Dritter Auftritt.

[58] Susanna, und die Vorigen.


SUSANNA. Mama, mein Bräutigam sitzt immer bey der Charlotte, und sagt mir kein Wort.

AGNETA. Das ist nicht gut.

SITTENREICH. Meine liebe Schwester, wovon soll er mit euch reden? Ihr wisset ihm ja nichts zu antworten. Da sehet ihr nun, daß ich es gut mit euch gemeinet habe, wenn ich euch ermahnet, daß ihr euch zur guten Lebensart gewöhnen solltet. Wahrhaftig! von Kutschern und Mägden lernet man solche nicht. Da habt ihr nun schöne Ehre, daß euch ein armes Mädgen vorgezogen wird.

SUSANNA. Das beste ist, daß ich nicht viel darnach frage.

AGNETA. Wie so? gefällt dir dein Bräutigam nicht?

SUSANNA. Er gefällt mir zwar wohl, aber die Wahrheit zu sagen, er ist mir zu vornehm.

SITTENREICH. Hat jemand sein Lebtage gehöret, daß einem Frauenzimmer ein Bräutigam zu vornehm seyn kann? Ich merke wohl, eure Reden bedürfen einer Erklärung. Ihr wollet gewiß sagen: Er ist nicht niederträchtig. Aber saget lieber: Ihr seyd ihm zu geringe, denn das läuft auf eins hinaus. Jedoch saget mir: Wie reimet sich das mit euerer Einbildung? Ich habe euch wohl hundertmal sagen hören, ihr wäret eine von den vornehmsten Jungfern in der Stadt? Wisset ihr aber wohl, worin alle eure Vorzüge bestehen? In euerer und anderer Leute schlechten Einbildung, und in dem Reichthum, den ihr besitzet. Sonst seyd ihr nichts weniger, als vornehm oder edel; und derjenige, welcher euch mit dem rechten Namen nennen will, heißt euch den reichen Pöbel.

SUSANNA. Ich habe gar nicht nöthig, von euch dergleichen hönische Reden zu vertragen. Wenn ihr sonst nichts wollet; könnet ihr nur euerer Wege gehen.

SITTENREICH. Ich mag ohnedem nicht länger mit euch reden, denn ich ärgere mich, so oft ich euch sehe.


Gehet ab.
[59]

AGNETA. Meine liebe Tochter, was wird der Vater sagen, wenn er höret, daß unsere Sachen so schlecht laufen?

SUSANNA. Ich stelle mir noch immer das Beste vor. Wenn Charlotte mir nur nicht im Wege wäre. Ich habe sie holen lassen, daß sie mir Anleitung geben sollte, wie ich mit meinem Bräutigam umgehen müste; aber sie hat mir schöne Anleitung gegeben. Sie ist die Einzige, die mir im Wege sitzet.

AGNETA. Ey, wir wollen ihr die Thüre weisen.


Quelle:
Hinrich Borkenstein: Der Bookesbeutel. Leipzig 1896, S. 58-60.
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