Der Schauplatz stellet vor einen prächtigen Saal /und herrlichen Thron.
Crœsus auf dem Thron / Orsanes, Eliates, Halimacus, Olisius und viele andere Lidische Staats- und Kriegs-Bediente / alle kniend; Solon allein stehend.
Aria.
CHOR.
Crœsus herrsche / Crœsus lebe /
Daß der Glantz von seinem Glücke
Macht- und Hoheits stoltze Blicke
Umb den gantzen Erd-Kreiß gebe;
Crœsus herrsche / Crœsus lebe!
CRŒSUS.
Ihr edle Lidier / getreue Unterthanen /
Ich hoffe daß mir eure Tapfferkeit
Den Weg nach dieser Zeit
Zum Götter-Stande werde bahnen.
Indessen nehm' ich gnädigst an
Die Lieb' und Treu / so ich hie spüren kan.
Winckt / daß sie sich aufrichten sollen / und wendet sich zu Solon.
Nur Solon traurt allein /
Und hat der helle Schein
Von meiner Macht und Herrlichkeit
Ihn niemahls noch erfreut?
SOLON.
Den gläntzenden Crystall
Zerbricht ein Unglücks-Fall.
CRŒSUS.
Hat Solon nicht gesehn
Die viele Krieges-Schaaren /
Die mir zu Dienste stehn /
Und meinen Thron bewahren?
SOLON.
Es können die Omeisen
Noch vielmehr Schaaren weisen.
CRŒSUS.
Schau an die reiche Wand /
Das prächtige Gebäude /
Bedeckt mit lauter Seide /
Durch Kunst-erfahrne Hand.
SOLON.
Ist das denn deine Pracht
Die dir ein Würmlein macht?
CRŒSUS.
Es zeiget dir mein Reich
Den Kern von tapffren Leuten /
Die mir hie stehn zur Seiten.
SOLON.
Der Tod macht alle gleich.
CRŒSUS.
Schau / wie das Gold an meinem Zepter prahlt /
Und mir sein Glantz die Hand bestrahlt.
SOLON.
Das Gold ist nur ein Raub /
Der Erden-Grufft entführet /
Die Hand damit gezieret /
Ist nichts als Asch und Staub.
CRŒSUS.
Wird alle diese Pracht
Von dir so gar verlacht?
Last meine Schätze sehen.
Die Thüren der Schatzkammer werden auffgethan.
Schau / Solon, schau / tritt näher hin /
Und sag ob ich nicht glücklich bin.
Solon siehet nur ein wenig hin / und wendet sich alsobald wieder um.
Schau an!
SOLON.
Es ist genug geschehen.
CRŒSUS.
Kan nicht / der das besitzt / glückselig heissen?
SOLON.
Du irrest weit /
Meinstu diß sey Glückseligkeit?
Du bist nicht Herr der Schätz und Güter /
Es setzet dich das Glück
Darüber nur zum Hüter /
Und kan ein Unglücks-Blick
Dir alles wiederum entreissen.
Aria.
Solte Schiffern wohl geziemen /
Ehe dann der Port erreicht /
Ihrer Schiffahrt Glück zu rühmen?
Ein Mensch / der dem Schiffe gleicht /
Hat kein wahres Glück erworben /
Eh er glücklich ist gestorben.
Gehet ab.
Crœsus vom Thron absteigend.
CRŒSUS.
Geh hin mit deinen Lehren /
Die mir verdrießlich sind zu hören.
Aria.
Weil die allerschönste Bluhm
Nicht behält der Schönheit Ruhm /
Wann die welcken Blätter fliessen /
Solte man die kurtze Zeit
Ihrer schönen Lieblichkeit
Darum nicht mit Lust geniessen?
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