Zweeter Auftritt.

[31] Grobian. Und die Vorigen.


GROBIAN. Zeit meines Lebens hat mir keine Mahlzeit so schlecht geschmecket, als die heutige. Der Henker in der Hölle hat den Schnickschnack erdacht, den ich über Tisch habe anhören müssen. Was Teufel gehen mich die Sterne und die Confusion der Planeten an? Meinetwegen mag der Türke sechs oder sieben Bürgen haben, und wenn er einen grossen Ofen hat, so mag er auch sehen, wo er Holz zum Einhitzen kriegt. Ich wollte, daß dem ersten, der in meiner Gegenwart von Staatssachen redet, die[31] Zunge im Halse verlähmte. Zur Susanna. Du hast dich auch aufgeführet, wie ein Beest. Läufst vom Tische, wie die Mahlzeit halb war.

SUSANNA. Ey, Papa wer konnte den Wind anhören? es war mir gleichfalls ärgerlich. Wenn noch einer so vernünftig gewesen wäre, und hätte das Essen gelobet, wie unsere andere Freunde thun, die hier bisweilen kommen, oder hätte nach unserm Gesinde gefraget, oder ob unsere Hüner gut legten, so hätte man noch mit einsprechen können: allein von allem, was heute vorfiel, habe ich kein Wort verstanden, und als mir endlich die Zeit lang wurde, lief ich gar davon.

GROBIAN. Da, ruf mir deinen Bruder heraus, und bleibe so lange bey denen Fremden, und höre wohl zu, was dein Bräutigam saget. Stelle dich nur freundlich gegen ihn, so wird er ja endlich das Maul aufthun, und sein Gewerbe anbringen, warum er hergekommen ist.


Susanna gehet ab.


Ist das nicht ein Leben, die Hauptsache versäumen wir, und plaudern von Dingen, die uns nicht angehen. Von der Philosophie, von der Mathematischen Poesie, vom grossen Cometen uud Klipfisch am Himmel, und wie der Ouark alle heißt. Ich hätte meinem Sohne gerne ein paar Ohrfeigen gegeben, wenn ich es nicht aus Furcht, die Fremden möchten sich daran stossen, unterlassen hätte. Zur Agneta. Nun, liebe Frau, wie stehts mit deiner Gesundheit?

AGNETA. Es ist ein wenig besser.

GROBIAN. Gottlob! Ich bin deinetwegen recht besorgt gewesen. Ich gedenke aber, ich werde mich nun an deine Stelle müssen ins Bett legen.

AGNETA. Hast du dich denn so sehr geärgert?

GROBIAN. Je, das möchte den Henker nicht verdriessen. Der Kerl kommt da her und will meine Toter heirathen, und wenn es ans Klappen gehet, so fängt er ein Wischewasche von Dingen an, die keinem vernünftigen Menschen etwas angehen. Mein Sohn desgleichen.[32] Ich habe ihm hinters Ohr gesteckt, er solle sich an die Schwester machen, so sitzt er da und unterstützt den andern in seiner albernen Plauderey, und haben mich zum Narren. Wo die Schurken sich einbilden, daß sie ihre Gelehrsamkeit vor mir wollen sehen lassen; so wollte ich, daß sie samt ihrer Gelehrsamkeit im Galgen vertrockneten.

AGNETA. Je, nun, lieber Mann! ärgere dich nur nicht mehr. Es liegt blos daran, daß ich nur nicht dabey gewesen bin. So bald ich mich ins Spiel mischen werde, soll es ganz anders kommen.

GROBIAN. Nun, nun, mich soll denn verlangen, was du wirst für Künste sehen lassen.

AGNETA. Ey, ey, besinne dich nur, wie es uns selber ergangen ist, als wir uns heiratheten. Mein Lebtage wäre aus uns kein Paar geworden, wenn meine Mutter nicht das Beste gethan hätte. Ja wenn die Eltern nicht klüger wären, als die Kinder, so würde es oft toll aussehen.

GROBIAN. Ja, wenn ich zurück denke, so habe ich Ursache deiner Mutter zu danken. Denn als ich nicht wuste, wie ich die Sache angreifen sollte, und unsere Heirath vor sehr weitläuftig, ja vor ungewiß ansahe, überrumpelte deine Mutter mich und meine Eltern, und die Sache war richtig, ehe ichs mich versahe. Sie war gewiß eine vernünftige Frau in Puncto des Kuppelns. Es ist Schade, daß sie in der Erde verfaulen soll.

AGNETA. Meine Mutter hat mir die Regeln des Kuppelns selber beygebracht, und also werde ich das Handwerk ja wol verstehen. Höre nur an: Wenn wir ietzo werden Caffee trinken, so will ich mit dabey seyn; und da soll es nicht fünf Minuten währen, so will ich unsere eigene Tochter, in des Fremden Namen, um die Ehe ansprechen. O, wie lange ist die Mode schon gewesen, daß die Heirathen von Seiten der Braut gesucht werden. Wenn die Mädgen immer so lange warten sollten, bis der Bräutigam sie selber anspricht, so würde aus mancher Heirath in Ewigkeit nichts werden. Die Mannspersonen sind oft blöde, da muß man ihnen zu Hülfe kommen.[33]

GROBIAN. Ich wünsche dir Glück zu deinem Vorhaben. Ich habe dich immer vor eine vernünftige Frau gehalten, und die Wahrheit zu sagen, das Kuppeln kleidet auch die Frau besser, als den Mann.


Quelle:
Hinrich Borkenstein: Der Bookesbeutel. Leipzig 1896, S. 31-34.
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