sampt dem gantzen Proceß / mit des Richters vnd der Gerichtschreiber Namen vnderzeichnet zugeschickt habe /einhaltend / wie ein solcher verwandelter Wehrwolff mit eim Pfeil[120] oder Flitschen inn Hindern sey geschossen worden / vnnd darůber zu Beth sich legen můssen: Allda man jhm / als er widerumb zu Menschlicher Gestallt gekommen / den Pfeil mit gewalt hat herauß gezogen / vnnd sey der Pfeil von dem / so jhn geschossen / erkandt / auch die zeit vnnd das ort durch deutliche Bekantnuß des beschuldigten Justificiert worden.344

Vnnd Job Fincelius schreibet im Elften Buch von Wunderzeichen / das auch zu Padna ein solcher Menschenwolff oder Wolffmensch sey gewesen / dem man / als man jhn begreiffen / die Wolffstapen hett abgehawen / vnnd gleich auff der stät ahn händen vnnd Fůssen sey Gestümmelt gewesen.345

Welchs fein zur bestätigung der verurtheilung der Hexen zu Vernon dienet: Welche gemeinlich inn eim alten Sloß in Ggstalt vieler Katzen sich pflegten zusammelen.346 Allda dann auff ein zeit vier oder fůnff Männer sich entschlossen vber nacht daselbst im Schloß zuverharren: Aber es kam sie der fürwitz saur ahn / dann sie worden dermassen mit einem Hauffen Katzen vberfallen / daß einer vnter den Männern ward vmbgebracht / die andern heßlich gezeychnet / vnnd gleichwol verwundeten sie viel Katzen / welche /Nach dem sie widerumb zu Weibern worden / gröblich sich verwund befunden. Aber dieweil diß vnmöglich scheinte / ließ man die Sach vngerechtfertigt er sitzen.

Hingegen haben die Fůnff Ketzermeyster / so inn dergleichen Sachen sehr erfahren gewesen / inn Schrifften hinderlassen / daß bey Straßburg herumb trey Zäuberin gewesen / welche einen Baursmann inn gestallt dreyer Katzen haben angefallen: Aber als er sich jhren weydlich gewehrt / sie verwundet / vnnd dardurch also vertriben habe.347 Darüber Seind auff der stätt die Hexin inn gestallt verwunter Weiber zu Beth gelegen: vnnd als sie vmb solche verletzung zu Red gestellt worden / haben sie die jenigen / so sie geschlagen / verklagt Derselbig hat die Richter stund vnnd des Orts da er von den Katzē angefallen wordē /satt berichtet / vnd jnen rund bekant / daß er vmm Rettung seins lebens sie geschädiget habe.

Petrus Mamor schreibt inn einem kleinen Tractat /so er von den Zauberern gemacht / daß / als er inn Sauoy gewesen / die verwandlung der Menschen inn Wölff gesehen habe.348

Vnnd Henreich von Cöllen im Tractat de Lamijs, hällt solche Verwölffung fůr gantz vnzweiffelhafft vnnd gewiß.

Deßgleichen Doctor Vlrich Můller / inn einem kleinen Bůchlein / welchs er dem Keyser Sigmund dediceirt / beschreibt die Disputation / so von solcher Matery vor gedachtem Keyser ward gehalten / vnnd meldet / dz durch stattliche Argument / vnd vielfaltige erkůndigung vnzaliger Exempel / sey beschlossen worden / daß die Wolffwandlung warhafftiglich geschehe. Setzt auch / er hab selbst zu Costentz einen Lycanthropum oder Wolffmenschen gesehen / der sey verklagt / vberzeugt / verdampt vnd nachgehends auff sein Vergicht zum Tod exequiert worden.

Auch findē sich vil Bůcher in Teutschland offentlich getruckt / darinnen angezogen wird / wie einer der Fůrnembsten König inn der Christenheit / so nicht vor vnlängst gestorben / offt inn ein Wolff sich verwardelt habe: auch den Ruff bekommen / das er der gröst Zauberer der gantzen welt were.349

Gleichwol muß man diß Gestehen / daß die Länder inn Asien vnnd Greichenland noch viel mehr mit diser Vnfuhr besessen seind / als die Völcker gegen Nidergang. Wie dann disem auch vnsere Kauf leut kundtschaff geben / das man Nothalben daselbst getrungen wirdt / die jenigen / so also zu Wölffen werden / einzuschliessen / zufesselen vnd gefänglich zuhalten.

Ja mit der that es zubezeugen / hat man im Jar M.D.XLII. bey Regierung des Tůrckischen Soldans Suleymans erfahren / das ein solcher grosser Wust Wehr wölff inn der Statt Constantinopel sich haben erzeiget / das der Tůrckisch Keyser selber sampt seiner Gwardy bewehrt vnnd bewaffnet in der statt hat herumb gestreifft / vnd derselben Wehrwölff anderthalb Hun vmbringt: welche aber alle einsmals vor dem Gesicht des gantzen Volcks / auß der Statt Constantinopel seind verschwundē.350[121]

Dise History wird erzehlet im Anderen Buch des Jobi Fincelij von Wunderen.

Ja alle andere Völcker stimmen inn diser meinung vberein. Dann die Teutschē nennen sie ja Wehrwölffe / die Frantzosen Loups garous, die Picar der Loups Varous, so vil lautendt als Lupi Varij, Wandelbare wölff: Dann die Frantzosen pflegē dz G. fůr ein V. zubrauchen.351 Die Griechen nennens Lycanthropous vnnd Mormelycios. Die Latiner Varios vnd Versipelles: Inmassen diß Plinius / als er diser verwandlung der Menschē in wolff gdacht hat war genommen / als die den Beltz oder die haut vmmkehrē könnē. Franciscus Phœbus ein Graue von Foix (wie mich dann d' President Fauchet dessen erinnert) will in seinē Buch von der Jagt / daß diß wort Garous so viel bedeute /als Garde Vous, wartet ewer: Aber dieweil diß zu weit geholt scheinet / vnnd die Frantzosen von vrsprung dises worts zweifflen / vnnd nicht zusammen stimmen / kan man viel fůglicher sagen / daß sie diß Wort / gleich wie auch vil Hundert andere / von den Teutschen Francken her behalten haben.352 so viel bedeutendt / als Gar auß / von wegen jhrer Grewlichkeit / darmit sie Alten vnnd Kindern den Garauß machen: Oder so viel als Fahr auß / von den geschwinden Außfahrtē diser Wölff: Daher auch etliche für Wehrwolff / Fahr wolf Wahrwolff vnnd Gwarwolff sagen / vermeinend es komme von Gefahr / oder Gewar / das ist von Sorg vnnd Hüten: wie es dann nicht so gar vngeriempt lautet: vnnd auff dise weiß Bestünden der Frantzosen Wörter alle mit dem G.V.W. vnnd Gw. in Teutscher Etemology.)

Das sie aber vom Garder, Warten vnn Gewahren kommen / das hat kein vngefůgen grund: Seiteinmal andere Natůrliche Wölff dem Viech nachstellen / dise Menschliche Wölff aber mehrertheils den Menschen nach Leib vnnd Leben trachten. Darumb man nicht vnbillich die Leut vor jhnen gewarnet hat / sich vor jhnen als gewisser Gefahr zugewahren.

Petrus Pomponatius von Mantua vnnd Theophrastus Paracelsus / so beyde zu vnserer zeit die fůrnemstē Philosophi gewesen / schreiben / das die verwandlung der Menschen in Thier ganz gewiß sey.353

Caspar Peucerus / Doctor der Arzteney / ein fůrnemer Hochgelehrter Man / des Philippi Melanthonis Tochtermann schriebt / er habe allzeit gemeint / es sey mit den Verwandlungen eine Fabel: Aber nach dem er durch vil Kauffleut vnd glaubwůrdige Personen / welche in Liffland viel handelen / der sachen vergewißt /auch vernommen / das viel darumb verklagt / vberwisen / vberzeugt / vnnd endlich durch jr eygen Bekantnuß schuldig begriffen / vnnd darüber zum Todt verurtheilt worden / da sey er auß Kundbarkeit der sachen bewegt worden / der geschicht glauben zuzustellen: Beschreibt derwegen darneben die weiß vnn form / wie sie inn Liffland zur Verwandschreiten vnnd kommen.354

Nemlich / daß jedes Jar / zu ende des Christmonats / (welchen auch etliche den Wolffmonat nennen) ein loser Bub sich fürthued / der alle Zauberer ermanet /an einem gewissen ort sich zusammen zufinden /Vnnd wo sie daran säumig seind / so zwinget sie der Teuffel mit Eisenen Gärten oder Ruten so scharff vnnd hefftig darzu / dz jhnen die Strämen daruon allenthalb an Leib stehen bleiben. Als dann wann sie zusammen kommen / da gehet jhr Hauptman vor her /vnnd etlich Tausent folgen jhm nach durch einen Bach: So bald sie hindurch gekommen / verwandelen sie jhr gestalt inn Wölff / fallen darauff Leut vnnd Viech an / vnnd thun tausenterley schade. Vber Zwölff tag hernach kehren sie wider zu disem Bach /vnnd werden abermals zu Menschen verkehrt.

Es hat mir Hubertus Languetus / bůrtig auß Burgund / des Chur Fůrsten zu Sachssen Agent / ein sehr Gelehrter vnnd Landerfahrner Mann / so von wegen seines Gnädigsten Fůrsten vnnd Herren manchmal mit dē König auß Franckreich Tractation gepfleget / auff ein zeit gleichmäsige History erzehlt: vnd sagt mir /als er in Liffland gewesen / hab er vernommē / das solchs alles Volck fůr gantz Gewiß halte vnnd glaube.355 Vnnd wiewol diß Geschmeiß allenthalben genug Gemein ist / jedoch soll es am Allergemeinsten inn Lifflandt sein.[122]

Ich hab noch vnter anderen meinen Teutschen einē Brieff von einē / so Königs Henrici des andern Kriegs Bestalter gewesen / ahn den Conestable in Franckreich / darinnen er jhne verständigt / wie der Groß fůrst inn der Moscau das Liffland eingenommē habe: Darauff setzt er gleich dise wort: In illis locis Herodotus Neurios collocare videtur, apud quos dicit homines conuerti in Lupos, quod est adhuc vsitatissimum in Liuonia. Daß ist diß ist das Land / von Welchem Herodotus schreibet / daß es ein Volck / die Neurier genandt / bewonen: bey welchen er breuchlich sein meldet / daß die Menschen inn Wölff verwandelt werden: wie dann diß noch heutigs tags inn Liffland gemein vnnd breuchlich ist.356 Nun aber hat Herodotus viel geschriben / welchs den Alten nicht hat gläublich einleuchten wöllen: vnnd gleichwol erfind sich /das die Nachkommenschafft oder Posteritet / dieselbige vngläublich scheinende sachē vergewißt vnd glaubhafft befindet.

Als er schreibt auch / man finde Zauberer / Die durch sondere gewisse Entzweyschneidungen oder Incisionen haben ein Vngewitter gestillt / welchs allbereit mehr dann Vier hundert Schiff des Keysers Xertis zu grund gericht hatte.357 Vnd nicht desto weniger lesen wir auch inn des Olai Magni Buch von Mittnächtigen Ländern / daß die Zauberer im Lappenland die Wolfährige vnnd widerwertige Wind jhres gefallens den Leuten verkauffen / allein mit dem / daß sie etlichen gewissen schnůren oder Corden die Knöpff aufflösen.358 Vnnd solches ist den Schiffleuten zu Mör gantz wol bekant / dieweil sie es mehrmal versuchen vnnd erfahren.

Wir lesen auch inn des Abts Johannis Tritthemij Histori / daß im Neun Hunderten vnnd Sibentzigsten Jar / ein Jud gewesen / genant Baian Simeons Sohn /der sich zu eim Wolff verwandelen kondt / wann er nur wolt / auch wo es jhm gefellig sich vnsichbar machen.359 Es ist zwar gar ein frembde sach. Aber noch viel frembder kompt mir fůr / das solchs vil nicht glauben können / so sie doch sehen / das alle Völcker auff dem Gantzen Erdrich / vnnd die Alt sampt der Jungen Welt hierüber vberein stimmen. Dann es hats nicht allein Herodotus wol vor zwey Tausent vnnd zwey hundert jarē geschribē / vnd Homerus noch Vier hundert Jar zuvor Sondern auch Pomponius Mela /Solinus / Strabo / Dionysius Aber / Marcus Cato /Virgilius / Ouidius vnnd vnzahlig viel andere. Vnnd hierumb schreibt Virgilius.


Has Herbas, atque hæc Ponto lecta Venena.

Ipse dedit Mæris, nascuntur plurima Ponto:

His ego sæpe Lupum fieri, & se condere syluis Mærim.


Das ist.


Diß frembd Kraut vnnd diß Gifftgeschmeiß

Sammelt inn Ponto man mit fleiß /

Das mir auch Mæris selber gab:

Darmit ich offt gesehen hab /

Das Mæris sich zum Wolff vergstalt /

Vnd sich verkroch inn einen Wald. etc.360


Plinius verwundert sich / das alle Authores inn disem handel vberein kommen: Vnnd schreibt also. Homines in Lupos verti, rursumq; restitui sibi, falsum esse existimare deberemus, aut credere omnia, quæ fabulosa seculis comperimus. Man merckt wol auß disen worten / das ers nicht fůr gewiß angebē vnd bestättigen kan / auß sorg / man möchts nicht glauben. Dann er ziecht die Authoritet des Euanthis an /so der erstē Scribentē einer vnter allen Griechen gewesen / der meldt / dz in Arcadia ein sonder Geschlecht vom Antæo genannt / durch einē besonderen fluß watte / vnd daruon Wolffsgestalt bekomme / vnd wann es vber etwas zeit sich widerumm dahien durch zuwarten verfůge / widerumb Menschenforn annemme.

Daroben ward diß auch von mir angeregt / daß zur verderbung vnd Verführung eins gantzen Geschlechts oder Haußes ein eintzige Hexin genugsam sey.

Vnnd Copas / der die Olympionica beschriben hat /meldt daß Demenetus Parrhasius / Nach dem er von der Leber eins Kinds / das man dem Ioue Lycæo oder Wölffifchen Jupiter geopffert gehabt / nur versucht hat / Als bald inn ein Wolff sey verwandelt worden.361 Welchs auch Marcus Varro / der aller Weisest Mann vnter allen Griechen vnd Latinern / (inn massen Cicero diß lob jhm gibt) Anzuziehen sich nicht Schämet / vnnd dadurch zuverstehn[123] gibt: daß ers fůr vnzweiffelhafft halte.

Als Olaus Magnus in seiner Histori meldung thut der Länder Finlapiē / Nordwonien / Findlandien / Angermanien / welche noch Heydnische Länder sein /vnnd voll Böser Geyster vnnd Zauberer stecken da schreibt er auch / das sich daselbst die Menschen gemeinlich inn Thier verwandelen: Vnnd damit ichs kurtz mache / wer solcher Exempel ein Vnzahl will wissen / der besehe allein den angezogenen Olaum /Saxonem Grammaticum / Finceliū vnd Gwilhelmum von Braband.

Die Metamorphoses oder verstaltungen des Ouidij laß ich hie mit willen vnangezogen. dieweil er die Warheit sehr mit Fabelen vermenget hat. Wiewol auß oberzehlten vrsachen diß nicht so gar vngläublich ist /was er von dem Lycaon Königinn Arcadien meldt /daß er inn ein Wolff sey verwandelt worden.362


Territus ipse fugit, nactusque silentia ruris,

Exululat, frustraque loqui conatur, etc.


Das ist.


Alsbald das Hauß durchs Fewr gieng ahn /

Floch gantz erschrocken er darvan /

Vnnd als er kam ins Feld hinein /

Vnnd sah alls still / vnd sich allein /

Da wolt er Reden vnd sich klagen /

Aber das Heulen ward sein Sagen /

Bezeugt also seinen Wolffsmagen. etc.


Sonderlich auch inn erwegung / weil man zu vnsern zeiten einen König hat gesehen / der also ist verwandelt worden / vnnd darzu solches allēthalbē noch sehr gmein ist.

Vnnd das Homerus von der Zäuberin Circe meldet / welche des Vlyssis Gefärten inn Säw verwandelt habe / das ist keine Fabel. Dann Augustinus selbst inn den Bůchern von der Statt Gottes eben solche Histori auch anziehet: Wiewol es jne gar frembd beduncket / vnd ziehet darzu die Histori von den Arcadiern an.363 Sagt auch darbey / bey seiner zeit sey es sehr gemein inn den Alpengewesen / daß sich Zäuberin gefunden / welche / wann sie den Wanderenden / oder denen / so fůrgangen / ein besonder gewiß Korn zuessen gaben sie gleich einsmals inn Lastbar Viech verwandelten / darnach auch widerumb zu Menschlicher gestalt brachten.

Nun lesen wir eine Histori / so diser gantz gleichet / inn Willhelmo dem Ertzbischoff von Tyro / Welche auch der Inquisitor Sprenger erzehlet das in Cypern eine Zäuberin sey gewesen / die eine Jungen Engelländischen Soldaten inn Eselsgestalt verwandelt hab: Vnnd als derselb zu seinen Gesellen widerumb inns Schiff kehren wöllen / ist er von jhnen mit guten Knůtteln vnnd Stecken abgewisen wordē / vnnd widerumb zu der Verzäuberin gekehret / die sich seines Dienstes so lang Gebraucht hat / biß man wargenommen / daß der Esel sich wider Esels gewohnet inn einer Kirchē viel pflegte zuneygen / vnnd solche händel zu vollbringen / die keim Vnuernůnfftigen Thier zuthun wol möglich waren.364 Derhalben gleich auß etwas geschöpfftem verdacht / hat man nach der Zäuberin / die dem Esel Nathgieng / gegriffen: Die hat die Oberkeit dahin getrungen / daß sie den verwandelten Esel / nach dem sie jhn drey Jar gebraucht gehabt /Wiederumb zu voriger Menschen gestalt hat můssen bringen / vnd hat sie darůber durch den Todt jhren billichen Lohn empfangen.

Wir lesen gleichmäsigs von dem Peripatischen Philosopho Ammonio / dem ordentlich ein Esel zu seiner Lection gieng.365

Deßgleichen / wie vnsere Kauffleut berichten / ist nichts gemeiner inn Egypten. Vnnd bezeugt solches auch / Petrus Belonius inn seinen Obseruationen was er sonderlichs Denckwürdigs inn mancherlei Landen gesehē hab / so zu Pariß getruckt / dz er inn Egypten in der Vorstatt der Statt Cayr einen Gauckler gesehen / Der einen Esel gehabt / mit dem er bestes Sinns also gespracht hat / daß man mercken kont / daß es der Esel verstunde.366 Wann der Gauckeler zum Esel sagt / er solt die aller schönste vnter dem hauffen außlesen / da sah er zu allen Seiten vmb sich: Vnnd wann er dann die schönst angetroffen / kam er zu jhr / vnnd er wiß seine mögliche Freundlichkeit gegen jhr.367 Wann der Meister sagt / man solt jhm Gersten bringen / da sprang vnnd hupfft er vor freuden / vnnd trib viel hunderterley dergleichen Frembde Geberden Vnnd nach dem es Belohn der Genüge nach erzehlet /Spricht er folgends weiter[124] ich will noch weiter sagen: Aber ich sorg / man geb ihm keinen glauben / wie ichs dann auch nicht leichtlich thäte / wann ichs nicht mit meinen eygenen Augen inn gegenwertigkeit alles Volcks zu Cayr gesehē hette.

Darzu riempt sich auch wol diß / welchs Vincentius schreibt / daß es innTeutschland zwo Zäuberische Wirtin gehabt / welche im brauch hattē solcher gestalt die Gäst inn Thier zuwandelen.368

Vnnd als sie Auff ein Zeit auch ein Jungs Gaucklersbůblein also inn ein Eselchen verzauberten / vnd dasselb / nach dem es seins verstands nicht Beraubt gewesen / den vorgehendē die Wunderlichstē bossierlichsten kurtzweil machte / da gewann jhrer Nachbar einer lust darzu / vnnd kauffts gar theur von jhnen. Aber sie sagtē dem Käuffer / sie wolten jhm der Waar keine werdschafft tragen: Dann er könt sich bald verlieren / wann er zu eim Bach käme.369 Welchs dann auch geschahe: Dann als der Esel eins tags entran /loff er gleich zur nächsten Pfütze / darinn als er sich wol eingedunckt gehabt / kam er widerumm zu seiner vorigē gstalt.

Der Hostiensisch Bischoff Petrus Damianus / so der ahnsehlichsten Gelehrten einer zu seiner zeit Gewesen / vnnd ein Buch von den Wundern zu seiner zeit vorgangē / beschriben / der hat jetz erzehlter Geschicht / auch beides des Meisters vnd seines Eselshalben Gantz fleißig Nachgefragt: Auch den Hexinnen / welche die Warheit bekant / nach geforscht /sampt allen den jenigen die den Esel haben außreissen vnnd widerumb zu Menschlicher gestalt kommen sehen: Endlich hat ers Papst Leoni dem Sibenden erzehlt / vnd nach dem sie die sach vor dem Bapst zu beiden theilen haben disputiert vnnd Erwogen / ist vnter jhnen beschlossen worden / daß die Wandelung wol möglich sey.370

Welchs stuck dann wol zu bestättigung des jenigen dienet / was Lucianus vnd Apuleius / beide Gottlose Verruchte Atheisten / so inn Esel verwandelt gewesen / Geschriben / vnnd darbey Deutlich angezeigt / auff was Weiß es jhnen begegnet / durch die Zäuberin von Larissa: Welche sie nur deshalben Besucht haben /Damit sie dise frembde Abentheur erkůndigten.371 Aber es ward einer so wol als der ander des Atheismi vnnd der Zauberer beschuldigt.372 Wiewol Apuleius inn seiner Apology sich fast bemühet / diser Beschuldigung des Verzauberens vnnd Vergifftens sich zuentschůtten. Jedoch wann er der Verwandelung / so jhm begegnet / gedencket / da laßt er nicht desto weniger Wort fahren / so wol zumercken: Nämlich dise. Minus Hercule calles, prauisimis opinionibus ea putari Mendacia, quæ vel auditu noua, vel visu rudia, vel certè supra captum cogitationis ardua videntur, quæ si paulò accuratius exploraris, non modò copmertu euidentia, verùm etiam factu facilia senties. Vnnd wiederumb bald hernach Prius deierabo Solem istum videntem Deum, me vera & comperta memorare, ne vos vlterius dubidetis. etc. Inn welchen Worten er sich allzeit seiner erfahrenheit in der sachen hoch außthut / vnd wie leicht sie sey / rhümet. Ja betheurts zum höchsten / Er schreib nicht von der Blawen Bünen / sondern was er erfahren hab.

Gleichwol mag wol sein / dz er seine Histori mit etlichē / zu erlustigung vnn zur kurtz weil erdachtē Historiē gezieret vnd gespickt habe: Aber nicht desto minder ist die gantz Haupt Histori fůr sich selber gleich so wol frembd vnd verwunderlich / als deren wir nun gedacht haben.

Ja dise verwandelung oder Transformation des Apuleij belangend / da weiß S. Augustinus nicht / ob ers verneinē oder bewären soll.373 Es bedunckt jn zwar es sey eine verblendung / vergalsterung vnd Fascination. Aber andere Theologi halten solchs könn eygentlich vnd Natůrlich sich also zutragē: vnd ziehē zu bewärung dessen an / die enderungē des Weibs in Manns gschlechts. Wie wir diß geschehē sein lesen bey dē Hippocrate in 8. Cap. des buchs Epidemion, Plinius im 4. Ca. des 7. Buchs. Gellius im 4. Cap. des 9. Buchs. Amatus Lusitanus Centuria 2. Curatione 39.

Zwar ich hab auch inn meinen Commentarien vber den Griechischen Poeten Opianum vom Gejägt / Acht Exempel verzeichnet: Aber sie lautē all von Veränderung der Weiber inn Männer welch[125] nichts anderst ist /Dann daß als dann die Scham anfangt herfůr zutragen / da sie zu vor jnerhalb bleib verborgen stecken.374 Solches aber vergleicht sich keins wegs mit der Lycanthropy / die hat gar kein Natůrliche Vrsachen /sondern gehet alles darmit vber natůrlich zu So sicht vnnd Erfährt man derwegen nun allhie die Warheit der sachē ahn jhr selber / wiewol sie den Menschlichē Sinnen beynah vngläublich vnd vnmöglich scheinet.

Vnnd gleichwol ist es gantz gewiß / daß diß auch durch die Biblische Histori des Königs Nabuchodonosors bewärt wirt: von welchem / als der Prophet Daniel redt spricht er / das er inn einen Ochsen sey verwandelt vnd verkehrt worden / vnd in siben Jaren von nichten anderst gelebt vnnd sich genehrt hab /dann von Häw vnnd Graß deß Felds.375 Die Araber halten darfür / daß diß wol möglich sey. Noch ist die Pythagorisch Metempsychosis, da die Seelen auß einem Cörper inn den andern verfahren vnnd wanderen / viel wunderlicher / vnd nit desto weniger wird sie von allen Platonischen / Chaldeern / Persern /Egyptiern fůr warhafft außgeruffen.376

Viel Medici / wann sie solche frembde sachen gesehen / vnnd die Vrfach derselbigen nicht wissen mögen / damit sie nicht dar für angesehen wůrden /als wůsten sie nichts haben sie beides Schrifftlich vnd Mündtlich Fůrgeben / die Lycanthropy seye eine Kranckheit Krancker Leut / welche meynen / sie seyen Wölff / vnnd lauffen in wälden vnnd Höltzern vmb.377 Vnnd diser meinung ist der Alt Paulus Aegineta. Aber es gehören vel stattliche vrsachen vnd zeugnussen darzu / Daß man alle Volcker der Welt /alle Historien / ja auch die Heilige Geschrifft wolte der Lugē straffen.378 Sonderlich so Theophrastus Paracelsus / vnnd Pomponatus / auch Fernelius / so zu jhren zeiten die fürtrefflichsten Medici vnd Philosophi seind gewesen / das widerspiel haben gehalten.

Zu dem ist es ein sehr lächerlicher Handel / die Natůrlichē sachen nach den vbernatůrlichē / vnd die händel vnd werck der Gethier nach der Geyster vnnd Dæmonien würckung vnn thun wöllērichtē vnd ermessen. Vnd noch vil vngereimpter lautet es / eine Kranckheit angeben / die allem inn der Person des Lycanthropischē od' Wölffischē Menschens bestande / vnnd nicht an denen / die den Menschē sich in ein wolff verkehren vnd wider zu seiner Gestalt kommen sehen.

S. Chrysostomus schreibt die Zäuberin / Circe hab die Gefärten Vlyssis dermassen durch viehische woll oder Dollustbarkeit viehisch gemacht / das sie wie Säw gewesen.379 Durch welche Wort er gleichsam zu verstehen gibt / das allein die Vernunfft oder der Verstand sey zu eim Vieh worden / aber der Leib sey vnuerwandelt gepliden. Vnd gleichwvl stimmen alle die jenigen / so beydes vnter den Alten vnd Newlicheren Scriebenten von der Lycanthropei oder Wolffsucht geschriben / hierin vber ein die Viehische Gestalt verändere wol den Geyst / aber die vernunfft bleib vnuerruckt. Wie dann solchs der Homerus sehr sein zuuerstehen hat geben / als er inn der Odyssea spricht / ὸι δὲ Σνωον μὲον εκον καὶφαλὰς, φωνής τε, δέμας τε, καὶ τρὶχας ἀντ᾽ ὰρ Νους ην ὲμπεδος ῶς τὸ πάρος περ. Das ist Die Vlyssysche Gefärten nach dem sie durch einē Zaubertrunck verwandelt gewesen / haben wol Kopff / Leib vnn Haar der Schwem gehabt / aber die Vernunfft sey bey jnē standhafft gebliben.380 Inmussen auch diß der Boecius deutlich meldet. Voce & Corpore perditis, sola mens stabilis, semper Monstra, quæ gemit, patitur, Das ist Ob schon der Leib vnnd die Stimm sich verlieren / bleib doch daß Gemůth vnuerruckt / dasselbig muß solch vngeheur Gestalt mit seufftzen leiden vnd dulden.

Vnnd mit diser weiß / wird die Lycanthropy weder dem Geystlichen Rechten im Canon Episcopi xxvj. q.v. noch der meinung der Theologen widerstreben /welche das mehrtheil halten / das GOtt nicht allein alle ding geschaffen hat / sondern auch die Bösen Geyster keine Macht haben / die Gestalten zuänderen: Angesehen / weil / die Essentialisch oder Wäsenlich Form des Menschens / Welchs die Vernunfft ist /nicht wird geändert / sondern allein die Figur oder gestalt desselbigen.

So wir dann zulassen vnd gestehē můssen / das die Menschē wol die macht haben /[126] zumachen / daß ein Kirssenbaum Rosen / der Köl Oepffel trage / auch vermögen das Eysen inn Staal / die form des Silbers in Golt zuuerwandelen / vnd noch tausenterley Arten vnd gattung solcher Kůnstlicher Gestein zubereyten /die auch die Natůrlichen bey / noch vnterstehē hienweg zustechē: Wie soll es dann einen so frembd bedunckē wann der Sathan / dem Gott eine grosse Macht inn dieser Elementarischen Welt hat gegeben /die Gestalt eins Cörpers inn anderen kan verändern.381 Diß alles wirt conformiert durch Thomam von Aquin vber das ander Buch der Sententien / da er also sagt. Omnes Angeli boni & mali, ex virtute naturali habent potestatem transmutandi corpora nostra. Das ist. Alle Böse vnnd gute Engel haben Durch jhre Natůrliche Krafft die Macht die Corper oder Leiber zunerwandlen oder zu transmutiren.

Auff welchs sich das ort Jesaie schickt / da er sagt /die Statt Babel werd zerschleift jhre Bäch zu Pech /vnnd jhre Erde zu Schwebel werden / es werd das Gaubelgespenst daselbst jhren Dantz halten mit den Verführgeystern / vnnd mit / denen so daselbst Searim heyssen: Welche die gemeynvertolmetschung der Bibel / die zu Antorff bey dem Platino getruckt ist /auff Frantzösisch transferiert hat / fůr halb Menschen vnd halb Esel.382 Wann es allein eine Kranckheit /oder ein Blendung vnnd Trugwerck sein solte / wird angezogener Text nicht von halb Menschē vnd halb Eselē reden. Seiteinmal alle solche Halbviehische Wandelmenschen einmůtiglich gestehē / das sie jre Red vnnd Sprach als dann mal Gäntzlich verlieren.

Gleichwol laß ich auch zu / das sich bißweilē begibt / daß ein Zauberer durch Teufelische Geschwindigkeit vnd Verblendung ein ding anderst scheinen macht / dann es an jhm selber ist.383 Innmassen inn des Sancti Clementis History wol zusehen / da Simon der Zauberer sein vnkunst so wunderlich gespielt / dz alle des Faustiniani Freund jhn nicht mochten erkennen. Darnach sagt er zu dem Keyser Nero / er solt jhm den Kopff Abhawen lassen / da solt man erfahren /daß er den drittenTagufferstehen wůrde. Welchs Nero / wie es ihn bedauchte / that: Vnnd vber drey tag kam der Gekäpfft Zauberer wider Dessen sich Nero sehr entsetzet / vnnd ließ jhm zu Rom eine Seul vnnd Bildnuß auffrichten / vnd daran Schreiben: Simoni Mago Deo.384 Von der zeit ahn hat Nero Angefangen Gäntzlich sich auff die Zauberey zulegen.385 Aber inn dem nun gedachten Zauberspiel / hat Simon Magus des Neronis vnnd aller vmbstehenden Augen dermassen verzaubert vnnd verblendt / daß sie an statt des Simons einen Hammel geköpfft haben.

Apuleuis schreibt eine Gleichmäsige History von treyen Männern / die er vermeint vmbgebracht haben: Welche / nach dem mans bey dem Liecht besah nur Trey auffgeblasene Bockshäut warem Seiteinmal er durch die Zäuberin Pamphilam also fasciniert vnd verzaubert ward: Jedoch weret dergleichē Augenblendung nicht lenger dann vngefärlich ein Augenblick.386

Aber die Verwandlung Menschliches gestalt inn ein Thier belangend / die wäret zu zeiten siben Jar /wie die mit dem König Nabuchodonosor in dē Prophetē Daniel.

Vber diß alles / so können ja nicht die Viehischen Werck / deßgleichen die Eselsarbeit / welche trey Menschē kaum ertragē könten / auch die grösse / das gehen vnd laufen / vnd das noch mehr ist / das Futer vnnd die gegessenen Nesseln keinem Menschlichen Leib zustehen noch gebüren. So doch der Prophet Daniel / vnnd alle die / so solcher Veränderung Gedacht / gemeynlich bezeugen / daß solche auß den Menschēhaut geschloffene Kunden / keiner anderen Narung gelebē. Wiewol Apuleius von sich selber schreibt /daß er in seiner Eselsgestalt / (demnach er nicht von vernunfft gekommen gewesen) wann er darzu kommen mögen / auch Menschliche Speisen vnnd Tranck jhm hab eingehen lassen.

Zu dem / kan ja nicht die Geschwindigkeit der obbeschribenen Wölff / jhr lauffen / beissen vnnd zerreissen mit den Krummen Wolffszänen / keinem Menschen zustehen noch gezimmen.

Belangend dann die jenigen / welche fürgeben / der Sathan schläffe den Menschlichen Leib ein / vnd verzuckte sie mit fantasey /[127] vnnd schaffe jhnen alsdann starcke Einbildungen / als ob der Leib verwechsselt vnnd Gäntzlich hiengelegt sey / wie dann etliche solcher gestalt sich vberredt haben: Inn ansehung daß die / so inn gestalt der Thier verwundt worden / nachgehends / wann sie widerumb zu jhnen selbst kommen /Sich inn Menschengestalt haben verwundt befunden: Innmassen ich selbst daroben daruon andeutung gethan.387 Darwider sag ich aber / daß solches einander nicht zuwider lauffet / sondern es könn eins so wol als das ander sich bißweilen zutragen: Auch kan wol Geschehen / daß der Sathan inn einem Augenblick die Menschliche Cörper schädigt vnd verwundt.

Vnnd es gewinnt gantz kein schein / daß man sagen wolt / Gott hab dem Sathan disen Gewalt nit gegeben. Dann es ist beydes Vnbegreifflich / was der Raht Gottes sey / Vnnd was er dem Teuffel für Macht gegeben hab.388 Seiteinmal zu Job gesagt ward / Des Leuiat /oder wie mans Hindersich lißt) des Teuffels gewalt sey so groß auff Erden / daß jm niemand widerstehen möge. Vnnd folgends auß diser vrsach / weil inn H. Schrifft gedacht wird / des Pharaons Zauberer haben gethan was Moses gethan hat / das ist / Die Stäb inn Schlangen verwandelt / vnnd Frösch gemacht wers ein Augenblendung gewesen / so het sie nit gesagt: Sie thaten was Moses that: Seiteinmal Moses nichts durch Verblendung gethan hat.389 Auch wird des Mosis Schlang vor den Stäben nicht erschocken sein /noch die anderen Schlangen verschlungen haben /wann der Zauberer Schlangen nicht ware Schlangen gewesen weren.

will dann einer die Wirckungen der Geyster zu den Händelen der Menschen vergleichē / wird er eben so weit darneben schiessen / als der da handhaben wolt /daß die Maler vnd andere Kůnstliche Meyster darumm nicht artliche werck / die auch offt der Natůrlichkeit außbietē / machen köntē / dieweil die Kälber vnd Maulesel nicht eben dergleichen sachen Verrichten könten. Dann Gott hat einer jeden seiner Creatur jhre Wunder / Nach jhrer Gelegenheit vnnd jhrem anstand / vnnd was sie ertragen mögen / zugetheilet vnnd geeygenet.

Fordert man dann etwas Vrsach / warumb die Men schen viel eher vnnd mehr in Wölff vnnd Esel / dann inn andereThier verwandelt werden?390 Da bedunckt mich / es sey die vrsach / weil die ersten / die man inn Wölff verwandelt gesehē / Menschē fleisch gessen haben / wann sie dem Jupiter / den man den Lyceum oder Wölffischen genant / geopffert hat. Auch sicht man / das der / so zu Dol sich inn ein Wolff hat verkehren können / vnnd daselbst ist gericht worden /vnnd die auß Sauoy / deren wir droben gedacht haben / allsampt dessen bekantlich waren / das sie viel Kinder gefressen hetten.

Man soll aber auch diß darbey wissen / das Gott durch ein gerecht vrtheil gestattet vnd zulaßt / daß solche verruchte leut / gleich wie sie verdienē /Menschliche gestalt verlieren / vnd wölff werden: Auch jrer Menschlichē speiß entrahtē müssen.391 Dann die Zauberer vnd Zäuberin seind von alten zeitē her stäts solch er vnmenschlicher Narung verschreyt gewesen / also das sie den Todtenkörper außgegraben / vnd sie biß auffs bein zernagt haben: Welches dann auch Pausanias hat verzeichenet / vnnd darbey so viel sein meinung entdeckt / als wer es ein Irrdischer Geyst oder Dæmon / der solches thäte.392 Aber Apuleis / so d' sachē besser erfahrē gwesen / setzt außtrucklich / dz es die Zäuberin thun.

Antreffend die / so sich in Esel verwandelē / begegnet jnen dasselb daher / weil sie die abschewliche geheimnussen der Zauberer haben erfahren wollen.393

Gleich wie auch die in Säu haben müssen verwandelt werdē / welche sich an d' Zäuberin Circe vnd jrer kunst verliebtē. Ebē also er gehts auch denē in Liffland / daß sie auß gerechten Vrtheil Gottes / weil sie mit den Zäuberern vnd wolffleutē gern vmmgehen /darüber endlich jnen auch gleich werden.

Jedoch / es hab fůr vrsach was es wöll / so Erzwingen Doch die Göttliche vnnd Menschliche Historien /vnnd das Rechtsinnigst theil der Tehologen / Sampt den Erkündungē der Richter / auch lange Vralte zeit /vnn allerley Völcker / vnd fůrnemlich die weisestē vnd erfahrestē / dz ob außgefůhrtes[128] inn der Warheit bestande / vnd nötiget gleichsam die Eigensinnige Köpff / der Warheit statt zugeben.394 Hierůber ziehe vnd beruffe ich mich auff die reinest Meynung der Theologen: Welche inn diesen nun vorhabenden Fragē / wie ich wol weiß / mit den Canonisten vnd Geistlicher Recht Gelrhrten nicht vbereinkommen.

Aber / schließlich / es geschehe auff welche weiß es wöll / so erscheint dannoch klärlich / daß die Leut bißweilen inn Viech vnd Thier verwandelt werden /da gleichwol die Menschlich Wesenlich form vnd vernunfft bleibet. Solchs schickt sich nun entweder ohn Mittel durch die Macht Gottes / oder Gott gebe dem Sathan / als dem Vollzieher seines Willens diesen gewalt / solchs zu verrichten.

Vnd wann wir der Warheit der heiligē Histori im Propheten Daniel / welche dann inn keinen zweiffel kan gezogen werden / bekantlich seind vnd deßgleichen auch der Histori mit des Lots Haußfraw / die in ein Vnveränderlichen Stein ist verwandelt worden / so ist ja auß diesen beiden Geschichten gewiß / daß die Veränderung des Menschens inn ein Ochssen oder Stein möglich vnnd thunlich sey: Vnnd hierauß muß dann ferrner folgen / das es auch mit allen anderen wol begeblich vnnd möglich sey.395 Diß ist das Argument / darauff auch der Gelehrtest Philosophus vnd Theologus Thomas von Aquin / gantz festiglich bawet / als er von der Vertragung oder Transportierung des Leibs Christi auff den Berg vnnd den Tempel handelt. Seit einmal ja folgen muß / was an einem möglich / das muß auch an dem andern / so gleicher Substantz ist / für möglich passiert werden. Dann es wird ja im Euangelische Text deutlich gemeldt / das es durch den Versucher den Sathan geschehen sey.

Quelle:
Bodin, Jean: DE MAGORUM DAEMONOMANIA. Vom Außgelassnen Wütigen Teuffelsheer Allerhand Zauberern / Hexen vnnd Hexenmeistern / Vnholden / Teuffelsbeschwerern / [...] durch [...] Johann Fischart [...] in Teutsche gebracht [...]. Straßburg 1591, S. 118-129.
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